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Neuer ZDF-TalkBloß nichts Verrücktes!

Ab Montag will das ZDF sein Quotenproblem am Nachmittag mit der Talkshow „inka!“ lösen. Moderatorin Inka Bause lässt Schlimmes befürchten.

Vorverurteilungen verbitten sich, Skepsis ist aber angezeigt: Neues ZDF-Talkformat „Inka!“. Bild: ZDF

Gerade hat man noch gedacht, dass Talk-Formate im Fernsehen zu den Auslaufmodellen gehören, da kommt das ZDF mit einem neuen Talk um die Ecke. Diesmal am Nachmittag: „inka!“ heißt er und läuft von heute an montags bis freitags ab 15.05 Uhr für eine knappe Stunde. Namensgeberin und Moderatorin ist Inka Bause, die bislang unter anderem damit beschäftigt war, als Moderatorin der RTL-Kuppelshow „Bauer sucht Frau“ dem Publikum Gelegenheit zu geben, sich über nicht-gesellschaftsfähige Hinterwäldler lustig zu machen.

Bei ihrem ZDF-Nachmittagseinsatz soll sie größtmögliche Freiheiten bekommen. „Talk ist in vielen Facetten möglich, und wir wollen Inka Bause nicht beschränken“, sagt ihr Redaktionsleiter Stefan Bayerl, der in gleicher Funktion auch für die wöchentliche Plauderrunde mit Markus Lanz zuständig ist. „Inka Bause ist perfekt geeignet, uns die Promis, die schrägen Vögel, die Helden des Alltags ein bisschen näher zu bringen.“

Wie das im Einzelnen aussieht, soll von den Gästen und Inka Bauses Ideen abhängen: „Ich will mich nicht festlegen, keinen festen Ablauf einhalten“, sagt Bause. „Das Leben ist doch so vielfältig. Wir haben ein tolles Studio und das wollen wir mit Leben füllen. Die Hauptpersonen sind meine Gäste mit ihren interessanten Storys.“

Drei oder vier Gäste empfängt sie pro Ausgabe, die Sendungen werden in einem Berliner Studio vor knapp 100 Zuschauern aufgezeichnet. Inhaltlich soll es um Aktuelles, Trends, Gesellschaftsthemen, Boulevard und Feuilleton, Musik, Mode und Kultur gehen – also um fast alle Themenbereiche, die es überhaupt gibt. Garniert werden können die Gespräche immer wieder mal mit kleineren Einlagen – kochen, tanzen, singen, was gerade so passt. Ein bisschen erinnert dieses offene Konzept an das Anything Goes, mit dem Thomas Gottschalk im ARD-Vorabendprogramm floppte.

Bisschen wie Gottschalk

“inka!“ ist das Ergebnis eines mehr als einjährigen Entwicklungsprozesses: Weil das ZDF bei den Nachmittags-Quoten nur auf dem vierten Platz liegt, rief Programmdirektor Norbert Himmler im Juli 2012 eine „Task Force Daytime“ ins Leben. 32 Produktionsfirmen wurden um Konzepte für neue Nachmittags-Formate gebeten, nur die grobe Richtung und die Genres vorgegeben. Aus 81 Vorschlägen wurden acht ausgewählt und pilotiert – der Talk mit Inka Bause kam bei den Entscheidern im Haus am besten an.

Die Idee stammt von der Firma strandgutmedia, die schon für die innovativen ZDFneo-Sendungen „Bambule“ mit Sarah Kuttner sowie „neoParadise“ mit Joko und Klaas verantwortlich war. Allzu crazy wird „inka!“ trotzdem nicht, stellt die Moderatorin klar: „Ich habe der Produktionsfirma schon gesagt: ,Ich springe hier nicht wild über die Tische oder so etwas, das könnt ihr bei euren neo-Sachen machen.’ Ich bin niemand, der etwas Verrücktes macht oder Leute verschreckt – ich möchte spannendes Wohlfühlfernsehen machen.“

„Wie die Kümmeltürken“

Irgendwie ist es ein ganz gutes Zeichen, dass man sich beim ZDF einigermaßen umfassend Gedanken über ein Programmangebot für die Zielgruppe am Nachmittag gemacht und nicht einfach stumpf die x-te Telenovela gedreht, eine weitere Kochshow gestartet oder ein paar Zoo-Tiere abgefilmt hat. Über die Güte von „inka!“ lässt sich nun einiges vermuten, aber bis jetzt nichts sagen: Der Presse wurde vorab kein Ansichts-Material zur Verfügung gestellt.

Vorverurteilungen verbitten sich in jedem Fall, Skepsis dagegen ist aufgrund der bisherigen TV-Auftritte von Bause selbstverständlich angezeigt. Als sie die Sendung im Juli in Hamburg auf einer Pressekonferenz vorstellte, sagte sie über die Arbeit ihrer Redaktion: „Die ackern jetzt schon wie die Kümmeltürken.“ Wenn sie ihre Sendung auf diesem Niveau moderiert, könnte es sehr schrecklich werden.

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6 Kommentare

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  • G
    Gast1

    Für die Gebühren die man zahlen muss ist das Programm quer durch alle Programme nur langweilig, Widerholungen ohne Ende, Kochsendungen auf mehreren Kanälen, dann Bauer sucht Frau und so ähnlich nur Schwachsinn. Eigentlich müssten uns die Sender Geld bezahlen, das man den Mist einschaltet.

  • "Herr Sakowitz" ist selbstverständlich die korrekte Schreibweise. Entschuldigen Sie bitte meinen Fehler.

  • Mit Verlaub, Herr Sakovitz, wenn Sie die Teilnehmer der Sendung "Bauer sucht Frau" - über deren mangelhafte Qualität man sicher nicht diskutieren muss - in Ihrem Artikel als "nicht-gesellschaftsfähige Hinterwäldler" bezeichnen, unterscheiden Sie sich nicht wirklich von den sich über diese Menschen lustig machenden Zuschauer der Sendung.

  • BN
    Bin noch 100 Jahre zu jung für das Programm

    Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat kein Quotenproblem, sondern ein Fettproblem. Es werden alleine durch die Zwangsabgabe ca. 9 Milliarden Euro pro Jahr eingenommen. Es könnte dieses Jahr auch deutlich mehr werden. Betroffen sind auch Gewerbetreibende, die sich das Geld über die Produkte reinholen müssen. Geliefert wird vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk überwiegend nur Müll, den man genauso gut von den privaten Rundfunksendern erhalten kann. Wenn der Laden nicht bald privatisiert wird, dann werden auch die wenigen Prozent an Programm, die rettenswert sein mögen, mit den Bach runtergehen. Denn so wie es derzeit läuft, kann es nicht auf Dauer gehen. Dafür hat das Land zu viele ernste Probleme, die gelöst werden müssen: Beispielsweise unterfinanzierte Schulen in Städten wie Bremerhaven oder 30% finanziell arme (!) Kinder in Essen und Berlin. Wenn die Politik weiterhin sich ihre Posten beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk finanzieren lässt und den Rest des Landes weiter aufspaltet, dann wird keine Propaganda und Desinformation des öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Folgen vertuschen können.

  • L
    Leser
  • H
    Hans

    Das ZDF hat scheinbar noch nicht realisiert, dass das Quotenproblem vom aussterben der Zuschauer kommt. Die alten Zuschauer sterben nämlich weg und die Neuen kriegt man mit dem Format von gestern nicht. Talk-Show, ist das schon wieder Retro?

     

    Ich freue mich auf den Moment, wenn die Zeitung noch das Fernsehen in seiner antiquierten Form überlebt.