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Neuer Tarantino-Film„Über die Schande hinweggleiten“

Quentin Tarantinos neuer Film „Django Unchained“ verhandelt die Sklaverei. Das sei durchaus vergleichbar mit dem Holocaust, meint der Regisseur.

„Amerika ist für zwei Holocausts in seinem Land verantwortlich“: Quentin Tarantino. Bild: dapd

BERLIN taz | Kerry Washington berichtet von einem magischen Moment, der sich während der Dreharbeiten zu „Django Unchained“ ereignet hat. Viele Szenen des Films seien auf der Evergreen-Plantage entstanden, einer 250 Jahre alten Anlage im Bundesstaat Louisiana. Der Grundriss, Teile der Gebäude und der Baumbestand stammen aus der Zeit vor der Abolition.

Unter anderem wurde dort die Szene gedreht, in der Washingtons Figur, die flüchtige und wieder eingefangene Sklavin Broomhilda, ausgepeitscht wird. „Kurz bevor das Geräusch des ersten Peitschenschlags durch die Bäume fuhr“, sagt die 35-jährige Schauspielerin am Dienstag bei der Berliner Pressekonferenz zum Film, „verstummte die Natur. Die Grillen, die Vögel, alles war still.“

Die Peitschenhiebe sind nicht die einzige Gewalttat, die Broomhilda in „Django Unchained“ widerfährt. Ihr Gesicht wird mit einem Brandzeichen markiert; dass sie Freiwild ist, wenn es um die sexuellen Bedürfnisse der Aufseher geht, wird zwar nicht gezeigt, aber angedeutet, und in einer besonders fiesen Szene droht der von Leonardo DiCaprio gespielte Plantagenbesitzer, ihren Schädel zu öffnen und nachzuschauen, ob die Schädeldecke die Kerben aufweist, die in seinen Augen die naturgegebene Unterlegenheit und Servilität der Sklaven beweisen.

Tarantinos Film übt keine Zurückhaltung, wo er den zeitgenössischen Rassismus in Szene setzt; kein Wunder, dass man sich dessen Wucht nicht leicht vom Leibe halten kann. Die Ausflucht in Naturmystik bietet immerhin ein wenig Trost.

„Klatsch minus Tratsch de eh“

Quentin Tarantino sitzt in der Mitte des Podiums, eine Wollmütze auf dem Kopf, statt eines Jacketts trägt er ein dunkles Samtgewand. „Man soll die Brutalität sehen, mit der die Amerikaner die schwarzen Sklaven behandelt haben“, sagt er. „Wie es wirklich war, konnte ich nicht zeigen. Der Film wäre dann nicht zum Ansehen gewesen.“

Warum es so wenige Filme über Sklaverei gebe, möchte eine Journalistin wissen. „Weil Amerika Angst hat. Man will sich mit Sklaverei nicht befassen“, antwortet Tarantino. „Das mag in Deutschland befremdlich klingen, weil Ihr alle dazu gezwungen seid, euch wieder und wieder mit der Schande eurer Nation zu beschäftigen. Auch andere Nationen haben sich mit den Sünden der Vergangenheit auseinandergesetzt. Amerika aber ist es gelungen, darüber hinwegzugleiten wie auf Schlittschuhen. Sogar in der Schule – man lernt mehr über den Gold Rush als über Sklaverei.“

Wer an Tarantinos letzten Film „Inglourious Basterds“ zurückdenkt, dem mag sich die Frage aufdrängen, ob das, was die weißen US-Amerikaner den schwarzen angetan haben, mit dem vergleichbar sei, was die Nazis den Juden angetan haben. Tarantino sagt ohne Zögern: „Die knappe Antwort lautet: Ja.“ Er erinnert kurz an seine Cherokee-Wurzeln, bevor er fortfährt: „Amerika ist für zwei Holocausts in seinem Land verantwortlich: für die Ausrottung der indianischen Ureinwohner und für die Versklavung von Afrikanern, Jamaikanern und Westindern.“

Tieferschürfende Analysen sind nicht zu erwarten – eine Pressekonferenz mit 5 Stars und etwa 250 Berichterstattern ist kein Ort für kritischen Journalismus, eher eine Veranstaltung für Fans. Eine Frau, die hinter mir steht, während wir noch auf Einlass warten, sagt, sie komme von „Klatsch minus Tratsch de eh“, und ein junger Mann im dunkelbraunen Nerz, in Stiefeln mit Sporen und Westernhosen kokettiert damit, direkt aus einem Spaghetti-Western in den Konferenzsaal gekommen zu sein.

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28 Kommentare

 / 
  • T
    tomas

    herzlichen glückwunsch frau nord...,

     

    wenn Sie eine tiefgreifende analyse in einer pressekonferenz über einen kinofilm erwarten, bitteschön...!?!

    zumindest haben sie eine interresante debatte hier erzeugt,

    bitte selber mal lesen, können bestimmt auch Sie noch etwas

    lernen.

  • D
    Dante

    @Kamit

    So ganz unrecht hat Tommy nicht, weil in der Tat einige afrikanischen Eliten sich an die Sklaverei beteiligt hatten. Wobei Tommy irrt, ist bei der Analyse der primären Motivation dieser Beteiligung: Es ging dabei nicht um sich zu bereichern, sondern um feindliche Stämme zu schwächen oder los zu werden. Es gab ja vor der Ankunft des "weißen Mannes" schon einigen inneren Konflikten in vielen afrikanischen Königreichen. Manche Stammesführer oder Könige haben dann sehr wohl den transatlantischen Sklavenhandel benützt, um unliebsamen Gegner oder Kriegsgefangenen einfach los zu werden. Dass man dabei noch Geld verdienen könnte, war zynisch betrachtet, einen schönen Nebeneffekt.Und wenn Tommy schreibt: " Heutige Westafrikaner sind eher nicht die Nachfahren der Opfer des Sklavenhandels, sondern derer, die die Sklaven verkauft haben.", widerspricht er sich selbst, weil ja nur die Eliten sich daran beteiligt hatten und nicht das ganze Volk und die heutige gesellschaftliche Zusammensetzung der Nachfahren besteht ja nicht nur aus der früheren Eliten oder?

    Und die Sklaverei ist eigentlich nicht zum Erliegen gekommen, weil die Westeuropäer oder die Sklavenhändler das Leid der Afrikaner moralisch nicht mehr vertreten könnten, sondern sie war schlichtweg nicht mehr rentabel. Die Industrialisierung bahnte sich langsam ihren Weg in den großen Metropolen in Europa und Amerika. Anders formuliert: die Maschine ersetzte langsam der Mensch und es war halt profitabler. Klar, einigen zivilisatorischen Komponenten haben eine Rolle dabei gespielt, aber der Hauptmotor der Beendigung der Sklaverei war die Ökonomie.

  • T
    tommy

    @Kamit:

     

    Ist zwar vielleicht sinnlos, aber Ihren albernen Dritte-Welt-Geschichtsrevisionismus kann ich nicht unwidersprochen lassen. Natürlich wäre der transatlantische Sklavenhandel (15.-18. Jhdt.) ohne die aktive Mitwirkung von Afrikanern nicht möglich gewesen. Die Europäer hatten vor dem 19. Jhdt. nur einige Stützpunkte an der Küste, gingen kaum ins Landesinnere und waren stark von einheimischen Machthabern abhängig (die vom Sklavenhandel profitierten). Das Einfangen der zukünftigen Sklaven geschah im Allgemeinen im Rahmen von innerafrikanischen Kriegen (die natürlich in ihrem Ausmaß durch den Sklavenhandel befördert wurden, von daher tragen Europäer an ihnen eine Mitschuld, auch wenn sie selbst kaum in den Kriegen agierten); erst beim Verkauf der Sklaven an der Küste kamen dann die Europäer ins Spiel. Das ist Tatsache und von allen seriösen Sklavereihistorikern anerkannt.

    Und der Sklavenhandel wurde 1807 vom britischen Parlament verboten; in den 1830ern wurde dann die Sklaverei in den britischen Kolonien abgeschafft. Die Anti-Sklavereibewegung wurde maßgeblich von christlichen Briten getragen (über die Rolle von "Semiten", was immer Sie damit meinen mögen, ist mir nichts bekannt). Andere europäische Länder folgten (Dänemark z.B. schon sehr früh, vielleicht auch schon vor 1807, so genau weiß ich das gerade nicht). Ihr frankozentrisches Gerede über Victor Schoelcher ist von daher irrelevant, zumal Frankreich nach dem Verlust Haitis meines Wissens ohnehin nicht mehr allzu viele Kolonien mit profitabler Sklaverei hatte.

    Und da Sie so stolz auf Ihr Algeriertum sind: Wie erwähnt wurden in der frühen Neuzeit Hunderttausende, wenn nicht gar Millionen von Südeuropäern als Sklaven nach Nordafrika verschleppt (Algier war m.W. ein Zentrum der Menschenräuber). Wann kommt dafür eigentlich mal eine Entschuldigung?

  • K
    Kamit

    @tommy: du hast ja die europäischen Mythen gut integriert. Von wegen, die Afrikaner hätten sich gegenseitig an die Europäer verkauft, und der kluge Europäer hätte ja nur die Wünsche dieser afrikanischen Eliten befriedigt, etc. - Nonsens. Die Wahrheit ist schon länger recherchiert, scheint an dir und deinesgleichen ja rechts vorbei gerauscht zu sein. Wenn es dir hilft, stolz auf deine Rasse zu sein...trotzdem mal ein paar inputs, denn du sollst nicht dumm sterben: nicht die Europäer haben die Sklaverei beendet, sondern ein Semit, nämlich Victor Schoelcher, französischer Jude. Und das auch nur, weil das System sowieso kurz vor dem Zusammenbruch stand - es gab jedes Jahr zahlreichere Aufstände, und 1801 haben Sklaven es auch geschafft, die Europäer von einer Insel zu verjagen und haben ihre Republik ausgerufen (die sofort mit einem menschenverachtenden Embargo gestraft wurde, wie auch heute noch üblich in der europäischen bzw. weissen Politik). Victor Schoelcher hat es aber nur auf dem Papier geschafft, 1848 die Sklaverei abzuschaffen (für Frankreich) - in den Kolonien, die der Sklaverei folgten, gab es die Sklaverei noch bis die unterdrückten Völker sich gewaltsam von den Europäern befreiten. In Algerien, meiner Heimat, benutzte man dafür den Euphemismus "travail forcé" (Zwangsarbeit). Ich jammere aber nicht, denn uns Afrikanern geht es noch vergleichsweise gut, wir sind noch da, und wir entsinnen uns peu à peu unserer Kultur und unserer Geschichte (schwierig nach jahrhundertelangem Brainwashing). Wir werden, dessen bin ich mir sicher, Afrika wieder afrikanisieren, d.h. sie von allen europäischen (=aufgezwungenen)Elementen befreien, unsere Sprachen und Kulturen wiederbeleben. Traurig bin ich für Amerika - denn die autochtone amerikanische Kultur, sowie die amerikanischen Völker sind für immer verloren. DAS ist der grosse Unterschied zu allen anderen Genoziden, die du erwähnt hast.

  • T
    tommy

    @Manuel und andere

     

    Sicher hat der Sklavenhandel großes Leid über Afrikaner gebracht - was Sie aber natürlich vergessen zu erwähnen, ist, dass er ohne die Mitwirkung afrikanischer Eliten (die daran gut verdient haben) nicht möglich gewesen wäre. Etwas brutal und pauschal gesagt: Heutige Westafrikaner sind eher nicht die Nachfahren der Opfer des Sklavenhandels, sondern derer, die die Sklaven verkauft haben.

    Im übrigen wurden in der frühen Neuzeit auch eine nicht ganz unbedeutende Zahl von Südeuropäern (manche Schätzungen gehen sogar von ein paar Millionen aus) als Sklaven ins islamische Nordafrika verschleppt. Das hatte nicht das Ausmaß wie der transatlantische Sklavenhandel, hat aber doch zur Verwüstung und Entvölkerung mancher Küstengegenden in Südeuropa geführt. Käme deshalb jemand auf die Idee zu behaupten, dass Südeuropäer Opfer eines von Nordafrikanern verübten Genozids wurden? Wohl eher nicht und zwar zu Recht.

    Ganz allgemein muss ich sagen, dass das starke Augenmerk, das teilweise auf den transatlantischen Sklavenhandel und die Rassendiskriminierung in den USA gelegt wird, mir teilweise weniger von einem echten Bemühen um historische Erkenntnis geprägt zu sein scheint als von den identitätspolitischen Forderungen von "people of color". Der Sklavenhandel war ein monströses Verbrechen. Er ist aber a) nun doch schon geraume Zeit (200-150 Jahre) her und b) wurde er von den Europäern (die ihn, wenn sie gewollt hätten, ewig hätten weiterführen können) aus eigenem Antrieb beendet. Und was die Rassendiskriminierung und die Lynchmorde in den USA im frühen 20. Jahrhundert angeht: Sicherlich schlimm und gut, dass es sie in dieser legalisierten Form nicht mehr gibt, aber verglichen mit anderen Verbrechen im 20. Jahrhundert, sowohl gegen Schwarze (Belgisch-Kongo), Asiaten (Japans Verbrechen in Asien) als auch gegen Europäer (ok, das interessiert ja meistens nicht, wenn kümmern schon die ukrainischen oder weißrussischen Bauern, die von Kommunisten oder deutschen Besatzern hingemetzelt wurden?) dann doch eher trivial. Dass europäische Linke die Rassendiskriminierung in den USA zu einem Kernelement ihres Geschichtsdenkens gemacht haben - in dem andere Massenverbrechen nicht vorkommen - zeigt für mich nur, dass auch europäische Linke in ihrer Weltsicht ganz im Bann der USA stehen.

  • DM
    David Mirschlecht

    also liebe taz, ich weiß nicht, was ihr mir mit diesem Artikel sagen wollt.

     

    ich bin stolz auf euch, dass Ihr Eure journalistische Pflicht wahrnehmt und dort hingeht, wo es am dringensten notwendig ist: Da wo "klatsch-minus-tratsch-de" über tarantino filme spechen...

  • T
    tommy

    Ich glaube viele hier verwischen in unzulässiger Weise die Bedeutung des Begriffs "Genozid". Dass die Sklaverei brutal war, steht außer Frage (allerdings, das nur nebenbei, war sie auf den Karibikinseln brutaler als auf dem amerikanischen Festland; in der Karibik gab es horrende Todesraten, während die Sklavenbevölkerung auf dem Festland sich schließlich auch nach dem Stopp des Sklavenhandels Anfang des 19. Jhdts. stabilisierte und sogar durch natürliche Fortpflanzung wuchs). Es kann aber nicht die Rede von einer Absicht sein, Schwarze ganz oder auch nur in Teilen auszurotten (und das Abzielen auf physische Vernichtung macht das Wesen eines Genozids aus). Dies wäre ja sogar der Absicht der Sklaverei, nämlich dauerhaft billige (Zwangs-)Arbeitskräfte zu haben zuwidergelaufen. Das ist ein wichtiger Unterschied. Wenn hier dann noch geschrieben wird, die meisten Holocaust-Opfer seien "rehabilitiert" worden (was immer das heißen soll, Ermordeten dürfte es nicht mehr helfen...), zweifle ich ernsthaft am Denkvermögen mancher taz-Leser...

    @Die Kleine: Netter Versuch die horrende Verbechensrate schwarzer Amerikaner (über deren Ursachen man natürlich streiten kann) wegzureden; funktioniert aber nicht. Nicht nur nach Polizeiangaben, auch z.B. aus Befragungen von Verbrechensopfern geht eindeutig hervor, dass Afroamerikaner (als Gruppe, was natürlich über das Individuum nichts aussagt) wesentlich mehr Vebrechen pro Kopf als andere Gruppen begehen. Aber Tatsachen zu leugen (anstatt mit ihnen konstruktiv umzugehen), hat ja bei Linken System.

  • W
    Wiesend

    „Amerika ist für zwei Holocausts in seinem Land verantwortlich: für die Ausrottung der indianischen Ureinwohner und für die Versklavung von Afrikanern, Jamaikanern und Westindern.“

     

    Ich dachte der Holocaust ist eine geschützte jüdische Marke? Das gibt sicher noch Ärger mit den agressiveren Verträtern des auerwählten Volkes.

    Nicht das auch die Schwarzen noch Entschädigungen fordern oder die Nachfahren der Indianer.

  • A
    anke

    Gegenwart ist nicht vorstellbar ohne Vergangenheit. Auch die Gegenwart von gestern nicht. Und nicht die Gegenwart von morgen. Wer verstehen will, der muss vergleichen. Wer glauben will, der muss gleichsetzen (lassen).

  • K
    kleine

    @tommy Vielleicht behältst du deinen rassistischen Scheiß mal für dich. Afroamerikaner werden nur sehr viel häufiger kontrolliert als Weiße und daher auch öfter "erwischt". Des Weiteren verdienen Afroamerikaner auch in den USA tendenziell weniger als Weiße und sind eher von Armut betroffen, daher ist es nur logisch, dass sie das ein oder andere klauen, um überleben zu können.

     

    In den USA gibt es nun mal eine spezielle Sicht auf die Geschehnisse in der Vergangenheit. Ein Holocaust-Vergleich ist in Deutschland zu Recht eine Relativierung, aber nicht in den USA. Außerdem versucht Tarantino nur darauf aufmerksam zu machen, dass die Sklaverei eben nie anständig aufgearbeitet wurde und dafür muss mensch schon mal übertreiben, sonst interessieren sich die Leute nicht oder können sich die Schrecken von damals nicht vorstellen.

  • M
    Megestos

    @Tommy neuere historische Forschung weist eher darauf hin, dass die Rolle von Krankheiten bisher überbewertet wurde. Das Verhalten von angloamerikanischen (und französischen und iberischen) Siedlern war nicht bürokratisch-genozidal, aber der Prozess der allmählichen Vertreibung eines großen Teils der Amerindianer als Summe vieler, vieler kleiner lokaler Gewalttaten ist einem Genozid nicht unähnlich,

    vgl. etwa Norbert Finzsch: "Settler Imperialsm", publiziert in Journal of Genocide Research 10 (2008), 2.

     

    Auf die Einzigartigkeit des Holocaust hinzuweisen ist fast schon redundant, denn jedes historische Ereignis bzw. jeder historische Prozess ist Einzigartig. Selbstverständlich lassen sich aber Parallelen finden. Im kolonialen Amerika herrschte vielerorts eine Ideologie, die den Amerinindianern schlicht das Lebensrecht verweigerte, sie zu Ungeziefer erklärte - und auch entsprechende Taten nach sich zog. Pro-sklaverei-Argumente in den Südstaaten entzogen Dunkelhäutigen zwar nicht das Lebensrecht, hielten sie aber für Untermenschen, denen Untertanentum qua Natur lag. Rassismus gab es in den Nordstaaten zuhauf, aber der Unterschied ist, dass er in den Südstaaten institutionalisiert war und damit Millionen von Menschen das Leben zur Hölle machte. Man möge mich überzeugen, wieso diese beiden Fälle, in denen rassistische Ideologien furchtbare Gewalt gegen bestimmte Gruppen von Menschen begründen, nicht sinnvoll mit dem Holocaust verglichen werden können (d.h. sie sind nicht identisch, aber Parallelen existieren).

  • W
    Wolf

    Ob Holocaust, Genozid, Versklavung, strukturelle Gewalt, Lebensmittel- Spekulation, Landraub etc.- es läuft immer aus eines hinaus: Massenmord. Der zweite Weltkrieg forderte 56 Millionen Opfer. Das schafft unser modernes Wirtschafts- und Kriegssystem locker in einem Jahr. Ist DAS nicht einmalig? Ein Kind, das in Afrika oder Asien verhungert, wird ermordet. Aber wir brauchen ja ein Auto und drei Smartphones.

  • T
    Tarantatatatino

    Also diese Kommentare hier sind ma wieder der reinste Hammer. Da gibt endlich mal ein Amerikaner zu, welche Gräueltaten begangen wurden und wird direkt diskreditiert. Wie dumm sind die Leute eigentlich? Die Amerikaner haben es sogar geschafft die Indianer auszurotten, was beim Holocaust ja wohl eindeutig nicht funktioniert hat. Die paar Navajo Stämme, die eingepfercht in der Wüste leben braucht ihr gar nicht erst mitzuzählen.

  • K
    Kamite

    Völlig richtig. Der amerikanische Kontinent war ein riesiges Konzentrationslager für Afrikaner, denn das, was ein KZ ausmacht, war, dass jeder Weisse, sei er noch so zurück geblieben, über das Leben jedes Nicht-Weissen, sei er noch so anmutig, entscheiden konnte. Die, die daran zweifeln, dass die "Sklaverei" nichts anderes war als eine absolute Vernichtungsmaschine der Afrikaner, sollten mal Zeugenberichte lesen über die abscheulichen Morde (nie einfach nur eine Kugel im Kopf)an Afrikanern, nur weil letztere einer weissen Frau nicht "genügend Respekt entgegenbrachten" wie z.B. die Strassenseite zu wechseln, etc. Die "Sklaverei" war ein Holocaust, der 400 Jahre andauerte und ca. 300 Millionen Afrikanern das Leben kostete. Dagegen war der europäische Holocaust ein Urlaub - nur einige Jahre, wenige Millionen Opfer und totale Rehabilitation der Opfer (wohingegen die Opfer des amerikanischen Holocausts heute noch auf Anerkennung warten). Und was die Indianer angeht: vom Moment an, wo Kolumbus den Fuss auf dem Kontinent setzte, war die Intention der Europäer alle Ureinwohner zu vernichten, was sie in physischer Hinsicht fast und in kultureller Hinsicht gänzlich geschafft haben. Buchreferenzen auf Nachfrage.

  • L
    Luise

    Keine Frauenfüße ??? Tarantino wird wohl erwachsen!

    Aber recht hat er: VERGLEICHEN kann man alles. Man kommt dann nur oft zum Ergebnis, dass die verglichenen Dinge nicht gleich sondern verschieden sind. Und wie ist es im konkreten Fall?

    Das sogenannte Sklavenschiff, also der atlantische Dreieckshandel bedeutete für die als Handelsware betrachteten Schwarzafrikaner gewiss ebensolch einen Schrecken wie der Faschismus für die europäischen Juden. Und ebenso verhängnisvoll und nachhaltig wirkte sich dies auf Kultur und physischen Bestand der afrikanischen Völker und Stämme aus. Den wirklichen Unterschied macht die Zeit, in der das eine und das andere stattfand. Aber es ist völlig legitim und wohltuend, wenn ein US-Amerikaner dies als Holocaust sieht; letztlich hat er damit recht.

  • SK
    Serkan Küpeli

    Thommy du bist sehr pro amerikanisch eingestellt das kann mann aus deinem Kommentar sehr gut erkennen. Soll ich dir mal aufzählen was die Ku Klux Clan alles gemacht hat? Oder die Willkür der Amerikanischen Polizei gegenüber Schwarze!

     

    Man man man wie kann man nur mit solchen Scheuklappen durch die Welt laufen!

  • W
    Wolfram

    Ich hör´sie schon wieder, die Rufe der immergleichen Saubermänner: der Holocaust war einzigartig und wird es immer bleiben. Jedeweder Vergleich mit dem Holocaust hat zu unterbleiben. Genozid an Indianern, zu Tode gequälte Sklaven, Gulags, systematischer Entzug der Lebensgrundlagen von Palästinensern, Massenbombardierung deutscher Städte kurz vor Kriegsende, Hiroshima, u.v.m..... alles Pillepalle zum einzig whren Holocaust. Wie sollte man denn auch sonst ein Land bis ans Ende aller Tage erpressen können und U-Boote etc. für umme anfordern können?

  • M
    Manuel

    Der arme weiße Mann, stets missverstanden in seinem humanistischen Handeln und Denken.

     

    Wie kommt man nur dazu, das jahrhunderte lange systematische Verschleppen, Verkaufen, Verhungern lassen, Auspeitschen und Erhängen von schwarzen Menschen auf den Sklavenmärkten Europas und in den USA als Völkermord zu kennzeichnen? Ich frage mich, wieso die Welt dies nicht endlich als einen Akt der Menschlichkeit versteht, den wilden Buschmännern endlich die Überlegenheit der westlichen Kultur beizubringen.. Fragen sie nur mal das ebenfalls gänzlich missverstandene Aparthaids-Regime in Südafrika oder die Initiatoren der „humanirtären“ Lager, die in Australien für die Aborigines errichtet wurden... Leider nimmt die Diffamierung des weißen Mannes kein Ende, nein, es wird im Gegenteil immer schlimmer. Man fragt sich, weshalb schwarze Menschen gerade in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts überhaupt aufgestanden sind und gleiche Rechte eingefordert haben, müssten sie dem weißen Mann doch dankbar ergeben sein und ihm für seine zvilisatorischen Bemühungen huldigen. Vielleicht liegts ja daran, dass schwarze Menschen in ihrer Intelligenz genetisch benachteiligt worden sind, hat ja Sarrazin gesagt, und was dieser profunde Biologie von sich gibt, muss ja der Wahrheit entsprechen. Alles andere ist Rufmord. Auch das Problem mit der ausufernden Gewalt schwarzer Menschen in der heutigen USA, gerade in den sozialen Brandherden... Das muss der Hass der Schwarzen auf den weißen Mann sein, ganz eindeutig und unverstädnlich. Lasst uns auch bloß nicht weiter in diese Richtung nachdenken, wir könnten sonst noch der Wahrheit ein wenig näher kommen, und das will ich mir und meinem kleinbürgerlichen Denkapparat nicht zumuten...

     

    Warnhinweis: Dieser Beitrag könnte Spuren von Sarkasmus enthalten!

     

    P.S.: Anscheinend scheint Tarantino etwas irgendetwas richtig zu machen, schreien die Konservativen und Geschichtsleugner doch (zumindest hier) sehr hysterisch auf...

  • Z
    zensiert

    @tommy

    in welchem bezug meinst du, dass der film ja geradezu ein aufruf zum rassenhass sein kann? doch nicht etwa der schwarzen gegen die weißen?

    desweiteren meine ich, ist es etwas sehr naiv zu glauben, dass dieser film so platt ist, dass er afroamerikanischer, die es auf weiße abgesehen haben in ihren absichten bestärkt. diejenigen, die nich ganz klar im kopf sind machen es mit oder ohne film sowieso.

    wenn in der amerikanischen gesellschaft etwas gegen den schwarzweißhass getan werden kann, dann in der bildung. dieser film wird dazu beitragen, zu erinnern und aufzuklären!

  • M
    Michel

    "Was den Tarantino-Film angeht, kann ich nur sagen: Gefährlich! Der Film wird viele schwarze Amerikaner in ihrem Hass auf Weiße bestärken;.."

     

    -----------------

     

    Na dann verlange ich die Einstellung aller Holocaust-Filme, will ja nich, dass die Juden uns nich mehr leiden können!

     

    ;)

  • S
    Sowasaberauch

    Na,nana, Herr Tarantino: nach ihren Bastards sollten Sie aber wissen, dass die Deutschen immer "die besten und effizientesten" sein wollen. Auch im Schlechten. Kein guter Deutscher lässt sich den Titel des Genozidweltmeisters streitig machen. Und ebenso den im Bedauern. Was dem Alltagsrassismus auf wundersame Weise nicht im Wege steht.

    So sehr sich die Geschichte der Sklaverei und der Vernichtung der amerikanischen Völker vom Holokaust unterscheiden mögen, so basieren sie doch auf der Grundlage des Rassismus.

    Im südlichen Teil der Amerikas war die Vernichtung im úbrigen sehr wohl staatlich gelenkt (Spanien, Portugal) im nördlichen ging es weniger staatlich zu. Wenn sich aber die Damen Indianerinnen nicht verhewaltigen lassen wollten oder sich ein Stamm seiner Vertreibung widersetzte, entzog man ihnen privat organisiert die Lebensgrundlagen oder metzelte ohne Strafe befürchten zu müssen drauflos. Bei allzugrosser Gegenwehr wurde dann halt die Armee um Hilfe gerufen. Sei es nun die englische, französische oder später die eigene. Also durchaus auch staatlich gedeckt und legitimiert.

    In manchen Regionen Amerikas herrscht bis heute noch der Vernichtungskrieg oder wird wie in Chile oder México unter dem Deckmantel "Terrorbekämpfung" der indigenen Bevölkerung das Leben zur Hölle gemacht.

    Und nein, die USA haben nicht den deutschen Holokaust zu verantworten.

    Aber sich der eigenen Verbrechen zu schämen und die Geschichte aufzuarbeiten, offen, ehrlich, konsequent, würde auch den USA gut zu Gesichte stehen.

    Letztlich haben alle heutigen Einwohner der USA von der Sklaverei und vom Völkermord profitiert. Sogar Teile der damaligen Opfer. Wenn viele von ihnen bis heute Opfer geblieben ist. Obendrein sind die Nachkommen der direktesten Nutzniesser dieser Zeiten heute noch die reichsten und angesehensten Familien des Landes.

    Wieviele von denen haben ihre Geschichte aufarbeiten lassen und sich hingestellt "ja, meine Vorfahren waren abscheuliche Verbrecher, ja, mein Firmenimperium wurde aus Verschleppung, Raub, Ausbeutung, Sklaverei und Mord erschaffen"?

     

    Kein Mord lässt sich durch einen anderen aufrechnen.

    Daraus lässt sich aber auch schliessen, dass kein Leid nach einem solchen kleiner ist als das andere.

     

    Nein, estimados Alemanes, Ihr seid nicht die einzigen Monster auf diesem Erdenrund!

  • J
    Jonas

    "vergleichen" und "gleichsetzen" sind nicht dasselbe.

  • D
    Dante

    @tommy

    "Und die Sklaverei war ebenso bei all ihren Schrecken kein Genozid."

     

    Lieber Tommy, so wird erst mal Genozid oder Völkermord im Wikipedia definiert:

    "Gekennzeichnet ist er durch die spezielle Absicht, auf direkte oder indirekte Weise „eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“.

     

    Der afrikanische transatlantische Sklavenhandel war definitiv ein Völkermord. Ganze Landstrichen von den afrikanischen Küsten und später ins Landinnere wurden systematisch "leer geräumt". Mag sein, dass die westeuropäischen Sklavenhändler nicht vorhatten, ihre "menschlichen Warengüter" in die Gaskammer qualvoll umzubringen, sondern sie lieber auf die Baumwollplantagen bis zu Tode schufen zu lassen. Aber das "indirekte" Resultat gleicht ein Holocaust: Millionen Afrikaner überlebten nicht die Überfahrt in den "Todesschiffen", viele starben auch später an den Folgen der unmenschlichen Behandlungen auf die Plantagen und in der Gefangenschaft. Und die Folgen der Sklaverei hatte für vielen afrikanischen Gesellschaften (gekoppelt mit der späteren Kolonisierung Afrikas) verehrende Auswirkung.

    Klar, als Deutscher verbindet man historisch das Wort "Holocaust" nur an die "Singularität" der Ermordung der europäischen Juden, aber es gab leider in der Geschichte der Menschheit viele "Holocausts". Lesen Sie z. B. von Adam Hochschildt "Schatten über dem Kongo: Die Geschichte eines der großen, fast vergessenen Menschheitsverbrechen", dann werden Sie verstehen, was ich meine.

  • F
    Fritz

    Warum nicht? Handwerk gegen Industrie. Die Sklaverei hatte einen vernuenftigen Grund und der Holocaust nicht? Jedenfalls eine harte Frage. Vernichtung war nicht der Hauptzweck, der Sklave war ja Eigentum, die Menschenverachtung war aber jedenfalls vergleichbar. Oder war die Sklaverei nur die letzte Konsequenz des heiligen Kapitalismus? Ist es heute eigentlich wirklich anders? Was laeuft denn in Afghanistan?

  • P
    PeterWolf

    Das alte Missverständniss: man kann alles mit allem VERGLEICHEN !

    Sehr wohl eben Äpfel mit Birnen oder den Holocaust mit der Sklaverei.

    Aber eben nicht GLEICHSETZEN.

    Hat Taratino ja auch nicht gemacht.

    Beim VERGLEICHEN kann man aber nicht nur Unterschiede feststellen, sondern auch Gleichheiten. Zum Beispiel Rassismus.

    Gab's/gibt's nämlich nicht nur hier.

    Aber da kann man auch gleich mit einer Wand reden, diejenigen, die es wirklich angeht, hören eh nicht zu.

  • N
    nix

    Skaverei und Holocaust sind und bleiben zwei paar Schuhe.

    Aber über so etwas rege ich mich nicht auf, und da Tarantino kein Deutscher ist, wird hier auch sonst niemand das übliche Affentheater veranstalten.

     

    Blieben die eigentlichen Fragen, die wohl niemand gestellt hat:

     

    Ob 2:45h nicht ein wenig viel Zeit für so wenig Film ist. Der Streifen ist nämlich stellenweise irgendwie Kaugummi.

     

    Oder ob er, nach Juden als Helden und Schwarzen als Helden, seinen nächsten Film vielleicht in Afghanistan spielen lassen möchte?

     

    Oder warum es in diesem Film keine Frauenfüsse zu sehen gab.

     

    Oder, oder, oder .....

  • T
    tommy

    "Amerika ist für zwei Holocausts in seinem Land verantwortlich: für die Ausrottung der indianischen Ureinwohner und für die Versklavung von Afrikanern, Jamaikanern und Westindern"

     

    Das ist doch Unsinn; das Schicksal der amerikanischen Ureinwohner ist zwar furchtbar, aber von einer gezielten genozidären Absicht kann im Allgemeinen nicht die Rede sein; für einen Großteil der Todesfälle waren wohl aus Europa eingeschleppte Krankheiten verantwortlich, die schon im 16./17. Jahrhundert viele nordamerikanische Indianer töteten, oft ohne, dass diese jemals einen Europäer gesehen hatten. Im übrigen ist die Geschichte vieler Indianervölker komplizierter; es gab sogar einige, die die europäische Lebensweise annahmen, schwarze Sklaven hielten und im Bürgerkrieg auf Seite der Konföderierten kämpften...

    Und die Sklaverei war ebenso bei all ihren Schrecken kein Genozid.

    Was den Tarantino-Film angeht, kann ich nur sagen: Gefährlich! Der Film wird viele schwarze Amerikaner in ihrem Hass auf Weiße bestärken; Hauptdarsteller Jamie Foxx hat ja auch schon gesagt, dass es das Coolste gewesen sein, dass in dem Film alle weißen Charaktere sterben. Angesichts der überproportional hohen Verbrechensrate unter Afroamerikanern, die sich auch immer wieder in brutalen Gewaltverbrechen gegen weiße Amerikaner äußert, ist das fast schon ein Aufruf zu Rassenhass und Hassmorden.

  • U
    Ute

    "Das sei durchaus vergleichbar mit dem Holocaust"

     

    na, wenn das mal keinen Ärger gibt.

    Wo soll das auch hinführen, wenn auch auf andere Scheinereien aufmerksam gemacht wird,

    und dann noch die, die mit dem Namen der USA verbunden sind.