Neuer Schrecken: Alice Cooper klassisch: Schockmomente mit Streichern
Dahin verschwinden also altgediente Hardrocker: Am Dienstag darf man den Schocker Alice Cooper bei „Rock Meets Classic“ bewundern.
A ha, schau an, Alice Cooper kommt, den gibt es also auch noch, dachte ich mir, als ich eine Werbung für sein Konzert in Berlin erblickt habe. Doch halt! Ist gar kein Konzert von ihm. „Rock Meets Classic“, heißt es vielmehr am Dienstag im Tempodrom. Und als Headliner beglückt uns in diesem Rahmen doch tatsächlich Alice Cooper.
Dahin verschwinden also altgediente Hardrocker, zu „Rock Meets Classic“.
Aber wer bitte schön ist weiter entfernt von der Klassik als der Mann, der so aussieht, als sei für ihn jeden Tag Halloween? Der Schockrocker, berühmt für seine Gruselshows und für den Abi-Party-Hit „School’s Out“, stellt eigentlich das genaue Gegenteil zum distinguierten Klassikbetrieb dar.
Der ewige Outsider Alice Cooper rächt sich an der Oberschicht, indem er ihr was nimmt, was ihm eigentlich gar nicht zusteht, vielleicht geht’s ja auch darum. Oder darum, dass die „Rock Meets Classic“-Veranstalter durch die Wahl ihres sehr markanten Headliners klar machen wollen, dass sie bei ihrer Klassifizierung wirklich vor nichts und niemandem Halt machen werden.
Symphonisch angeschobener Rock
Schon eine Woche nach Alice Cooper samt Orchester heißt es am 18. März im Admiralspalast „Symphonic Rock in Concert“ und das Orchester Neue Philharmonie Frankfurt spielt Stücke von Queen bis Led Zeppelin. Oder „The Final Countdown“ von Europe ertönt, endlich einmal begleitet von ordentlichen Streichern.
Das ist dann wohl die etwas gemäßigtere Variante zu „Rock Meets Classic“. Die Musik dieser Bands nennt man ja eh schon Classic Rock, da kann man den „Rock“, trifft er auf das Streichorchester, auch einfach weglassen.
Klassik vermischt sich eher subtil mit Pop, das war bis vor Kurzem ja eigentlich noch ein echter Trend, hat aber eher wenig mit dem Brechstangenprinzip von „Rock Meets Classic“ gemein. Berühmte Technoproduzenten wie Jeff Mills oder Carl Craig haben sich schon daran versucht. Und eine ganze Generation von Musikern, die die Unterscheidung zwischen E und U nicht mehr treffen wollen. Neoklassik nennt sich das dann. Während diese sich langsam tot zu laufen scheint, weil sie viel zu oft beliebig und seicht klingt, scheint es mit der Rockklassik ganz offensichtlich gut zu laufen.
Ganz neu ist das Ganze freilich auch nicht. In den Siebzigern gab es das schon einmal, dass Rockmusiker den Beethoven in sich entdeckten und auf Klassik machten. Ganze Platten erschienen damals, auf denen das Orchester eine E-Gitarre zu begleiten hatte. Bands wie Deep Purple oder Emerson, Lake & Palmer gehören hier zu den Schuldigen. Irgendwann kam dann der Punk und es war vorbei mit diesen Spielereien.
Eine Hoffnung habe ich noch. Nämlich die, dass Alice Cooper trotz all der Klassik noch etwas für sein Image tut. Der Mann, dessen berühmtester Programmpunkt auf seinen Konzerten die Selbstenthauptung durch die Guillotine ist, könnte doch sicherlich noch einen Showgag rund um das Coronavirus einbauen. Vielleicht eine Selbstinfizierung live auf der Bühne. Und dazu einen Tusch von den Streichern im Orchestergraben.
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