Neuer lybischer Regierungschef: Aus dem Exil an die Macht

Die libysche Nationalversammlung hat einen langjährigen Gegner Gaddafis zum Regierungschef gewählt. Ali Sidan setzte sich mit 93 der 179 Stimmen knapp durch.

Keine leichte Aufgabe wartet auf ihn: Ali Sidan (Foto von 2011). Bild: reuters

KAIRO taz | Ali Sidan haftet das Image an, gerne die Hemdsärmel hochzukrempeln. Ein Charakterzug, den der neue libysche Regierungschef jetzt sicherlich gebrauchen kann. Denn ihm steht eine Aufgabe bevor, an der sein Vorgänger, der Akademiker Mustafa Abushagur, nach nur 25 Tagen im Amt gescheitert ist: Im Libyen nach Gaddafi die erste Regierung zu bilden.

Dass er nur knapp mit 93 der 179 Stimmen des Allgemeinen National-Kongresses, des libyschen Parlaments, gewählt wurde, macht seine Aufgabe nicht gerade leichter. Sidan gilt, anders als sein Vorgänger, der von der Muslimbruderschaft unterstützt worden war, als Liberaler. Er hatte unter Gaddafi in den 1980er Jahre als Karrierediplomat gearbeitet, bevor er sich vom Regime lossagte und nach Genf ins Exil ging, um sich dort der Opposition anzuschließen.

Während der libyschen Übergangsregierung diente der Menschenrechtsaktivist als Verbindungsmann nach Europa. Ihm wird nachgesagt, eine entscheidende Rolle dabei gespielt zu haben, den ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zu überzeugen, die Aufständischen gegen Gaddafi zu unterstützen.

Sidan, 1950 geboren, gilt als politisch ehrgeizig. Bewiesen hat er das, als er bei der Wahl eines Übergangspräsidenten antrat, wobei er allerdings unterlag. Sidan muss ein technokratisches Kabinett bilden und zugleich die politischen Gruppierungen im Parlament befrieden. Dabei ist er für sein Verhandlungsgeschick bekannt. Schwierig wird es auch, für sein Kabinett auf bekannte Gesichter zurückzugreifen. Die in der Verwaltung erfahrenden Gaddafi-Leute sind diskreditiert, den wenigen Exilpolitikern wird mangelnde Erfahrung innerhalb des Landes nachgesagt.

In seiner ersten Rede versprach Sidan, in weniger als den vorgegebenen zwei Wochen eine handlungsfähige, effektive Regierung zu bilden, um schnell mit der Arbeit zu beginnen.

Die Libyer erwarten nun, dass die neue Regierung die Milizen unter ihre Kontrolle bringt und die Wirtschaft und Infrastrukturmaßnahmen endlich wieder ankurbelt. Denn anders als die anderen erfolgreichen Länder des arabischen Aufstandes hat Libyen kein finanzielles Problem. Alle zehn Tage wird das Land durch die Öleinnahmen um eine Milliarde Dollar reicher. Was bisher fehlt, ist eine Regierung, die entscheidet, wofür das Geld ausgegeben wird.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.