Neuer US-Botschafter in Deutschland: Ein entschiedener Trump-Anhänger
Richard Grenell, der designierte Abgesandte Washingtons in Berlin, ist ein Getreuer des Präsidenten. Ein Klischee-Konservativer ist er jedoch nicht.
Bevor er nach Berlin umziehen darf, muss der 50-Jährige zwar noch das Nominierungsverfahren im Senat durchlaufen. Auf seinem Twitter-Konto hat er jedoch an oberster Stelle eine Botschaft platziert, die bereits als freundlicher Gruß an sein mögliches künftiges Gastland gelesen werden kann: „Wir haben eine untrennbare Verbindung zu Europa. Wir teilen viele gemeinsame Werte.“
Grenell deutet damit an, dass er nicht nur auszuteilen, sondern auch zu umgarnen versteht. Auf dem diplomatischen Parkett ist er bewandert: Unter Präsident George W. Bush war er sieben Jahre lang Sprecher der US-Delegation bei der UNO und vertrat damals häufig auch den Botschafter in Sitzungen des Sicherheitsrats.
Damals arbeitete Grenell häufig mit deutschen Diplomaten zusammen, etwa bei den UN-Sanktionen gegen den Iran. Er erlebte die Deutschen aber auch als Kontrahenten, vor allem im Streit um die US-Invasion im Irak.
Für die Homo-Ehe
Grenell stammt aus dem Bundesstaat Michigan im Mittleren Westen der USA und wuchs in einem evangelikalen Elternhaus auf. Von seinen konservativen Wurzeln hat er sich zumindest teilweise emanzipiert. Grenell hat eine langjährige Beziehung zu einem gleichgeschlechtlichen Partner und geht seit Ende der neunziger Jahre offen mit seiner Homosexualität um.
Seit Jahren tritt Grenell auch politisch für die Homo-Ehe ein. Dies führte zu Problemen, als er 2012 vom republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney zum außenpolitischen Sprecher ernannt wurde. Nach nur kurzer Zeit warf Grenell das Handtuch. Dabei soll allerdings auch die Kritik an seinen aggressiven Tweets eine Rolle gespielt haben.
Grenell, der an der Elite-Universität Harvard einen Abschluss in öffentlicher Verwaltung machte, ist Mitbegründer einer weltweit aktiven PR-Firma. Er hat nach eigenen Angaben für Kunden in Europa, China, im Iran, in Kasachastan und im Kongo gearbeitet. Als politischer Kommentator tritt er nicht nur im Fernsehen auf, sondern verfasste auch Beiträge für Zeitungen und Onlineportale.
Die Twitterei betreibt Grenell mit noch größerem Eifer als der Präsident. In dem Kurzbotschaftendienst gewährt er auch Einblicke in sein Privatleben. So outete er sich als Fan der Popsängerin Britney Spears und berichtete von seiner Krebserkrankung, die vor einigen Jahren erfolgreich mit einer Chemotherapie behandelt wurde. Sein Lebenspartner entwickelte als Konsequenz aus dieser Erfahrung eine App für Chemo-Patienten.
In dem Kurzbotschaftendienst veröffentlichte Grenell vor einigen Tagen auch ein Foto, das ihn mit strahlender Miene neben Trump im Oval Office zeigt: „Danke, Herr Präsident“ steht darunter. Grenell schrieb zwar nicht, wofür er sich bedankt – aber es darf vermutet werden, dass er den Job in Berlin meinte.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung