Neuer Wohnraum wegen Homeoffice: Vom Büro zum Wohnzimmer
Die Umwandlung nicht mehr benötigter Büros könnte 60.000 neue Wohnungen schaffen. Laut einer Studie wäre die Umstrukturierung aber teuer.
Der Studie zufolge sind rund 30 Prozent der leerstehenden Büroflächen in technischer und baurechtlicher Hinsicht in Wohnraum umwandelbar. Bezogen auf den aktuellen Büroleerstand entspreche dies 2,3 Millionen Quadratmetern. Betrachte man den künftig sinkenden Büroflächenbedarf, kämen weitere 3,5 Millionen Quadratmeter hinzu. Durch die Umwandlung gehen etwa 20 Prozent an Fläche verloren. Berücksichtige man dies, lege eine Wohnungsgröße von 77 Quadratmetern und eine Haushaltsgröße von 1,7 Personen zugrunde, könnten rund 60.000 Wohnungen für 102.000 Menschen entstehen.
Doch dass in den sieben Städten wirklich 60.000 Wohnungen aus Büros entstehen, ist mehr als unwahrscheinlich. Denn bei mehr als der Hälfte würde sich der Umbau schlicht nicht rechnen, sagt Ifo-Experte Simon Krause. Dahinter steckt einerseits, dass Flächen verloren gehen, zudem müsse viel umgebaut werden, neue Flure, neue Heizungstechnik, neue Wände, um einige Beispiele zu nennen. Im Endeffekt mache man aus dem Büro wieder einen Rohbau und baue ihn dann neu zu Wohnungen aus.
Erwartungen an Umsetzung niedrig
Diese Kosten sind auch der Grund, warum Krause und seine Co-Autoren erwarten, dass aus Büros keine günstigen Wohnungen entstehen werden. Damit sich die Umwandlung für Investoren rechne, müssten sie eher teurere Wohnungen anstreben.
Doch Krause sieht auch Möglichkeiten, mehr Wohnungen aus Büros zu schaffen. Dafür müssten Städte und Politik das Thema aber früh angehen. Wenn Bebauungspläne und Baurecht geändert würden, könne dies dazu beitragen, dass mehr potenzielle Flächen zur Verfügung stünden.
„Wegen der begrenzten Wirtschaftlichkeit von Umnutzungen zu Wohnungen sind kreative Nachnutzungskonzepte gefragt“, sagte Studien-Co-Autor Andreas Trumpp von Colliers. „Auch Teilumnutzungen und die Quartiersentwicklung sind erforderlich, um städtische Bedarfe wie Wohnen, Gewerbe oder Freizeit zu decken.“
Unternehmen reduzieren Büroflächen weiter
Homeoffice war im Zuge der Corona-Pandemie verpflichtend geworden, wenn keine betrieblichen Gründe dagegen sprachen. Mittlerweile gibt es die Pflicht nicht mehr, viele Firmen hielten aber dauerhaft an der Möglichkeit fest und vereinbarten mit ihren Beschäftigten entsprechende Modelle. Laut Ifo liegt die Homeoffice-Quote in Deutschland seit knapp zwei Jahren stabil bei einem Viertel der Beschäftigten und mehr als zwei Dritteln der Unternehmen. Die Studie geht davon aus, dass dadurch bis 2030 die Nachfrage nach Büroflächen um etwa zwölf Prozent sinkt.
Insbesondere große Dienstleister, die den größten Anteil an Büroflächen nutzen, verkleinern sich demnach und ziehen in moderne, zentral gelegene Standorte um. „Jedes vierte große Dienstleistungsunternehmen reduziert seine Büroflächen und 20 Prozent verlagern mindestens einen Bürostandort“, sagte Krause. „Durch Homeoffice wird der Leerstand und das Risiko von Bürogebäuden ohne Nachnutzung weiter steigen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos