Neuer „Asterix“-Band: Manipulation im antiken Rennsport
Bleifus soll gewinnen, Cäsar will es so. Es staubt zwar gewaltig im neuen Band „Asterix in Italien“, aber viel Potenzial wird auch verschenkt.
Beim Bummel über eine gallische Messe wird Obelix aus der Hand gelesen: Man werde ihn als umjubelter Sieger von Wagenrennen feiern. Da passt es gut, dass die Gallier kurz darauf vom „Transcaligarennen“ erfahren, das die Römer ausrichten: Ein Wagenrennen durch ganz Italien, an dem alle von Rom „geeinten“ Völker teilnehmen können. Vor allem soll es dazu dienen, vom schlechten Zustand der römischen Straßen abzulenken …
Das ist die Ausgangsidee des neuen Asterix-Albums: Angelehnt an moderne Autorennen starten die Teams verschiedener Völker in – wo sonst? – Modicia (Monza) zu einem Rennen, dessen Endstation in Neapolis (Neapel) liegt. Natürlich reisen auch Asterix und Obelix an, um mit ihrem Streitwagen – in Form eines gallischen Hahns – Ruhm und Ehre für Gallien einzuholen.
„Asterix in Italien“ ist das dritte Asterix-Abenteuer von Didier Conrad (Zeichnungen) und Jean-Yves Ferri (zuständig für Szenario und Dialoge), die – beide sind wie der Comicheld Asterix 1959 geboren – 2013 die Erbschaft von Albert Uderzo und René Goscinny antraten. Nach dem gelungenen Album „Der Papyrus des Cäsar“ stand wieder ein Reiseabenteuer an, das das Gallier-Duo samt Idefix mit den Sitten anderer Völker konfrontiert.
Abgesehen vom Schauplatz Rom, der nur in den Alben „Die Lorbeeren des Cäsar“ und „Asterix als Gladiator“ eine größere Rolle spielte, kam Italien in den Abenteuern bislang nicht vor, und so haben Asterix und Obelix während des Rennens Gelegenheit, Bekanntschaft mit so unterschiedlichen Regionen wie Venetien (die italienischen Eltern Uderzos stammen aus dem Ort Oderzo), Umbrien (voller Widerständler gegen Rom) sowie den Städten Parma, Florenz oder Siena zu machen.
„Asterix in Italien“ von Jean-Yves Ferri, Didier Conrad, 48 S., 6,90 Euro (Hardcover 12 Euro)
Seinem Anliegen, die Geschwindigkeit des Rennens zu visualisieren, wird Didier Conrad mehr als gerecht, indem er viel Dynamik in Form von Speedlines und Staubwolken in prall überfüllte Panels von sich gegenseitig überholenden Streitwagen zeichnet.
Dabei kommen allerdings die Charaktere zu kurz. Der korrupte Senator Lactus Bifidus, der öffentliche Gelder lieber in private Orgien investiert als die Schlaglöcher der römischen Straßen zu beseitigen, ist als zentrale Figur wenig charismatisch geraten, und selbst Cäsar bleibt bei seinen Auftritten recht blass. Obelix fordert diesmal ein, „Aurige“ (Wagenlenker) zu werden, wodurch der sonst so listige Titelheld zum Beifahrer und Stichwortgeber degradiert wird.
Hetzen von Episode zu Episode
Aber die Crux liegt auch in der Struktur des Szenarios: Zu sehr hetzt Jean-Yves Ferri die Helden von Episode zu Episode. So blitzen zwar hie und da einige hübsche Ideen auf – an einem Fenster begegnet man der Mona Lisa, Leonardo ist in der jubelnden Menge als „Presse-Zeichner“ zu erkennen und Tenor Luciano Pavarotti hat eine Minirolle als etruskischer Gasthauswirt, der den Startschuss für ein Etappenrennen am Morgen mit einem Kikeriki-Schrei auslöst.
Doch viel Potenzial wird verschenkt – was hätte die Liebe der Italiener zum Gesang nicht alles hergeben können, weitere Motive wie der venezianische Karneval oder die Mafia bleiben „auf der Strecke“. Die italienische Küche mit Pizza, Spaghetti und all ihren Spielarten hält zwar für kleinere Gags her – aber was wäre es für ein Spaß gewesen, wenn es auf den Rastplätzen keine Wildschweine gegeben hätte und Obelix auf Spaghetti-Diät gesetzt worden wäre?
Das zweite Hauptthema, die Korruption und Manipulation im Sport, wird überzeugender transportiert. Der römische Favorit Caligarius, dessen Gesicht von einer Theatermaske verdeckt wird, samt seinem zwielichtigen Begleiter Bleifus sollen auf Cäsars Geheiß hin um jeden Preis gewinnen. Römische Sabotageakte gegen alle Konkurrenten behindern folglich das ganze Rennen.
Sponsor der Transcaliga ist Croesus Lupus, der gewiefte Hersteller des omnipräsenten Saucenprodukts „Garum Lupus“, für den Silvio Berlusconi Modell stand. Nicht jeder Leser, aber wohl jeder französische Formel 1-Fan wird die Karikatur der Rennlegende Alain Prost erkennen, der einen kurzen Auftritt als „ehrlicher Sizilianer“ hat.
So ist „Asterix in Italien“ vor allem ein rasantes, federleichtes Abenteuer, das am Ende zur Versöhnung unter den nur scheinbar gegensätzlichen Völkern aufruft. Ein wirklich treffender visueller Gag gelingt dem Gespann Ferri/Conrad zum Ende hin, als Neapolis nur haarscharf und dank Obelix’ beherztem Eingreifen einer vorzeitigen Naturkatastrophe entkommt. Ein gelernter Hinkelsteinlieferant kann sein Talent eben vielseitig einsetzen.
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