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Neuer Staatssekretär im KanzleramtDer Chef der Spione

Klaus-Dieter Fritsche kommt aus dem Geheimdienst und nun soll er die Geheimdienste kontrollieren. Er wird Staatssekretär im Bundeskanzleramt.

Kennt Verfassungsschutz, BND und Militärischen Abschirmdienst: Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Mann ist wie geschaffen für den Job. Wenn Klaus-Dieter Fritsche seinen Posten als Staatssekretär antritt, dann erfüllt sich auf wundersame Weise eine Weisung der Bundeskanzlerin. Knapp zwei Wochen ist es her, dass Angela Merkel ankündigte, sie wolle die Geheimdienste an die Leine legen und habe dazu eigens einen neuen Staatssekretär ins Bundeskanzleramt berufen. Ausdrücklich wies sie darauf hin: „Das ist eine Konsequenz aus der NSA-Angelegenheit“, und, kurzes Zögern: „oder -Affäre“.

Affäre hin, Angelegenheit her: Mit ihrer Personalentscheidung demonstriert die Kanzlerin Entschlossenheit. Denn der sechzigjährige Fritsche kennt den Apparat, er kommt aus dem Apparat und er dient dem Apparat. Seine politische Karriere startete der Jurist aus Bamberg, als er vor vielen Jahren vom Verwaltungsgericht in Ansbach zur CSU-Landesgruppe des Bundestages wechselte, deren Referent er wurde.

Innere Sicherheit kennt Fritsche aus dem Effeff. Von 1993 bis 1996 war er Büroleiter des bayerischen Innenministers Günther Beckstein. Von Oktober 1996 bis November 2005 stand er als Vizepräsident an der Spitze des Kölner Bundesamtes für Verfassungsschutz. Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst sind ihm bestens vertraut. Schließlich war er vom Dezember 2005 bis zum Dezember 2009 als Geheimdienstkoordinator für die Schlapphüte zuständig. Seitdem ist Fritsche beamteter Staatsekretär im Innenministerium in Berlin.

Der Vater von vier Kinder gilt als penibel und als gewiefter Stratege, der mit seinen Überzeugungen nicht hinter dem Berg hält. So bezeichnete er vor sechs Wochen auf der Herbsttagung des BKA in Wiesbaden die Internetwährung Bitcoin und das Tor-Netzwerk als „Unterschlupf für Kriminelle“. Der Mann versteht auch Vorratsdatenspeicherung: Um der Kriminalität im Internet Herr zu werden, brauche es „nicht nur Verkehrsdaten, sondern auch Inhalte von E-Mails“.

Die Personalie hat was: Ein Geheimdienstler soll die Geheimdienste kontrollieren. Geschickt.

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7 Kommentare

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  • U
    ungeschminkt

    Deutschlands Gesellschaft steht unter (geistiger) Kontrolle!

     

    Der deutsche Geheimdienst und jede deutsche Bundesregierung - im realen staatsmonopolistischen Kapitalismus und Imperialismus der Bundesrepublik Deutschland - hat ausschließlich die ökonomischen, geopolitischen, militärischen und ideologisch-gesellschaftspolitischen Interessen der - objektiv herrschenden - deutschen Finanzbourgeoisie und Monopolbourgeoisie zu bedienen und durchzusetzen! -

     

    Dies gilt ebenso für alle sozialpartnerschaftlichen, kirchlich-religiösen, stiftungspolitischen, gewerkschaftlichen und bildungspolitischen Einrichtungen (staatlichen und privaten) in der BRD.

     

    Aufwachen, brave deutsch-europäische Michels! (?)

  • Wahlbetrug? Nein. Die Kanzlerin setzt wie angekündigt ihre Agenda um. Ihr Ziel ist die wirtschafts-konforme Demokratie. Es war Ende 1998, als Helmut Kohl wichtige Verträge zur WTO unterschrieb. Merkel will diese (geheim-)Verträge mit Leben füllen. Dazu muss das Land befriedet sein. Fritsche ein Schlapphut? Anders als in Russland fühlt man sich den Regierenden verpflichtet. Bei 80% für die Regierungsparteien, braucht die Opposition keine Einblicke.

  • L
    Lowandorder

    Aber, aber Herr Gast - wer wird denn gleich in die Luft gehen?

     

    Schlimmer geht immer.

    Insider zu Überwachern.

    Hat doch Tradition.

     

    Der Hohe Norden machte einen dieser Vielzweckwaffen, weil's zum VG-Präsidenten selbst seinen Parteifreunden nicht gelangt hatte, zum Oberschlappi und - Peterprinzip ala HänschenkleinFriedrich - sodann zum Verfassungsgerichtspräsidenten.

     

    Also - da ist noch Luft nach oben.

    Oberschlappi Maaßen - seit der Steinmeier/Kurnaz-Affäre ja als Spitzenjurist ausgewiesen - und

    - ja genau - Voßkuhle macht nicht ewig den Präsi in Karlsruhe - Sie sehen, da geht noch ganz anderes, gell;

    warten wir's ab.

  • Dieser vermeintliche Coup, mit dem die Bundeskanzlerin den Bock zum Gärtner gemacht hat, ist meiner Meinung nach keineswegs "geschickt". Zusammen mit der Ernennung der "Datenschutzbeauftragten" Voßhoff, die als Wahlverliererin einen Versorgungsposten erhalten hat, zeigt die Bundeskanzlerin Merkel erstmals drastisch, dass ihr "das Wohl des Volkes" herzlich egal ist und sie keineswegs "Schaden von ihm wenden" will. Das wird sich bitter rächen - spätestens bei der nächsten Wahl.

  • S
    Surfer

    Der Glosse fehlt der Biss. Sie wirkt nicht mal wie eine Glosse. Und doch muss es eine sein, denn das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein.

  • Sie feiern hier einen kalten Krieger vom Schlage Friedrichs. Dafür wurde die taz nicht gemacht.

  • D
    Demokratiedämmerung

    Die Koalition von SPD und CDU ist letzlich Betrug am Wahlvolk, weil sie vor der Wahl ausgeschlossen wurde.

    Und dafür ist nicht nur Herr Steinbrück verantwortlich, sondern auch das war eine Parteientscheidung der SPD-Spitze( inklusive Gabriel und Nahles).

    Mich würde interessieren, werden all die MinisterInnenposten vorrangig von Frau Merkel verteilt oder nicht, denn das würde letzlich auch gegen das Demokratiegebot verstoßen.

    Der Geheimdienst sollte natürlich keine Einsicht auf die Inhalte der emails nehmen dürfen. Denn von Einsicht in Inhalte von emails bis zur Manipulation von emails zum Unterstellen von Straftaten, ist es nur ein kleiner Schritt.

    Es ist ein schwerwiegender Eingriff in die Geschäftsfähigkeit der Menschen, ihre demokratische Selbstbestimmung und Souveranität.

    Es ist immer wieder traurig zu sehen, dass manche Menschen sich für umfassend kompetent halten und glauben mit diktatorischen Befugnissen, den Staat perfekt machen zu können.

    Diese Grunddummheit wird wohl nie abzustellen sein, es müsssen erst immer wieder neue Katastrophen, hervorgerufen aus Allmachtmaximierung, eintreten, um diese KarrieristInnen mit Götterkomplex und Prädikatsexamen/Superabi/Narzissmusstörung eindämmen zu können.

    Die Ernennung von Andrea Vosshoff läßt auch auf eine Demokratiedestruktionsbegierde der politischen Führung spekulieren,

    auf die Möglichkeit von Vertuschung, Verheimlichung auf viele negative

    Nachrichtenereignisse. Vielleicht braucht es die TerroristInnen, um die

    eigene Allmacht ausbauen zu können, vielleicht wird man nur als

    Verfügungsmasse betrachtet. Wer kann es wissen?