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Neues Album von Friends of GasBenzin für wütende Freunde

Friends of Gas hat eines der brachialsten Punk-Alben des Popjahres veröffentlicht. Da ist jemand ganz und gar nicht einverstanden mit der Welt.

Sängerin Nina Walser auf einem Konzert mit ihrer Punk-Band Friends of Gas Foto: imago / Roland Ownitzki

Wütend sei sie nicht, erklärt Nina Walser. Man glaubt es der jungen Frau, sogar wenn sie hinzusetzt: Obwohl es gute Gründe für große Wut gäbe.

Erste Überraschung: Eben jene aufgeräumt klingende Nina Walser hat mit ihrer Band Friends of Gas nun eines der brachialsten Alben des Popjahres veröffentlicht. Überraschung Nummer zwei: Das „Fatal schwach“ betitelte Noise-Gewitter ist in München entbrannt, einer Stadt, die auf der musikalischen Landkarte oft aus dem Fokus rückt.

Erwachsen aus der Freundschaft von Walser und Gitarrist Thomas Westner, existierten Friends of Gas in den zehner Jahren zunächst als loses Kollektiv. Bis ein Seelenverwandter ihnen half: Max Rieger holte Friends of Gas nicht nur ins Vorprogramm seiner Band Die Nerven, sondern nahm auch ihr Debütalbum auf. Nun ist „Fatal schwach“ beim Berliner Label Staatsakt erschienen. Die Aufnahmen entstanden bei Sessions im Kafé Kult, einer Münchner Punk-Institution. „Wir haben dort während einer Woche auf engstem Raum gelebt“, sagt Walser. Das habe der Musik gutgetan.

Dringlichkeit und fiebrige Energie, die aus jener Enge erwachsen ist, machen sich sofort bemerkbar. Gleich einer Raupe, die über Sandpapier kriecht, bahnt sich Walsers Stimme den Weg durch das atonale Dickicht. Mal durchbricht sie die Wall of Sound mit maximaler Sprengkraft, mal liegt sie auf der Lauer wie ein verletztes Tier. An die Frühzeit von Sonic Youth erinnert nicht nur die seltsame Alterslosigkeit von Friends of Gas, auch die unheilvolle Grundstimmung ihres Debüts: Das Zwielicht dringt in alle Ecken. „Geschichte wird gemacht / Doch nicht von mir / Und nicht von dir“ singt Walser in „Kollektives Träumen“, dem achtminütigen Kernstück des Albums.

Es sei immer gut, wenn Dinge irritieren und ambivalent sind – genau wie der Name der Band. Benzin, Spaß, Chaos, alles und nichts könne man in Friends of Gas lesen.

Man kann eine resignative Haltung hineinlesen, wie sie den Millennials oft unterstellt wird. Doch das würde zu kurz greifen: Aus Ohnmachtsgefühl heraus könne man weder reflektieren noch handeln, sagt Walser. Sie vermeide es zwar, politische Themen direkt in ihren Texten aufzugreifen; „Wenn trotzdem etwas mitschwingt und so gedeutet wird, finde ich das aber gut.“ Interessant sei es in jedem Fall, dass ihre Songs nun als wütende Statements rezipiert werden.

Dream-Pop-Albtraum

Und dass man etwa ihr „Ewiges Haus“, einen schillernden Dream-Pop-Albtraum, bereits als Anti-Gentrifizierungs-Song missverstanden hat. Wer mit Diskurspop sozialisiert ist, muss sich erst mal gewöhnen an diese diffuse Wut im hiesigen Noise; an die „Stuttgarter Schule“, begründet von Die Nerven und Bands wie Karies. Aus ihrer Musik spricht ein Nicht-einverstanden-Sein mit der Welt. Dennoch, niemand will als Stichwortgeber herhalten.

Damit erinnern auch die Songs von Friends of Gas an die zerstörerische Kraft von Surrogat, was auch an Walsers mal englisch, mal deutsch gesungenen Texten liegt. Oft klingen diese assoziativ, als wäre der Teufel in die Sängerin gefahren.

Friends of Gas

Das Album: Friends of Gas: „Fatal schwach“ (Staatsakt/Caroline International)

Live: 2.12., Die Börse, Wuppertal, 3.12., Frau Korte, Erfurt

Manchmal schreibe sie, wenn sich innerlich etwas verändert, manchmal hole sie alte Notizbücher hervor. „Vieles darin gefällt mir wieder, wenn ich Distanz dazu gewonnen habe“, sagt sie. Und: „Wenn jemand bei der Aufnahme eine Zeile falsch versteht, greife ich das sofort auf.“

Überhaupt: Es sei immer gut, wenn Dinge irritieren und ambivalent sind – genau wie der Name der Band. Benzin, Spaß, Chaos, alles und nichts könne man in Friends of Gas lesen. Seltsam, so wie das Schaffen des Quintetts insgesamt. „Fatal schwach“ ist Noiserock, der sich in seiner rohen Energie selbst genug sein darf. Der keine Slogans braucht, um seine Wucht zu transportieren. Und ist gerade deshalb ein großer Wurf für alle Wütenden.

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