Neuer israelischer Präsident Rivlin: Ein überzeugter Demokrat
Israels neuer Präsident Reuven Rivlin ist gegen einen Palästinenserstaat. Er verspricht eine völlig unpolitische Präsidentschaft.
JERUSALEM taz | Mit 63 zu 53 Stimmen setzte Reuven Rivlin sich bei der Stichwahl gegen seinen früheren Parteigenossen Meir Schitrit durch. Der 74-jährige Rivlin wird am 27. Juli die Nachfolge von Schimon Peres im Amt antreten. Er galt bereits im Vorfeld der Wahl, die in geheimer, schriftlicher Abstimmung von den 120 Abgeordneten der Knesset entschieden wird, als Favorit.
Das Rennen zum Präsidentschaftsamt schaffte für die Karikaturisten ein Problem, denn das herausstechende Charaktermerkmal Rivlins und Schitrits ist ihre nahezu identische Knubbelnase.
Auch Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte einige Sorgen mit der Wahl des neuen Staatsoberhaupts, denn seine Frau Sarah kann Rivlin nicht gut leiden. Netanjahu biss schließlich in den sauren Apfel und unterstützte trotzdem den Likud-Mann. Für Rivlin selbst erfüllt sich ein Traum. Er war bereits vor sieben Jahren angetreten, musste damals aber Peres den Vortritt lassen.
Bei Reuven (Rubi) Rivlin treffen sich der national-religiöse Wirtschaftsminister Naftali Bennett und der arabische Parlamentarier Ahmad Tibi. Bennett, Chef der Partei Das jüdische Haus, lehnt wie Rivlin eine Zweistaatenlösung mit den Palästinensern ab. Tibi empfindet zwar die politischen Ansichten des künftigen Präsidenten „schwer zu verdauen“, dafür aber setzt sich sein Freund für mehr Gleichberechtigung unter Juden und Arabern in Israel ein.
Rivlins erster Weg nach seiner Wahl 2009 zum Parlamentspräsidenten führte in die arabische Stadt Umm al-Fahm. Außerdem blockierte er eine Rechtsreform, die auf eine Begrenzung der Finanzierung linker Nichtregierungsorganisationen durch ausländische Spenden abzielte.
In der Präsidentenloge, so meint Rivlin, dürfe es keine Politik geben. „Der Mangel an Macht“ sei es, „der den Präsidenten in die Lage versetzt, eine wirklich unabhängige Perspektive einzunehmen“. Der neue Mann an der Spitze des Staates gilt als zutiefst überzeugter Demokrat und verspricht, sich politisch strikt neutral zu halten. Im Gegensatz zur Knesset solle das Haus des Präsidenten für „Dialog, Partnerschaft und Kompromiss“ stehen. Rivlin will „die Türen für alle ethnischen Gruppen und sozialen Bewegungen offen halten“, vor allem aber für Ultraorthodoxe und Araber.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken