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Neuer Nationaltrainer über DBB-Team„Ich lebe mit dem Druck und liebe ihn“

Nach drei erfolgreichen Turnieren hat das deutsche Basketballnationalteam einen neuen Coach: Álex Mumbrú. Und der will unbedingt Europameister werden.

Basketballstar Dennis Schröder (l.) mit seinem neuen Trainer Álex Mumbrú beim Freundschaftsspiel gegen Slowenien am 10. August Foto: IMAGO / camera4+
Interview von Marc Tawadrous

taz: Herr Mumbrú, viele kennen Sie noch nicht. Können Sie sich bitte vorstellen?

Mumbrú: Ich heiße Álex Mumbrú, habe 21 Jahre selbst Basketball gespielt und in Spanien alles gewonnen, was man gewinnen kann. Mit der spanischen Nationalmannschaft haben wir Gold, Silber und drei Mal Bronze gewonnen und nach meiner Karriere bin ich Trainer geworden. Zuerst in Spanien und jetzt für die deutsche Natio­nalmannschaft.

taz: Was war Ihre Reaktion, als Sie angefragt wurden?

Mumbrú: Ich habe sofort Ja gesagt. Der deutsche Basketballbund ist eine fantastische Organisation und deutscher Basketball an sich auch international wichtig. Die Jungs sind so tolle Spieler und auch Weltmeister, da muss man nicht lange drüber nachdenken, ob man sie coachen will.

Bild: IMAGO / Eibner
Im Interview: Álex Mumbrú Murcia

Geboren 1979 in Barcelona, spielte von 1997 bis 2018 für verschiedene spanische Profivereine sowie mehrere Jahre in der spanischen Nationalmannschaft. Seit 2024 ist er Trainer des DBB-Teams der Männer.

taz: Was für eine Art Trainer sind Sie denn?

Mumbrú: Ich möchte schnell spielen, der Ball soll geteilt werden und es soll gerannt werden. Außerdem liebe ich harte Verteidigung. Manche Teams machen das nicht, sie denken nur ans Werfen. Das mag ich nicht. Wir müssen als Team spielen und ich will diese Chemie im Team weiter ausbauen und genießen.

taz: Verfolgen sie auch anderen Sport und was schauen Sie sich davon ab?

Mumbrú: Ich schaue fast alle Sportarten und versuche immer, auch etwas für mein Coaching mitzunehmen. Besonders, wenn’s um die Themen Teamchemie und Umgang zwischen Trainern und Spielern geht. Sonst schaue ich natürlich viel Basketball, eigentlich immer, und verfolge natürlich besonders die deutschen Talente überall auf der Welt.

taz: Was fasziniert Sie am Basketball so?

Mumbrú: Basketball ist mein Leben. Ich habe mit sieben Jahren angefangen und bin jetzt 46. Ich liebe alles an diesem Sport. Innerhalb von einer Minute oder manchmal nur zwei Sekunden kann sich alles verändern. Man kann so schnell gewinnen oder verlieren, es hängt ganz viel von diesen kleinen Momenten ab. So etwas gibt es nur im Basketball.

taz: Mit Blick auf die NBA fehlen Ihnen leider ein paar Spieler. Wie schwer ist der Verlust dieser Qualität?

Mumbrú: Wir sind leider auf der Center-Position wegen der ganzen Ausfälle nicht komplett besetzt. Moritz Wagner, Isaiah Hartenstein und Ariel Hukporti fehlen da und auch Maxi Kleber ist nicht dabei. Wir haben aber andere herausragende Spieler, denen ich vertraue und denen das ganze Team vertraut. Ich glaube an dieses Team und wir arbeiten hart, um ganz oben mitzuspielen. Aber wir müssen besonders jetzt am Anfang alles Schritt für Schritt angehen.

taz: Trotzdem sind bei Ihnen und bei den anderen Teams viele NBA-Spieler dabei und das, obwohl sie sich verletzen könnten und dann in der NBA ausfallen würden. Warum ist das so?

Mumbrú: Viele Spieler haben einfach eine sehr enge Verbindung zu ihren Nationalteams. Und der europäische Basketball ist in den letzten Jahren einfach sehr interessant und auch nochmal viel besser geworden. Deshalb kommen viele und das ist auch einfach toll für den europäischen Basketball.

taz: Verfolgen Sie auch den deutschen Nachwuchs? Viele davon sind ja auch auf amerikanischen Colleges.

Mumbrú: Natürlich, und wir stehen auch mit einigen in Kontakt. Anderson Jr., unser jüngster Spieler im Trainingslager, ist auch momentan auf dem College. Für die meisten ist es aber sehr schwer, während der Collegezeit hierherzukommen. Aber ihre Zeit wird kommen. Sie sind Teil der Zukunft des deutschen Basketballs.

taz: Sie haben Ihr Team jetzt schon ein bisschen kennengelernt. Wie würden Sie sie beschreiben?

Mumbrú: Wir haben einen unglaublich hohen Spiel-IQ und wissen einfach, wie wir guten Team-Basketball spielen können. Das ist als Coach einfach toll. Die Jungs spielen auch eine harte Verteidigung und haben einfach eine unglaubliche Chemie innerhalb des Teams. Das zeigt sich auf, aber auch abseits des Platzes.

taz: Gibt es auch Ego-Probleme bei so vielen Star-Spielern?

Mumbrú: Die gibt es immer. Jeder hat ein Ego, das er bedienen will. Aber besonders bei Teamsportarten ist es wichtig, das Ego in den Dienst des Teams zu stellen. Wenn das geschieht, ist alles gut, und dass das Team das kann, hat es ja schon oft gezeigt.

taz: In drei Wochen beginnt die Europameisterschaft und Sie und das Team sind gerade im Trainingscamp. Wie bereiten Sie sich denn auf das Turnier vor?

Mumbrú: Wir lernen uns gerade erst kennen. Die letzten Jahre hat Coach Herbert einen unglaublichen Job gemacht und konnte die Jungs stetig auf das jeweils nächste Turnier vorbereiten. Ich bin jetzt neu und wir müssen uns aufeinander einstellen. Ich habe ein paar neue Ideen und Spielzüge, die ich implementieren will. Das braucht alles ein bisschen, aber wir schaffen das bis zum Beginn der EM.

taz: Wer ist denn der gefährlichste Gegner?

Mumbrú: Ich habe absoluten Respekt vor allen Teams und glaube, dass jedes Spiel schwierig werden kann. Um Meister zu werden, muss man einfach sehr, sehr oft am Stück gewinnen, das ist tough. Trotzdem ist Serbien mit ihrem NBA-Star Nikola Jokić natürlich ein Gegner, auf den man schaut und auf den man sich vorbereitet.

taz: Nachdem das Team die letzten Turniere so erfolgreich war, gibt es auch einen enormen Druck. Wie gehen Sie damit um?

Mumbrú: Diesen Druck spüre ich, seitdem ich 18 bin und professionell spiele. Bis jetzt. Ich lebe mit dem Druck und liebe ihn. Ich spüre ihn in jedem Wurf, in jedem Spielzug und jedem Spiel. Aber ich mag das und dieses Team mag das auch. Druck hat man nur, weil jemand etwas von einem erwartet. Und dann gibt man einfach 100 Prozent. Wenn man das tut, dann kann es gut ausgehen, aber es kann auch trotzdem schlecht ausgehen, das ist beides okay. Wir spielen mit 100 Prozent, das ist unser Druck.

taz: Ganz ehrlich: Glauben Sie, Deutschland wird Europameister?

Mumbrú: Natürlich glaube ich das. Wenn wir das nicht tun würden, würden wir nicht zur EM fahren. Aber auch Spanien, Frankreich, Serbien und die Türkei glauben das. Trotzdem glauben wir alle, dass wir die Besten sind. Dafür arbeiten wir so hart.

taz: Was würden Sie Zuschauern gerne sagen, die bei der EM zum ersten Mal Basketball schauen werden?

Mumbrú: Genießt es einfach! Basketball ist wirklich eine sehr, sehr, sehr gute Sportart.

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