Neuer Kaiser in Japan: Die neue Ära „Reiwa“
Mit Kaiser Naruhito beginnt in Japan ab dem 1. Mai eine neue Zeitrechnung: Vorbei mit Heisei (Frieden schaffen), Zeit für Reiwa (Glückliche Harmonie).
Die TV-Experten diskutierten eifrig, bis Regierungschef Shinzo Abe Licht ins Dunkel brachte. „Reiwa bedeutet, dass eine Kultur geboren wird und wächst, wenn die Menschen auf schöne Weise zusammenkommen und füreinander sorgen“, las der Premier vom Teleprompter ab. Wie die Blüte könne auch die Zukunftshoffnung aufgehen. „Das ist der beste Name, um unsere Hoffnung für die neue Ära zu zeigen“, meinte Abe.
Dass der Name solche Poesie in sich birgt, könnte daran liegen, dass die beiden Schriftzeichen aus einem Gedicht über die Pflaumenblüte stammen, das in Japans erster Gedichtsammlung aus dem 8. Jahrhundert steht. Hinter der schönen Poesie steckte also eine unschöne nationalistische Botschaft. Alle vorigen 247 Epochen-Namen wurden nämlich in Literaturklassikern aus China gesucht. Auch die Tradition der Ära-Namen übernahm Japan aus China. Damit drückten die Himmelskaiser aus, dass sie auch die Zeit beherrschten. Den Bruch mit der Tradition begründete der rechtskonservative Abe damit, dass auch Japan zeitlose Werte hätte.
In den vier Wochen bis zur Abdankung von Kaiser Akihito am 30. April und dem Ende seiner Amtszeit Heisei (Frieden schaffen) müssen Japans Behörden und Unternehmen nun ihre Software und Formulare auf Reiwa vorbereiten. Der große Aufwand ist ein Grund, warum manche die Namenstradition ablehnen. Andere Kritiker halten die Epochennamen prinzipiell für unzeitgemäß. Schließlich wurde der Kaiser durch die Nachkriegsverfassung vom imperialen Herrscher zum „Symbol von Staat und nationaler Einheit“ degradiert. Seitdem herrscht das Volk und die Zeitrechnung sollte sich nicht mehr nach dem Kaiser richten. Aber der Einwand wurde auch diesmal überhört.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Obergrenze für Imbissbuden
Kein Döner ist illegal
Wahl in den USA
Sie wussten, was sie tun
Streitgespräch über den Osten
Was war die DDR?
Lehren aus den US-Wahlen
Wo bleibt das linke Gerechtigkeitsversprechen?
Ausschreitungen in Amsterdam
Ein hitziges Nachspiel
SPD nach Ampel-Aus
Alles auf Olaf