Neuer AfD-Chef in Brandenburg: „Selbstverständnis der NPD“
Neuer Parteichef der Brandenburger AfD ist Andreas Kalbitz. Mit ihm bleibt die Partei auf stramm rechtem Kurs – genau wie unter Vorgänger Gauland.
taz: Herr Botsch, der am Samstag neu gewählte Landesvorsitzende der Brandenburger AfD, Andreas Kalbitz, gilt als rechtsnational und war lange Vorsitzender eines rechtsextremen Kulturvereins. Beim Parteitag hat er erklärt, es werde mit ihm „keinen Rechtsruck“ der Partei geben. Kaum zu glauben, oder?
Gideon Botsch: Tatsächlich steht die AfD in Brandenburg im Vergleich mit anderen Landesverbänden schon sehr weit rechts. Und Kalbitz vertritt keine neue politische Linie, sondern setzt die seines Vorgängers Alexander Gauland fort. Von daher kann das schon stimmen.
Kalbitz will die AfD zur „sozialen Heimatpartei“ machen.
Das ist der Begriff, den sich die NPD vor einigen Jahren als Zusatz gegeben hat. Sie tritt als soziale Heimatpartei auf, mir ist der Begriff in keinem anderen Kontext bekannt. Wenn nun Kalbitz dieses Selbstverständnis der NPD aufgreifen will, ist das ein weiterer Ausdruck, wie rechtsextrem der AfD-Landesverband ist. Die moderateren Kräfte sind deutlich in der Minderheit.
Woran liegt es, dass in Brandenburg die AfD so weit rechts steht? Ist das das Erbe der DVU, die dort lange sehr erfolgreich war und im Landtag saß?
Zumindest teilweise. Die Brandenburger AfD hat im großen Umfang rechtsextremes Wählerpotential mobilisieren können. Zudem hat sie frühzeitig und umfassend rechtsextremes Personal eingeladen, in der Partei mitzuarbeiten. Das ist das Erbe von Gauland, der lange als eine Art ehrenwerter, anständiger Konservativer galt, tatsächlich aber immer rechtsextreme Positionen eingebunden hat. Das zeigt sich auch bei dem von ihm vertretenen Begriff der Fundamentalopposition.
Wie weit strahlt die AfD ins rechtsextreme Milieu?
Sehr weit. Wie selbstverständlich kommen Rechtsextreme zu AfD-Demos, AfD-Anhänger besuchen offen rechtsextreme Proteste, AfD-Politiker Treffen der NPD und anderer rechtsextremer Gruppen. Es gibt ja in Brandenburg ein breites rechtsextremes Protestmilieu.
Kalbitz ist erst 44 Jahre alt – Gauland 76. Ist das auch der Versuch, eine junge radikalere Klientel zu erreichen wie die in Brandenburg starken rechten Kameradschaften?
geboren 1970, leitet die Forschungsstelle Rechtsextremismus des Moses Mendelssohn Zentrums in Potsdam
Dafür gibt es keine Hinweise. Und im Neonazi-Milieu hat Kalbitz auch keine Streetcredibiltiy, dafür ist er doch zu alt, auch für die Identitäre Bewegung. Kalbitz ist früh von Gauland als Nachfolger aufgebaut worden, er spielt seit mindestens eineinhalb Jahren eine bedeutende Rolle. Gauland war die Landespolitik immer ein bisschen zu wenig, zu klein. Jetzt kandidiert er ja auch für den Bundestag.
Im Berliner Abgeordnetenhaus präsentiert sich die AfD-Fraktion eher gezähmt. Sind das nicht fast schon zwei unterschiedliche Parteien?
Nein, das passt zusammen. Das Erfolgskonzept der AfD war, immer beide Flügel – den wirtschaftsliberalen und den rechtsextremen – zu integrieren. In Brandenburg ist der rechtsextreme Flügel sehr dominant geworden, in Berlin unter Fraktionschef Georg Pazderski ist dieser Flügel nicht so stark wahrnehmbar, aber durchaus vorhanden.
Kann der rechtsextreme Kurs erfolgreich sein?
Er ist hoch riskant. Die AfD kann ihre großen Erfolge nur beibehalten, wenn sie auch für ein bürgerlich-rechtes Spektrum wählbar bleibt.
Stabilisiert die Wahl von Kalbitz die Partei in Brandenburg eher oder macht sie sie anfälliger für interne Flügelkämpfe?
Für Brandenburgs AfD ist seine Wahl kein großer Einschnitt. Gauland war immer eine reizvolle Figur, weil sich viele den Kopf zerbrochen haben, wie ein so bildungsbürgerlich auftretender Mensch solche Abenteuerspielchen in dieser Partei machen kann. Kalbitz fehlt das, und er ist längst nicht so bekannt wie Gauland – das könnte die Partei einige Punkte kosten. Aber Kalbitz hat Zeit: In Brandenburg wird erst 2019 gewählt.
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