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Neues Brandenburg-SiegelHunger auf Heimat

Große Supermarktketten haben längst eigene Regionalmarken. Nun stellt das Land Brandenburg ein offizielles Siegel vor – für Bio und konventionell.

Brandenburgs Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Grüne) bei der Vorstellung des Siegels Foto: dpa

Grunow taz | „Support your local dealer“, würden die Hipster im Hamburger Schanzenviertel oder in Berlin-Neukölln sagen. Im Prenzlauer Berg hieß das in den neunziger Jahren „Koof im Kiez“. Und bis heute gibt es dort einen Laden namens „Ostkost“. Aber auch auf dem Land wächst das Interesse an regionalen Produkten. Die Oderland Mühlenwerke in Müllrose haben 2017 eine neue Marke auf den Markt gebracht – das „Brandenburger Mehl“. Das gibt es nicht nur vor Ort zu kaufen, es ist auch Teil einer regionalen Wertschöpfungskette. Gemahlen aus Getreide etwa der Agrargenossenschaft Neuzelle wird das Brandenburger Mehl unter anderem von der Bäckerei Wahl in Bestensee verbacken.

Seit Ende Januar gibt es zum Trend zum Regionalen auch das passende Siegel. Brandenburgs grüner Landwirtschaftsminister Axel Vogel hat es vorgestellt – und gleich verraten, dass sich regional auch groß denken lässt. In Berlin und Brandenburg mit seinen sechs Millionen Verbraucherinnen und Verbrauchern und mehr als 10.000 gastronomischen Einrichtungen nimmt das Interesse an regional hergestellten Produkten in Bioqualität zu, ist Vogel überzeugt. „Kunden, die nach Milch, Joghurt und Käse, Getreide, Gemüse, Obst, Fleisch und verarbeiteten Lebensmitteln in guter Qualität suchen, soll damit Orientierung geboten werden.“

Diese Orientierung sollen – neben den Regionalmarken der Supermarktketten – künftig die Landessiegel „bio Brandenburg. Gesicherte Qualität“ sowie „Gesicherte Qualität Brandenburg“ bieten. Voraussetzung für das Siegel wie auch die Kennzeichnung von Produkten aus kontrolliertem Anbau ist, dass bei verarbeiteten Produkten 90 Prozent der Zutaten aus Brandenburg kommen. Beim konventionellen Siegel ist etwa Gentechnik verboten.

Bei der Lobetaler Bio-Molkerei, die sich neben den Eberswalder Wurstwaren als erste für das Siegel bewerben wird, erfüllt derzeit nur der Naturjoghurt die 90-Prozent-Vorgabe. Im Erdbeerjoghurt dagegen seien Erdbeeren aus Europa und Zucker aus ganz Deutschland verarbeitet. Das müsse sich ändern, sagte ein Vertreter der Firma.

Berliner Schulen im Visier

Damit sich die 500 Euro teure Zertifizierung für die 4.500 landwirtschaftlichen Erzeuger in Brandenburg lohnt, hat Minister Vogel den Berliner Markt ins Spiel gebracht. Alleine in den Grundschulen der Hauptstadt werden täglich 200.000 Essen ausgegeben. Künftig soll bei den Ausschreibungen nicht nur Bio-Qualität, sondern auch regionale Herkunft eine Rolle spielen. Zielgruppe seien auch Kantinen in den brandenburgischen Universitäten oder Betriebe, die kurz vor der Genehmigung stünden, sagte Vogel mit Hinweis auf Tesla.

Ein Selbstläufer wird das Siegel aber nicht werden. Viele Betriebe setzen etwa auf Direktvermarktung über Hofläden und Wochenmärkte und sind so nicht Teil der regionalen Wertschöpfungskette. Aber auch der Rückgang von Anbauflächen wie für Kartoffeln kann Engpässe in der Kette verursachen.

Die Neuköllner Hipster müssen sich also noch etwas gedulden. Made in Brandenburg kommt wohl häufiger in die Schulen als, in verarbeiteten Produkten, in die Supermarktregale.

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1 Kommentar

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  • 4G
    47202 (Profil gelöscht)

    Schön und gut! Aber gleichzeitig sollten in Brandenburg Kochkurse massenhaft angeboten werden.



    Welcher große deutsche Phylosoph hat einst gedichtet.."Kommst Du nach Brandenburg, bring dir Essen mit"?.