Neuer Asterix-Band: Girl-Power im gallischen Dorf
In „Die Tochter des Vercingetorix“, dem neuen Asterix-Band, spielen Jugendliche eine Rolle. Und es kommt noch besser: Die Hauptperson ist weiblich.
Die Nacht ist schon hereingebrochen, als Asterix und Obelix beobachten, wie drei unbekannte Besucher das Haus von Gallierhäuptling Majestix betreten. Im Schatten zweier kräftiger Arvernerkrieger befindet sich eine dritte, zierliche Person, die der Anlass für ihren Besuch ist …
Das erste Panel des neuen, nunmehr 38. Asterix-Bandes „Die Tochter des Vercingetorix“ führt stimmungsvoll ins neue Abenteuer ein, das die gallischen Helden diesmal nicht auf eine weite Reise schickt, sondern im Heimatdorf belässt. Schon die Schöpfer der Serie, Albert Uderzo und René Goscinny, haben dieses Muster entwickelt, um Asterix, Obelix und Idefix zwischen den Reiseabenteuern mal verschnaufen zu lassen, wie etwa im klassischen Album „Der Kampf der Häuptlinge“ von 1964, das bewies, dass auch solche Geschichten den weltläufigeren an Witz und Esprit in nichts nachstanden.
Seit 2013 führt Zeichner Didier Conrad die Serie ganz im Sinne seines Vorbilds Albert Uderzo fort, indem er dessen virtuosen karikierenden Zeichenstil mit viel Feingefühl adaptiert. Jean-Yves Ferri wiederum zeigt als Szenarist bisher ein glücklicheres Händchen als Uderzo in seinen letzten eigenen Alben.
Die nächste Leser*innengeneration im Blick
Mit dem mittlerweile vierten Album des Teams – beide wurden 1959 geboren, im Erscheinungsjahr des ersten Asterix-Comics im Magazin Pilote – versucht es nun, die Serie behutsam einer neuen Generation von Leser(inne)n nahezubringen, denn bei der erwähnten Schattenfigur handelt es sich um ein Mädchen im Teenageralter namens „Adrenaline“, die das Dorf noch aufmischen wird. Die Arverner-Häuptlinge Monolitix und Mausklix treten an Majestix heran, mit der Bitte, sich um ihren von Cäsars Schergen gejagten Schützling zu kümmern.
Denn Adrenaline ist niemand weniger als die Tochter des Vercingetorix, des Anführers der gallischen Völker in der Schlacht um Alesia 52 v. Chr., der Cäsar nach seiner Niederlage das Schwert auf die Füße warf, sodass dieser aufjaulte – so war es im ersten Band „Asterix der Gallier“ erzählt worden. Cäsar will nicht nur Adrenalines Wendelring haben, ein möglicherweise Aufruhr produzierendes Symbol für Tapferkeit, sondern auch die Gallierin zur Römerin erziehen.
Die Dorfbewohner sind vorgewarnt, dass die Kleine gerne „ausbüxt“, und so werden Asterix und Obelix damit beauftragt, sie zu beschatten. Im Auftrage Cäsars ist wiederum ein gallischer Verräter namens „Miesetrix“ unterwegs, der mithilfe seines Pferdes „Nosferatus“ versucht, Adrenaline zu entführen.
Greta Thunberg lässt grüßen
Der verspielte Witz der Autoren macht die Lektüre zu einem schmunzelreichen Vergnügen, vor allem die Jugendlichen sind treffsicher dargestellt. Adrenaline trifft nämlich im Dorf auf die Kinder bekannter Figuren: Selfix und Aspix sind die Söhne vom Schmied Automatix und dem Fischhändler Verleihnix, die sich seit jeher in den Haaren liegen. Die Kids zieht es in den Steinbruch, um dort abzuhängen und sich über die Erwachsenen zu beklagen.
Obelix soll sich aufgrund seines jugendlichen Gemüts im Auftrage von Asterix unter die Bande mischen, stößt aber schnell auf Widerstand: „Hinkelsteine gehen gar nicht!“ – „Hinkelstein und Zaubertrank sind die Stützen des Wildschweinsystems!“
Die Systemkritik von Selfix und Aspix hört jedoch auf, als sie selbst auf den Geschmack des Zaubertranks kommen. Bald gelingt es Adrenaline tatsächlich auszubüxen, denn sie will sich nicht als künftige Anführerin vereinnahmen lassen, sondern lieber elternlosen Kindern in aller Welt helfen und mit ihnen auf die mythische Insel Thule flüchten …
Jean-Yves Ferri, Didier Conrad: „Asterix“, Band 38 – „Die Tochter des Vercingetorix“. Egmont Verlag, 48 Seiten, 6,90 Euro (Softcover), 12 Euro (Hardcover)
Mit Adrenaline ist dem Autorenteam eine fein charakterisierte weibliche Figur gelungen, die mit ihrer Widerborstigkeit und dem dicken roten Zopf ein wenig an Greta Thunberg erinnert. Adrenaline ist ein freier Geist mit eigenem Kopf, der sich nicht einsperren lassen will in dieses oder jenes ideologische Raster – sei es von gallischer oder von römischer Seite.
Nach einer Reihe von Turbulenzen auf hoher See vor der gallischen Küste fällt das Ende allerdings etwas zu holprig und gefällig aus. Trotzdem: zum 60. Geburtstag von Asterix am 29. Oktober lässt sich festhalten, dass die Abenteuer um die liebgewonnenen gallischen Helden dank des selbstironischen und gewohnt politisch anspielungsreichen Humors ruhig weitergehen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin