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Neuer Brandversuch in Auftrag gegebenFall Oury Jalloh wird untersucht

Ein Schweizer Sachverständiger stellt den Zellenbrand nach, bei dem der Asylbewerber Jalloh starb. Auftraggeber ist die Staatsanwaltschaft.

Ein Holzkreuz bei einer Demo zum zehnten Todestag Oury Jallohs Foto: dpa

Dessau-Roßlau epd | Mehr als elf Jahre nach dem Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle wird der Fall noch einmal untersucht. Die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau hat nach eigenen Angaben vom Dienstag einen neuen Brandversuch in Auftrag gegeben. Der schweizerische Sachverständige Kurt Zollinger vom Forensischen Institut Zürich werde den Versuch am 18. August im Institut für Brand- und Löschforschung in Dippoldiswalde ausführen, hieß es.

Bei der Untersuchung soll der Zellenbrand vom 7. Januar 2005 nachgestellt werden. Jalloh starb an diesem Tag bei einem Brand in einer Gewahrsamszelle. Nach Darstellung der Polizei soll der Asylbewerber aus Sierra Leone die Matratze, auf der er gefesselt lag, mit einem Feuerzeug selbst entzündet haben. Er war festgenommen worden, weil sich Frauen von ihm belästigt fühlten und er sich gegen Beamte wehrte.

Der Fall Jalloh ist seit Jahren Gegenstand von Strafprozessen. 2014 bestätigte der Bundesgerichtshof in letzter Instanz die Verurteilung eines ehemaligen Dienstgruppenleiters der Polizei wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro. Die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau prüfte seit Anfang 2014 auf Antrag einer Gedenk-Initiative, ob es weitere Ermittlungsansätze zum Grund für den Ausbruch des Feuers gibt.

Zuletzt hatten drei neue Gutachten, die die Gedenk-Initiative in Auftrag gegeben hatten, eher die Hypothese der Beteiligung Dritter an dem Tod des Flüchtlings gestützt. Demnach soll es wahrscheinlicher sein, dass Jalloh das Feuer in seiner Gefängniszelle nicht selbst gelegt habe.

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3 Kommentare

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  • Dass diese Gedenkgruppe um Oury Jalloh immer weiter macht, ist stark! Ich beobachte das nun seitdem es geschehen ist und bin sehr gespannt, wie weit ihr es schafft...meinen Respekt für die beständige Aufklärungsarbeit und das "In Erinnerung Halten" von etwas, das es nicht geben dürfte! Weder hier noch sonstwo... dass einer in Polizeigewahrsam und gefesselt auf einer Matratze verbrennt...

    • @CV:

      Danke!

  • MZ von heute: „Das machen wir, um Transparenz in dem jetzt laufenden Verfahren zu schaffen“

     

    Der hier zitierte, zuständige StA Olaf Braun beantwortet bisher weder auf der Hand liegende und seit 2014 bereits mehrfach gestellte Fragen der Anwältinnen der Nebenklage (https://www.freitag.de/autoren... noch geht er den aktenkundigen Fragen des vorher zuständigen OStA Christian Preissner zur Spurenlage am Feuerzeug nach.

    Braun und der Leitende OStA Folker Bittmann lösen auch ihr vollmundiges "Versprechen" nicht ein, die bisher involvierten Sachverständigen von 2013 (Maksim Smirnou aus Irland) und 2015 (Emma Watson und Iain Peck [Prometheus Forensic Services] aus London) oder etwa den kritischen Toxikolgen Prof. Dr. Peter Iten (http://www1.wdr.de/daserste/mo... ab Min. 5:50) in die weiterführenden Ermittlungen des neu bestellten Forensiker Dr. Kurt Zollinger aus Zürich einzubeziehen.

    Die nun kurzfristig öffentlich für den 18.8.16 angekündigte "Nachstellung des Zellenbrandes" (in einem, 2 oder mehreren Brandversuchen? mit welcher Versuchsanordnung? ... Versuchsdurchführung? mit welchen speziellen Fragestellungen?) ist quasi eine Presseantwort auf interne Rückfragen der Anwältinnen der Nebenklage. Ein wahrhaft "transparentes" Vorgehen im juristischen Umgang mit auffälligem Hang zur Verschleierung der Fakten zu Durch- und Zielführung der Brandversuche, die für eine zielgerichtete Vorbereitung aller Beteiligten schlicht unerlässlich sind - von Terminabsprachen mit den juristischen Vertreterinnen der Familie ganz zu schweigen!

     

    Der Verdacht liegt nahe, dass hier die Katze im Sack per Video aus dem verrauchten Nachbarraum übertragen werden soll - bevor zuerst erklärt werden kann, wieso am nachträglich präsentierten Feuerzeug so gar keine Spuren aus der Zelle Nr. 5 - dafür aber reichlich tatortfremde Spuren, Tierhaare und DNA - nachweisbar sein sollen?