Neues Islamistenbündnis in Nordafrika: „Vom Nil bis zum Atlantik“
Zwei aus Mali verjagte islamistische Gruppen unter algerischer und mauretanischer Führung gründen eine neue Allianz. Ihre Ziele: Frankreich und Ägypten.
BERLIN taz | Eine neue Allianz bewaffneter Islamistengruppen will dem Krieg al-Qaidas in der afrikanischen Sahelzone neuen Schwung geben. In einer von der mauretanischen Nachrichtenagentur ANI verbreiteten Erklärung verkündet die einst in Mali aktive „Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika“ (Mujao) und die in der Gruppe „Mulathamun“ versammelte Anhängerschaft des algerischen Islamistenführers Mokhtar Belmokhtar ihre Fusion zu einer neuen Allianz namens „Murabitun“ (Leute der Festung).
Der Name soll an die Gründer des mächtigen Berberkalifats der Almoraviden aus dem Mittelalter erinnern, dessen Macht bis nach Spanien reichte. Ziel der neuen Allianz sei es, „die Muslime vom Nil bis zum Atlantik zu vereinen“, hieß es in der Erklärung. Es gehe um den Kampf gegen „Zionisten“ sowie Frankreich. Man werde auch Angriffe in Ägypten starten.
Als Unterzeichner firmieren der Algerier Belmokhtar sowie der mauretanische Tuareg-Führer Ahmed Ould Amer. Da Belmokhtar in der Vergangenheit bereits für tot erklärt worden ist, bestehen Zweifel an der Echtheit dieser Unterschrift.
Die Fusion der Gruppen wird hingegen von Experten als wahrscheinlich erachtet – eine Reaktion darauf, dass Frankreich dieses Jahr die im Norden Malis herrschenden Islamisten vertrieb. Sie versuchen sich jetzt unter neuer Führung neu zu ordnen. Ägypten als neues Wirkungsfeld nach dem Sturz der dort regierenden Muslimbrüder durch das Militär ist ein logischer Ersatz für Mali.
Beide Gruppen sind Abspaltungen von „Al-Qaida im Islamischen Maghreb“ (AQMI). Chef der neuen Allianz ist laut der Erklärung eine „Persönlichkeit“, deren Namen noch nicht bekanntgegeben wird. ANI berichtet, es handele sich um einen Afghanistanveteranen, der dieses Jahr auch gegen die Franzosen in Mali gekämpft habe.
Die Fusionserklärung kommt in einem Klima zunehmender regionaler Spannungen. Im Süden Algerien tobten diese Woche tagelange schwere Unruhen in einer von Tuareg bewohnten Stadt nahe der malischen Grenze, während im Norden Malis ehemalige Tuareg-Rebellen dabei sind, sich neu zu formieren.
Fünf Tuareg-Soldaten der Regierungsarmee wurden vor einer Woche von Kämpfern der Tuareg-Rebellenbewegung MNLA (Nationalbewegung zur Befreiung von Azawad) gekidnappt, als sie auf Heimaturlaub im Ort Aguelhoc ihre Familien besuchten. Die MNLA reagierte damit auf die Entwaffnung einer ihrer Einheiten durch Regierungstruppen. Aguelhoc war Anfang 2012 einer der Ausgangspunkte des Krieges im Norden Malis gewesen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr