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Neues DatenschutzgesetzGute Aussichten für Datensammler

Am Donnerstag beschließt der Bundestag das neue Datenschutzgesetz. Für Verbraucher wird es einiges verschlechtern.

Speicherung von Daten: Alles hinterlässt Spuren Foto: dpa

Berlin taz | Zum Nachteil für die Verbraucher und in Teilen europarechtswidrig – das ist die Kritik von Verbraucher- und Datenschützern an dem neuen Datenschutzgesetz, das der Bundestag abschließend beraten und verabschiedet hat. „Das ist ein Datenschutz-Verhinderungsgesetz“, kritisiert Volker Tripp vom Verein Digitale Gesellschaft.

Die Reform war notwendig geworden, weil die EU im vergangenen Jahr die Datenschutz-Grundverordnung beschlossen hat. Im Frühjahr kommenden Jahres werden die neuen Regelungen wirksam. Mit ihrem Gesetz konkretisiert die Bundesregierung nun einige Punkte. Doch dabei bleibt sie, so die Kritik, hinter dem Schutzniveau der europäischen Regelung zurück – und widerspricht ihr teilweise sogar.

Vor allem in der Kritik: der Umgang mit den Rechten von Menschen, deren Daten ein Unternehmen gespeichert hat. Zu wissen, wer welche Daten über einen gespeichert hat, ist eines der wichtigsten Verbraucherrechte. Sogar die EU-Grundrechtecharta nennt das Recht auf Auskunft ausdrücklich.

Bislang gilt: Verbraucher können bei den Unternehmen anfragen, welche persönlichen Daten von ihnen gespeichert sind. Die Firma ist dann verpflichtet, eine entsprechende Auskunft zu erteilen. Künftig dürfen Unternehmen aber die Antwort verweigern, wenn der Aufwand für das Unternehmen „unverhältnismäßig“ wäre.

Die Regierungsfraktionen wollen laut eigener Aussage kleine und mittlere Unternehmen entlasten, die mit ihren Kunden eher analog als digital kommunizieren. Thilo Weichert, ehemaliger Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein, ist dennoch sicher: „Das öffnet den Unternehmen einen riesigen Spielraum.“

Das ist ein Datenschutz-Verhinderungsgesetz

Volker Tripp

Auch der Einsatz von Überwachungskameras soll vereinfacht werden. Müssen die Aufsichtsbehörden bislang abwägen, ob – beispielsweise bei einem Einkaufszentrum – die Interessen der Überwacher oder die der Überwachten überwiegen, soll künftig das Sicherheitsargument Vorrang haben. „Dadurch wird es vermehrt zum Einsatz von Videotechnik kommen“, sagt Tripp.

Ein weiterer Punkt: Daten, die beispielsweise bei Ärzten und Anwälten liegen. Hier sollen die Datenschutz-Behörden laut dem Gesetzentwurf künftig nicht mehr auf Kontrollen bestehen können, wenn sich ein Patient oder eine Mandantin beschwert. „Das wird ein Freibrief zum Datenschutz-Verstoß für Ärzte und Anwälte“, kritisiert Weichert. Sowohl die Einschränkung des Auskunftsrechts als auch die Beschneidung der Kontrollrechte hält er zudem für Verstöße gegen europäisches Recht. Er hofft nun, dass die EU-Kommission gegen Deutschland vorgeht. Die kann Vertragsverletzungsverfahren eröffnen, wenn einzelne Klauseln der EU-Regelung widersprechen.

Aus der EU-Kommission heißt es, dass man die Gesetzgebung in Deutschland genau beobachte – schließlich sei Deutschland eines der ersten Länder, das die europäische Verordnung umsetzt. Laut dem Portal heise.de hat die Kommission in einem Brief an das Innenministerium zum Ausdruck gebracht, dass man noch Nachbesserungsbedarf sehe.

Zum Nachteil der Verbraucher

Tripp geht es auch um etwas Grundsätzliches: „Das einheitliche Schutzniveau, das es durch die europäische Verordnung eigentlich geben sollte, wird unterlaufen, und zwar zum Nachteil der Verbraucher in Deutschland.“ Auch er hofft nun darauf, dass die EU-Kommission einschreitet.

Einen positiven Punkt findet Florian Glatzner vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Denn das neue Gesetz übernimmt die aktuell geltenden Regelungen zum Scoring, mit dem die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern bestimmt wird. So dürfen auch künftig etwa Forderungen, die der Kunde bestritten hat, nicht an Auskunfteien gemeldet werden. Immerhin, so Glatzner, gäbe es an dieser Stelle keine Verschlechterung.

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2 Kommentare

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  • Ich hab festgestellt, daß Datenschutz nur dann relevant wird, wenns irgendwie nervt. Im Zweifelsfall ist der auch heute schon eher blanke Theorie.

  • Es wäre mal wieder ein Artikel um Thema eGK (sog. elektronische Gesundheitskarte) fällig. Auf dem Sektor gibt seit Jahren mehr als Zwist zwischen Unternehmen (vulgo: Krankenkassen) und Datenschützern, insb. aufgeklärten Versicherungsnehmern, die der Einspeisung ihrer Daten in die geplante Telematik-Infrastruktur widersprechen.

     

    Die vom Gesetzgeber vorgegebene Versicherungspflicht in Kombination mit dem sog. e-Health-Gesetz aus 12/2015 führt inzwischen zu abstrusen Situationen, nämlich daß man gezwungen ist versichert zu sein, mindestens freiwillig bei einem unterstellten Einkommen von 985 Euro (auch wenn es real bei 0 liegt), seinen Versicherungsschutz aber nicht in Anspruch nehmen kann, wenn man das Ausstellen der eGK mittels Zurückhalten des Fotos verweigert. Mit Berufung auf das e-Health-Gesetz wird einem dann fehlende Mitwirkung unterstellt und man bleibt auf Arztrechnungen sitzen, weil die Krankenkassen, allen voran die TK, keine Kosten übernehmen.

     

    Sollte jetzt dieses Datenschutz-Verhinderungsgesetz in Kraft treten, wird weiterem Schindluder Tür und Tor geöffnet. "Unverhältnismäßigkeit" würde dann zur billigen Ausrede, und das, wo doch diese Unternehmen so scharf auf die Digitalisierung sind und daher grundsätzlich in der Lage sein müßten, auf Datensatzanfragen im Sinne des Anfragenden zu reagieren.

     

    Nähere Infos zum Thema und auch dem Einknicken einiger kleiner Krankenkassen bzgl. der TI, der Gematik GmbH und natürlich auch dem Milliarden-Loch, das inzwischen gerissen worden ist, findet man bei der Arbeitsgemeinschaft der Klägerinnen und Kläger gegen das System der elektronischen Gesundheitskarte und Telematikinfrastruktur unter:

    http://www.meinegklage.de/

     

    Von der GEZ und der mit ihr seit 2013 verbundenen Wohnungssteuer, pardon dem TV-Beitrag, möchte ich an dieser Stelle gar nicht erst anfangen.