Neuer Umweltchef für die Bahn: Unauffälliges Toptalent
Andreas Gehlhaar ist künftig für Klimaschutz und Abfallvermeidung bei der Bahn zuständig. Als Ökoexperte fiel er bisher nicht auf.
Jetzt wird Gehlhaar ihm wieder unterstehen, anders gesagt: zuarbeiten, als Umweltchef der Bahn. Nimmt Gehlhaar seinen neuen Job ernst, hat er viel zu tun – und Einfluss. Zwar schlägt der Zug Flugzeug oder Auto beim Klimaschutz. Doch Fernbusse machen ihm Konkurrenz, und Autos werden sparsamer. Außerdem dieseln Lokomotiven vor sich hin. Das belastet die Luft. Abfälle fallen an. Bahnhöfe werden gebaut oder renoviert, Gleise müssen vom Wildwuchs freigehalten werden. Das dafür von der Bahn bisher oft verwendete Spritzmittel: das umstrittene Glyphosat.
Gehlhaar, von dem es heißt, er sei „unauffällig“, „nett“, „zurückhaltend“, wird sich allerorten einmischen, wohl auch mal nerven müssen. Bisher hat er sich als Ökoexperte noch keinen Namen gemacht, als Toptalent aber schon. Die Zeitschrift Capital zählte ihn im Jahr 2010 zu 160 jungen Machern Deutschlands, „die die Welt verändern wollen“.
Die Bahn wollte nicht begründen, warum seine Vorgängerin, Ines Jahnel schon nach anderthalb Jahren gehen muss. Aufmerksamkeit bekam sie in der Szene allein wegen einer brisanten Personalentscheidung: Sie schmiss Peter Westenberger raus, der jahrelang als wichtigster Kopf der Bahn-Umweltpolitik galt. Er ist nun Geschäftsführer des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) und damit bei der Konkurrenz.
Bahn verhandelt mit Energiekonzernen
Jahnel bleibt Lärmschutzbeauftragte der Bahn, wie sie es vor ihrer Zeit als Umweltchefin auch war. Ab 2020 sollen Güterzüge ohne lärmmindernde Bremsen nicht mehr fahren dürfen, erklärt die Bundesregierung im Koalitionsvertrag. Da hängt die Bahn noch hinterher. Für Gehlhaar wird die wichtigste Baustelle der Klimaschutz sein.
So gilt die grüne Bahncard, die die Deutsche Bahn als Meilenstein bewirbt und CO2-freies Fahren ermöglichen soll, nur für den Fernverkehr. Obendrein kommt der Ökostrom zumeist aus längst abgeschriebenen Wasserkraftwerken. Zusätzlichen Nutzen bringen der Umwelt aber nur neue Windkraft- oder andere Ökoanlagen. Das Problem: Die Bahn, einer der größten Stromverbraucher in Deutschland, hat Verträge mit Betreibern fossiler Kraftwerke, die zum Teil noch 30 Jahre laufen. Es gibt kaum Spielräume.
Einen Liefervertrag mit Eon verhandelt die Bahn derzeit allerdings schon: Das umstrittene Steinkohlekraftwerk Datteln 4 in Nordrhein-Westfalen sollte eigentlich ab 2011 schon Strom liefern. Wegen fehlender Genehmigungen ist es aber immer noch nicht fertig. Die Bahn will nun nachverhandeln, droht angeblich auch mit Auflösung. Bleibt noch eins: Die Ökobilanz ist umso besser, je stärker Züge ausgelastet sind. Ein guter Umweltchef muss Auto- und Busfahrer für die Bahn gewinnen und die Politik für eine billigere und attraktivere Bahn. Seinen neuen Job soll Gehlhaar am 1. Juni antreten, im Bahntower am Potsdamer Platz in Berlin, nicht weit entfernt vom Kanzleramt.
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