Neuer Verkehrsvertrag zwischen dem Land Berlin und der BVG: Fahrgäste kontrollieren die BVG
Busse und U-Bahnen müssen künftig pünktlich kommen. Und Fahrgäste müssen zufrieden sein. Sonst werden der BVG die Landeszuschüsse gekürzt. Mit echten Konsequenzen rechnet aber niemand.
U-Bahn-Fahrgäste werden künftig nicht mehr nur von der BVG kontrolliert. Sie können bei Unzufriedenheit umgekehrt die Finanzlage des Unternehmens beeinflussen - wenn auch nur minimal. Das sieht der Verkehrsvertrag zwischen dem Land Berlin und der BVG vor, den der Senat am Dienstag abgesegnet hat.
Laut dem Vertrag, der bis 2020 gelten wird, bekommt die BVG künftig jährlich 250 Millionen Euro vom Land - 75 Millionen für die Verkehrsleistungen und 175 Millionen für den Erhalt der Infrastruktur. Zusätzlich gibt es 40 Millionen Euro für Ruhegelder. 2007 zahlte das Land insgesamt noch 318 Millionen Euro.
Zudem fließt das Geld nicht mehr bedingungslos. Vielmehr muss die BVG Qualitätsvorgaben einhalten. So sollen U-Bahnen zu 97 Prozent pünktlich fahren. Sinkt dieser Wert auf unter 95 Prozent, überweist das Landes je halbem Prozentpunkt 220.000 Euro weniger. Auch die Zufriedenheit der Kunden soll sich auszahlen. Im Frühjahr 2008 werde es eine Befragung von rund 2.000 BVG-Kunden geben, kündigte Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) an. Sollten die Fahrgäste unzufrieden sein, fließe das in die Berechnung der Zuschüsse mit ein.
Fürchten muss die BVG die Vorgaben kaum. "Im Schnitt kommen immer mehr als 97 Prozent der U-Bahnen pünktlich", sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz. Auch die Auswirkungen der Kundenbefragung dürfte minimal und für die Öffentlichkeit zumindest kaum nachvollziehbar bleiben. Das Ergebnis fließe "über eine sehr komplizierte Formel in die Berechnung mit ein", verkündete Junge-Reyer. Weder die Senatorin noch BVG-Chef Andreas Sturmowski rechnen damit, dass die Qualitätsvorgaben die Höhe der Landeszahlungen beeinflussen werden.
Der Berliner Fahrgastverband Igeb begrüßte dennoch die konkrete Festlegung der Qualitätstandards in dem Verkehrsvertrag. Wichtiger noch aber sei, dass darin keine regelmäßige Preiserhöhung mehr vereinbart ist. "Es ist gut, dass wir aus diesem Automatismus raus sind", sagte der Igeb-Vorsitzende Christfried Tschepe. Zwar hat der BVG-Chef bereits die nächste Preiserhöhung angekündigt (siehe Kasten), aber er könne sich nun nicht mehr auf eine Vereinbarung mit dem Land berufen, sondern müsse tatsächliche Kostensteigerungen nachweisen, sagte Tschepe der taz.
Ein großes Problem bleiben die Altschulden der BVG. Zwar konnte Sturmowski die Senkung der Schuldenlast innerhalb von drei Jahren von fast 1,1 Milliarden Euro auf 695 Millionen senken. Dies sei aber nur durch den Verkauf von Tochterfirmen und BVG-eigener Wohnungen gelungen, kritisierte Tschepe. Der neue Verkehrsvertrag finanziere nur das laufende Geschäft, sagt auch BVG-Chef Sturmowski. Durch die Altlasten werde der Schuldenberg bis zum Jahr 2020 auf 1,2 Milliarden Euro anwachsen. Dem stünden aber 1,9 Milliarden Euro Eigenkapital entgegen. Denn der BVG gehören zum Beispiel alle ihre
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