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Neuer Verdächtiger aufgetauchtDie rätselhafte Bombe von Bonn

Eine Tasche, Islamisten – im Fall der Bonner Bombe schien alles alten Mustern zu folgen. Ein Video aus einem McDonald's gibt dem Fall nun eine neue Wende.

Unklar: Was geschah am Bonner Hauptbahnhof? Bild: dpa

BERLIN taz | Alles schien zu passen. Eine Bombe am Bahnhof in Bonn, der heimlichen Hauptstadt des radikalen Islamismus in Deutschland. Zwei Männer in Polizeigewahrsam. Darunter ein Deutschsomalier, der schon mal im Verdacht stand, sich in den bewaffneten Dschihad aufmachen zu wollen, und deshalb 2008 von einem Sondereinsatzkommando aus einem startbereiten Flugzeug gezerrt wurde.

Doch am späten Dienstagabend ließ die Polizei die beiden Männer wieder laufen und teilte mit: Ein Verdacht im Zusammenhang mit dem Bombenfund habe sich gegen sie nicht erhärten lassen. Man ermittle „in alle Richtungen“. Soll heißen: Der Hintergrund ist völlig unklar. Und am Mittwochabend wurde die Situation noch undurchsichtiger.

Den ganzen Tag über hatte die Polizei per Phantombild erst nur nach einem dunkelhäutigen Mann gesucht, den zwei Jugendliche dabei beobachtet haben wollen, wie er vor zwei Tagen am Bahnsteig 1 eine blaue Sporttasche vor ihren Füßen stehen ließ – darin war die Bombe. Am Mittwochabend teilte die Polizei dann aber plötzlich mit, dass der Mann womöglich bloß ein Zeuge und gar nicht der mutmaßliche „Ableger“ war.

Auf einer Pressekonferenz in Köln präsentierten die Ermittler ein Video aus der Überwachungskamera einer McDonald‘s-Filiale am Bonner Bahnhof. Darauf war ein hellhäutiger Mann mit einer Tasche zu sehen, von der die Polizei ausgeht, dass es die mit der Bombe war.

Nur der Zünder fehlt

Für ausgeschlossen halten die Ermittler, dass es sich dabei um eine reine Attrappe handelte. In der Tasche fand sich ein Metallrohr mit zündfähigem Ammoniumnitrat, außerdem vier Butangaskartuschen und ein Wecker. „Wir gehen von einer hohen Gefährlichkeit aus“, sagte der Sprecher der Bonner Staatsanwaltschaft, Robin Faßbender. Alle Bestandteile für eine Bombe seien in der Tasche gewesen – nur ein wichtiges Detail wurde auch am Mittwoch nicht gefunden: der Zünder.

Es sei möglich, dass das mitunter nur erbsengroße Bauteil bei der Entschärfung mit einem Hochdruckwassergewehr in Splitter zerschossen und auf den Bahngleisen verteilt wurde, hieß es in Ermittlerkreisen. Möglich sei aber auch, dass es keinen Zünder gab – dann hätte der Sprengsatz nicht funktioniert. Wäre es aber zur Explosion gekommen, so der Polizei-Einsatzleiter Norbert Wagner, hätte es einen „großen und gefährlichen Feuerball“ gegeben.

In den Medien waren zuvor schon Parallelen zu den Anschlägen auf Pendlerzüge in Madrid 2004 in Erinnerung gerufen worden, bei denen 191 Menschen starben. Das halten die Ermittler aber für so voreilig wie übertrieben. Zwar steht die kriminaltechnische Untersuchung durch das LKA noch aus, aber allein aufgrund der Menge des verwendeten Sprengstoffs wäre die Wirkung nie so groß gewesen wie in Madrid, so Einsatzleiter Wagner.

Auch die Bundesanwaltschaft hielt sich am Mittwoch zurück. Er sehe bislang keine ausreichenden Anhaltspunkte für einen terroristischen Hintergrund, sagte Generalbundesanwalt Harald Range. Deshalb habe man die Ermittlungen in dem Verfahren auch noch nicht übernommen. Sein Stellvertreter ergänzte: „Alles ist offen.“

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10 Kommentare

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  • W
    wauz

    Inzwischen soll ein "Zünder" gefunden worden sein.

     

    Im Fernsehen wurde ein Glühdraht beschrieben. Damit könnte man, wenn er denn tatsächlich glüht, was hier nicht einmal der fall gewesen sein soll, einen Schwarzpulver-Knaller zünden. Ein solcher Knaller kann aber niemals Ammoniumnitrat zum explodieren bringen. Dazu braucht es eine starke Druckwelle, die man nur mit richtigen Bombenzündern wie Sprengkirschen oder Handgranatenzündern hinkriegt. Ammoniumnitrat gilt deswegen, gemischt mit Diesel, als Sicherheitssprengstoff.

    Daraus geht hervor: doiese "Bombe" war von vornherein ein Dummy. Wer so etwas baut, weiß, dass es nicht losgeht. Hier machendie Medien den Terror, indem sie immer wieder das Mantra von "hochgefährlich" und "um Haaresbreite...".

    Alles Quatsch!

    Hier macht wieder ein Geheimdienst Politik! Der VS hat allen Grund dazu...

  • TS
    taz steht Kopf.

    Was stellt das Video denn auf den Kopf? Da ist zusätzlich zum Dunkelhätigem ein hellhäutiger Bartträger zu sehen. Konvertiten mit Bomben hatten wir schon. Auf den Kopf zu stellen versucht das Ganze höchstens die taz. Klar, war bestimmt die NSU. Vergewaltigung am Hermannplatz? NSU. Probleme in der Rütli? NSU. Die Welt steht Kopf, diese alten Klischeeeeeees haben ausgedeient...blabla. Wer köpft weltweit Andersgläubige? Die NSU. Wer mordet Christen weltweit? NSU. Wovor müssen wir uns füchten? NSU. Besonders gefährlich an denen ist, daß sie tot sind. Die harmlosen frommen Moslems aus Bonn müssen nur etwas intergriert werden. Danke taz, ihr schreibt die Welt wie sie mir gefällt.

  • OP
    Otto Pardey

    Alles nur Panikmache und ein Alibi,

    zum Aufbau eines totalen Ueberwachungsstaat.

    Mir ist Herr Harald Range als ehemaliger

    Generalstaatsanwalt von Celle sehrwohl bekannt.

    Als es um Recherchen bzw. Vorwuerfe gegen

    einen leitenden Staatsanwalt in seinem Umfeld

    ging,welcher sich im Rotlicht-Milieu von

    Hannover durch Bordellbetreiber sichVorteile verschafft,

    war Harald Range nicht so zielstrebig an der Aufklerung,

    im Gegenteil.

    Der Mann ist als Generalbundesanwalt untragbar,

    ein Heuchler und Blender.

    Die Taz hat wohl jetzt die Hosen voll aber ich werde

    meine Aussage noch konkretisieren,am Tag der Abrechnung!

  • M
    Marion

    Ich gehe davon aus das Neonazis für den versuchten Terroranschlag verantwortlich sind. Aber ist klar das man sofort wieder Muslime verdächtigt. Deutschland ist ein zutiefst islamophober Staat.

  • M
    Marmarameer

    Ist ja lächerlich.... kein Terroristischer Hintergrund erkennbar. Was ist das bitte für eine Hanebüchene Logik. Eine zündfahige Bombe auf einem Bahngleis abgestellt ist also kein Terror? Welchen Hintergrund könnte das denn sonst haben? Eine neue kulturelle Eigenart? Vom Steinbruchchef einfach vergessen und liegengelassen?

    Oder sind alle Kapazitäten ausgeschöpft um den Sylvesterböller kriminaltechnisch zu untersuchen der kürzlich bei Herrn Edathy im Briefkasten für unordnung sorgte?

  • MI
    Möglich ist aber auch

    daß es gar keinen Zünder gab und die Kunstdüngerbombe mit 4 Campingkocherkartuschen

    (klingt plötzlich viel harmloser, gell? Ist es zwar nicht unbedingt, aber wenn man Panik verbreiten will, liebe Presse, greift Ihr ja eh auf die "Ammoniumnitrat- Butangas"- Version zurück, Kunstdünger bekommt schließlich jeder Bauer),

     

    dass das Ding also eine Attrappe war, um uns auf neue Gesetzesverabschiedungen einzustimmen, die im Windschatten von Panikmeldungen immer leichter durchgehen.

    Der Durschnitts- Tagesthemengucker ist so blöd und technisch unbedarft, daß diese Kleinigkeit wie der Zünder mal schnell unter den Tisch fallen darf, die Attrappe ist schließlich vielleicht eine Deutscher- Beamtenapparats-Attrappe, da darf nix passieren.

    Ach ja, der Verfaschungsschutz.

    Plötzlich ist er nötig und willkommen. Ein Schelm, wer...

     

    Und sonst: Mal sehen, was die nächsten Wochen so kommt aus der Politik oder an der Weltbefreiungsfront gegen den Terrorismus, was Ablenkung an der Heimatfront gebrauchen kann.

    MM (Mutti Merrkell)

  • W
    wauz

    Ein celler Löchlein

     

    Eine Bombe, aus billigen Zutaten. die für sich allein genommen eher harmlos sind, ohne den nötigen Zünder...

    Und so abgelegt, dass sie ganz gewiss Verdacht erregt und "entschärft" wird.

    Eine Dummy-Bombe. Spielkram für Sicherheitsbehörden, die jetzt ihr perfektes Katastrophen-Management feiern dürfen.

    Wir wissen nicht, welcher Geheimdienst das inszeniert hat. Vielleicht ein bundesrepublikanischer, vielleicht ein "befreundeter".

    Gefahr bestand jedenfalls nicht, denn der Dünger Ammoniumnitrat, den jeder Bauer aufs Feld streuen darf, explodiert nur, wenn eine Sprengkirsche oder ähnliches eine kernige Druckwelle erzeugt.

    Terror durch Nachrichten also. Passiert ist: garnix!

  • D
    D.J.

    Warten wir doch erst mal ab - ich selbst war gestern mit einem Kommentar voreilig (nach den Verhaftungen).

    Aber bei Leuten wie

    @fawkes,

    die geradezu so tun, als hätte es niemals versuchte islamistische Annschläge (im Falle Frankfurts einen gelungenen) gegeben, von anderen Ländern zu schweigen (Merah etc.), als hätte es niemals eindeutige Drohvideos gegen Deutschland gegeben (zuletzt Deso Dogg und Co.), kann ich aber nur den Kopf schütteln.

    Tipp an Sie, verehrter @fawkes:

    Begeben Sie sich in die Untiefen islamistischen Hasses im Internet - ist gut gegen Verharmlosung.

  • F
    fawkes

    Leute, es ist Weihnachten - wir müssen wieder unsere Urängste vor dem (islamistischen!!) Terrorismus auffrischen.

     

    Jemand der noch halbwegs bei Sinnen ist muss doch merken, dass das eine Masche ist. Täglich (also in diesem Falle jedes Jahr um Weihnachten) grüßt der böse Moslem und will uns allen an den Kragen und stellt sich dabei so dämlich an, dass er seinen Sprengstoff am Bahnhof vergisst... Vielleicht ist ihm noch gerade rechtzeitig eingefallen, dass man einen Zünder benötigt und ist nochmal schnell zum Baumarkt. Aber hey, wozu etwas großes inszenieren, wenn solche 6.klassigen Stories schon ausreichen, um deutsche Medien aufzuschrecken; was die Politik natürlich als vorweihnachtliches Geschenk gerne annimmt!

     

    Ich kanns nicht mehr hören.

  • S
    SamSpeed

    Also jetzt mal ehrlich. Was ist denn das für ein Bombenbauer ...

     

    Da überall steht der Sprengsatz war "höchst gefährlich" wird das warscheinlich wieder eine neue "Sicherheits"-Diskussion geben an deren Ende wieder die Bürgerrechte jedes einzelnen beschnitten werden.

     

    Ich werde mich auf jeden Fall nicht wundern wenn dann

    Nacktscanner an jedem Bahnhof stehen.

     

    Benjamin Franklin hat es mal schön gesagt:

     

    "Wer Freiheiten aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, verdient weder Freiheit noch Sicherheit."

     

    ...also seid wachsam denn unter dem Deckmantel der Sicherheit wurde schon so mancher Eingriff in unsere Privatsphäre gerechtfertigt.