Neuer Preis in der Pop-Musik: Nicht mehr nur Helene Fischer
Mit dem „Preis für Popkultur“ wird erstmals eine nationale Auszeichnung vergeben, bei der nicht nur der kommerzielle Erfolg zählt.
Wenn man bislang hierzulande von einem bedeutenden nationalen Musikpreis sprach, so konnte man nur den Echo nennen. Jahr für Jahr ehrt die Musikindustrie mit diesem Preis die verkaufsträchtigsten Acts – also Helene Fischer, Helene Fischer und Helene Fischer. Der Frust darüber, dass es im deutschen Pop keinen nennenswerten Award gibt, der andere Kriterien als den kommerziellen Erfolg berücksichtigt, nahm zuletzt zu.
Jetzt kommt Bewegung in die Sache. Mit dem „Preis für Popkultur“ wird erstmals ein nationaler Jurypreis im Bereich Pop vergeben, bei dem Relevanz und künstlerische Inhalte entscheidend sein sollen. Die erste Preisverleihung soll am 9. September im Berliner Tempodrom über die Bühne gehen, auftreten sollen unter anderem der Hip-Hop-Künstler Casper und der New-Wave-Musiker Drangsal; moderieren wird Bernd Begemann. Bei der Vorstellung am Donnerstag in Berlin verkündete Begemann, der Echo sei schließlich zuletzt „einer Kulturnation nicht würdig“ gewesen.
Vergeben wird der Preis von einem eigens gegründeten Verein zur Förderung der Popkultur, dem derzeit rund 300 Mitglieder angehören. Darunter sind Labelbetreiber, Musiker, Kulturjournalisten, Promoter und Konzertveranstalter. Mitglied und damit stimmberechtigt kann jeder werden, der im weitesten Sinne in der Pop- und Kulturbranche tätig ist. Im Vorstand sitzen etwa Ex-Spex-Chef Torsten Groß, Anne Haffmans (Domino Recordings) und Musikunternehmer Götz Gottschalk, der Joy Denalane und Max Herre managt.
Das Interesse an einer Echo-Alternative ist groß
Dass auch das öffentliche Interesse an einer Echo-Alternative groß ist, konnte man daran ablesen, dass zur Pressekonferenz rund 100 Leute gekommen waren. Götz Gottschalk erklärte: „Popularität und Erfolg sind nur fragmentarische Kriterien, wenn es um die Bewertung von Musik geht“ – nun wolle man die entscheiden lassen, deren täglich Brot das Musikgeschäft sei. Dass es dabei auch um die Stärkung der Indie-Kultur geht, daran ließ er wenig Zweifel: „Die kleinen Pflänzchen sollen auch eine Chance haben bei uns.“
Nominiert für den „Preis für Popkultur“ werden deutsche Künstler und solche, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben. In zwölf Kriterien (etwa „Lieblingsband“, „Lieblingslied“) gibt es Awards. Die Stimmberechtigten können bei einer umfangreichen Liste – beim „Lieblingsalbum“ sind rund 230 Werke wählbar – in jeder Kategorie eine Stimme abgeben.
Mauscheleien will man mit strikten Regelungen vorbeugen: So darf eine Firma maximal 7 Prozent der Mitglieder stellen. Angestrebt ist, die Mitglieder transparent aufzulisten – allerdings müssten erst alle ihr Okay geben. Ein hehres Vorbild hat der „Preis für Popkultur“ auch: den unter Musikern begehrten Mercury Prize aus Großbritannien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Pro und Contra
US-Präsident Biden hat seinen Sohn begnadigt – richtig so?
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld