Neuer Präsident des Verfassungsgerichts: Der Voßkuhle-Nachfolger
Der Anwalt und CDU-Politiker Stephan Harbarth tritt sein neues Amt in Karlsruhe an. Umstritten ist er wegen seiner Nähe zu VW.
Stephan Harbarth gilt als Spitzenjurist. Bereits als Student in Heidelberg und an der US-Elite-Uni Yale hat er herausragende Ergebnisse erzielt. Als Anwalt spezialisierte er sich auf Aktien- und Gesellschaftsrecht.
Doch Harbarth war immer auch ein politischer Mensch. Schon mit 15 trat er in die Junge Union ein. Ab 2009 vertrat er den Rhein-Neckar-Kreis im Bundestag. Ab 2016 war er stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Der verheiratete Familienvater von drei Kindern ist katholisch und gilt als konservativ. Zum Beispiel stimmte er im Bundestag gegen die Einführung der Ehe für alle. Zugleich wurde er im Parlament aber als sachlich und ausgleichend gelobt, auch von Kollegen der Opposition.
Im November 2018 wurde Harbarth eher überraschend zum Richter am Ersten Senat des Bundesverfassungsgericht gewählt. Kanzlerin Merkel soll sich für den zurückhaltend-verbindlichen Harbarth eingesetzt haben, obwohl er kaum Erfahrung mit Verfassungsrecht hatte. Damals wurde er sofort auch zum Vizepräsidenten des Gerichts gewählt. Damit war klar, dass Harbarth 2020 zum Nachfolger von Präsident Voßkuhle aufsteigen werde.
Nähe zur Automobilindustrie
Harbarths Amtszeit begann mit ungewöhnlich viel Misstrauen. Immer wieder gab es Nadelstiche wegen seiner vorigen Anwaltstätigkeit und einer befürchteten zu großen Konzernnähe. Es gab sogar mehrere Klagen am Bundesverfassungsgericht, unter anderem von Ex-AfD-Chefin Frauke Petry, die aber alle mangels individueller Betroffenheit abgelehnt wurden. Die Kritiker machen im Kern nur geltend, dass Harbarths ehemalige Kanzlei SZA (Slogan „Zu uns kommen Konzerne“) im Dieselskandal VW vertritt und Harbarth in seiner Zeit als Anwalt mit seinen Wirtschaftsmandaten extrem gut verdient hatte.
Die Vorstellung, ein Konzern könne in Karlsruhe einen genehmen Verfassungsrichter installieren, ist aber recht abwegig. Denn auch der Gerichtspräsident hat in der Abstimmung nur eine Stimme. Wer den Verdacht erweckt, er vertrete fremde Interessen, würde bei den Richterkollegen schnell jeden Respekt verlieren und bliebe isoliert und einflusslos.
Das Gleiche gilt auch für die Parteipolitik, die zweite vermeintlich offene Flanke von Harbarth. Auch wenn er bis 2018 ein einflussreicher CDU-Politiker war, musste er nun in Karlsruhe neu beginnen. Er ist aber nicht der erste Gerichtspräsident, der vorher Politiker war. Auch Ernst Benda, Roman Herzog und Jutta Limbach hatten vorher Regierungsämter inne. Sie gelten inzwischen als herausragende Richterpersönlichkeiten.
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