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Neuer FlughafenchefPolitiker zu Managern

Mit Engelbert Lütke Daldrup leitet künftig ein Polit- und Verwaltungsprofi die Geschicke des BER. Einige Antworten zur neuesten Personalrochade.

The good, the bad and the ugly (räumliche Verteilung nach Gusto): Karsten Mühlenfeld, ehemaliger BER-Geschäftsführer, sein Nachfolger Engelbert Lütke Daldrup sowie der Regierende Bürgermeister und ehemalige Aufsichtsratschef Michael Müller (v. l. n. r.) Foto: dpa

Dafür, dass er „turbulente Wochen“ hinter sich hat, wirkt Michael Müller, Regierender Bürgermeister und BER-Aufsichtsratschef, fast beschwingt, als er am Montagnachmittag vor die Presse tritt, um die jüngsten Personalien in Sachen Flughafen zu verkünden: Geschäftsführer Karsten Mühlenfeld fliegt raus, Berlins Flughafenkoordinator Engelbert Lütke Daldrup kommt rein, und der von Mühlenfeld geschasste Bauleiter Jörg Marks macht weiter. Das, so Müller, habe der Aufsichtsrat einstimmig auf seiner Sitzung beschlossen – der Fortsetzung eines Krisentreffens, das in der Nacht zu Donnerstag ergebnislos endete.

Wer ist der neue BER-Chef?

Zum Geschäftsführer der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) – genauer: zum Sprecher des zweiköpfigen Teams neben Finanzgeschäftsführerin Heike Fölster – wird mit Engelbert Lütke Daldrup der bisherige Flughafenkoordinator des Senats berufen. Der 60-Jährige ist Raumplaner, Ingenieur und Politprofi: Von der Senatsbauverwaltung wechselte er 1995 als Stadtbaurat nach Leipzig und dann für mehrere Jahre als Staatssekretär ins Bundesbauministerium. 2014 holte ihn Noch-Stadtentwicklungssenator Michael Müller als Staatssekretär für Wohnungsbau in seine Verwaltung, dann erhielt er den Posten des BER-Koordinators. Lütke Daldrup ist Müllers Mann – und der Regierende hält große Stücke auf ihn: „Seine fachliche Kompetenz und seine Erfahrungen haben eindeutig für ihn gesprochen.“

Warum genau brauchte es noch mal einen neuen?

Karsten Mühlenfeld, dessen Vertrag laut Müller bereits aufgelöst ist, war immer wieder durch kommunikative Unbeholfenheit in die Kritik geraten. Zuletzt hatte er vor zwei Wochen seinen wichtigsten Mann – Bauleiter Marks – gegen den erklärten Willen des Aufsichtsrats kaltgestellt. Damit hatte er ein paar Fakten zu viel geschaffen: „Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit war nicht mehr möglich“, so Müller. Er betont, die Trennung von Mühlenfeld sei „in sehr konstruktiver Weise verabredet worden“. Was das bedeuten soll, ist unklar, möglicherweise ist Mühlenfeld einfach ganz zufrieden mit den 800.000 Euro Abfindung, die ihm nach Presseberichten gezahlt wird.

Und welche Rolle spielt dieser Herr Marks?

Jörg Marks war – bzw. ist nun weiterhin – der vierte Technikchef (wahlweise „Bauleiter“) am BER seit der geplatzten Eröffnung. Interims-Geschäftsführer Hartmut Mehdorn holte ihn 2014 von Siemens. Er ist derjenige, der das Terminal zu Ende bauen muss – was ihm der Aufsichtsrat offensichtlich auch zutraut. Immerhin, so Michael Müller, sei es Marks' Verdienst, „dass es zum ersten Mal in der BER-Geschichte einen genehmigten Flughafen gibt“, sprich: die behördlichen Baugenehmigungen für alle neuralgischen Stellen wie die Brandschutzanlage erfolgreich eingeholt wurden und „nur noch“ abgearbeitet werden müssen. Ein zweiseitiges „Papier“, das von einer anonymen Quelle dem Tagesspiegel zugespielt worden war und Marks allerlei Versäumnisse vorwarf, tat der Regierende als „interessengeleitet“ ab: „Das hat im Aufsichtsrat keinen beeindruckt, das wurde noch nicht mal ernsthaft zur Kenntnis genommen.“

War's das soweit?

Mitnichten: Die Personalie Lütke Daldrup mischt den gerade erst neu konstituierten Aufsichtsrat komplett auf. Denn dessen Chef Michael Müller sah sich als Vertrauter und Noch-Vorgesetzter Lütke Daldrups nicht in der Lage, diesen unbefangen zu kontrollieren. Vermutlich sah es der Rest des Gremiums genauso. Die vier Brandenburger Aufsichtsratsmitglieder (von 20) hatten bis zuletzt gegen die berlinlastige Lösung mit Lütke Daldrup opponiert. Fazit: Bis zur nächsten Sitzung am 17. März wird ein Nachfolger für Müller gesucht – und für die übrigen Berliner auch. Der Regierende hatte darauf bestanden, dass Linke und Grüne je einen Senator in den Aufsichtsrat schicken, obwohl sie Fachleute bzw. Staatssekretäre favorisiert hatten. Jetzt die 180-Grad-Wende. Müller: „Berlin wird künftig auch über Staatssekretäre im Aufsichtsrat vertreten sein.“ Der einzige bisherige Staatssekretär aus Berlin, Lütke Daldrup, muss natürlich ebenfalls ersetzt werden – auch als Flughafenkoordinator.

Wer wird jetzt also Aufsichtsrats-Chef?

Michael Müller hält sich da völlig raus: „Wer neuer Aufsichtsratschef wird, liegt nicht mehr in meiner Verantwortung.“ Wie man hört, soll das Land Brandenburg – als Anteilseigner wie Berlin mit vier Mitgliedern vertreten – Interesse haben. Natürlicher Kandidat wäre Rainer Bretschneider: Der 68-Jährige ist Flughafenkoordinator des Nachbarlands und derzeit stellvertretender Aufsichtsratschef. Die Staatskanzlei in Potsdam gibt sich unwissend und verweist auf die nächste Sitzung.

Hat das Gezerre die Arbeiten am BER zurückgeworfen?

Laut Michael Müller nur ein ganz kleines bisschen: „Unterhalb von Herrn Mühlenfeld und Herrn Marks gibt es ja viele, die weitergearbeitet haben.“ Wenn der neue BER-Boss Lütke Daldrup jetzt auch noch auf Profilierungsmanöver à la Mehdorn verzichtet und keine „Beschleunigungsprogramme“ oder Ähnliches auflegt, könnte das Intermezzo glimpflich verlaufen. Seinem bisherigem Auftreten nach ist so etwas auch kaum zu erwarten. Einen neuen Eröffnungstermin gibt es nach der Absage des letzten im Januar aber nicht.

Und was sagen andere dazu?

Das Projekt komme „vom Regen in die Taufe!“ (sic), wütet CDU-Fraktionschef Florian Graf und wittert „roten Filz“. Die Grünenfraktion verbreitet derweil Gemeinplätze: „Es muss nun alles Nötige für eine schnellstmögliche und sichere BER-Eröffnung getan werden.“ Klar.

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1 Kommentar

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  • Das KERNproblem ist UND BLEIBT: Politiker haben IN ALLER REGEL, von Unternehmensmanagement NICHT die GERINGSTE AHNUNG! Deshalb sollte man solche Positionen konsequent Leuten MIT AHNUNG übertragen. Ansonsten schaffen wir uns ständig NEUE MILLIARDENGRÄBER, ohne dass das irgendwelche Konsequenzen (für die polit. "Manager" oder sonstwen) hätte. Das kann doch nicht Sinn der Sache sein??!