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Neue linke Ökonomiezeitschrift „Surplus“Piketty und Mazzucato mit Mehrwert gegen Merz und Trump

Das Wirtschaftsmagazin Surplus will eine Stimme gegen den Rechtsruck sein. Herausgegeben wird es von Isabella Weber, Adam Tooze und Maurice Höfgen.

Eine der Her­aus­ge­be­r:in­nen des Wirtschaftsmagazins Surplus: Ökonomin Isabella Weber Foto: Heribert Corn

Berlin taz | Industrie und Wirtschaft stecken in einer Krise, rechte Parteien sind im Aufwind. Neoliberale Forderungen wie Steuersenkungen für Unternehmen, entgrenzte Arbeitszeiten und Karenztage für die Beschäftigten machen die Runde. Es ist also Zeit für Linke, wieder mehr über Ökonomie nachzudenken und aus der Defensive zu kommen. Dazu will das neue Wirtschaftsmagazin Surplus einen Beitrag leisten. Diesen Freitag geht es zunächst online an den Start. Die erste Printausgabe erscheint am 10. Februar, danach geht es im zweimonatlichen Rhythmus weiter.

„Mit Friedrich Merz und Donald Trump droht ein Revival des offenen Neoliberalismus. Das wäre eine Party für die Reichsten. Für die große Mehrheit gäbe es Wohlstandsverluste und Klimakrise“, sagt Chefredakteur Lukas Scholle. Deswegen brauche es genau jetzt ein Wirtschaftsmagazin wie Surplus. „Wir stellen die wirtschaftlichen Interessen der großen Mehrheit ins Zentrum, nicht die der Reichsten.“

Die Zeitschrift erscheint im Brumaire Verlag, zu dem auch die deutsche Version des linken US-Magazins Jacobin gehört. Her­aus­ge­be­rin ist neben dem Wirtschaftshistoriker Adam Tooze und dem taz-Kolumnisten Maurice Höfgen die Ökonomin Isabella Weber, die im Jahr 2023 vom Time Magazin in die TIME100 Next-Liste aufstrebender Führungskräfte aufgenommen wurde. In Deutschland wurde Weber einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, als sie zusammen mit dem Ökonomen Sebastian Dullien im Zuge der Energiekrise einen Gaspreisdeckel ins Spiel brachte. Zuletzt sorgte die Forscherin für Aufmerksamkeit, als sie nach der Wahl Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten eine „antifaschistische Wirtschaftspolitik“ forderte.

Als Ko­lum­nis­t*in­nen hat das neue Magazin bekannte Namen wie die italienische Ökonomin Mariana Mazzucato oder den französischen Ungleichheitsforscher Thomas Piketty gewonnen. „Wir bringen neue und erneuerte Argumente in die Debatte ein – über Analysen, Interviews und Briefings, von Tagespolitik bis Theorie, in kondensierter, zugespitzter und zeitgemäßer Form“, schreibt die Redaktion in ihrem Editorial, das sie „Mission Statement“ nennt. Ihr Anspruch sei es, „für die Breite der Gesellschaft verständlich und erkenntnisbringend zu sein, von der Studentin über den Busfahrer bis zur Fachreferentin“.

Der Name des neuen Magazins, Surplus, zu deutsch Überschuss, ist ein zentraler Begriff in der Geschichte des ökonomischen Denkens. In „Das Kapital“ von Karl Marx etwa erscheint er als Surplus Value oder Mehrwert. Auf ihm baut Marx seine Ausbeutungstheorie auf. „Es geht um die Frage, wie Wohlstand von wem produziert und verteilt wird. Unser Wirtschaften zu demokratisieren ist auch für die ökologische Frage in Zeiten des Klimakollaps bestimmend“, heißt es im Mission Statement des neuen Magazins.

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2 Kommentare

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  • Danke für die Info!



    Ich habe SURPLUS eben abonniert. Sehr empfehlenswert ist u.a. der Artikel über den Vater von Kamala Harris.

  • Der einfachste Weg, die Marktökonomie entsprechend ihrer Theorie etwas funktionaler und insgesamt vielleicht auch sozialer zu machen, wäre der 'Deckel' gegen die Bildung von Oligopolen und Kartellen. Mit einer strikten Deckelung von Privatvermögen, Unternehmensgrößen und Marktanteilen würde es z.B.. in der deutschen Autoindustrie nicht nur drei große Hersteller und Multis wie Piëch, Porsche, Klatten, Schaeffler geben, mehr als vier Konzerne die 80% des Lebensmitteleinzelhandels kontrollieren und nicht nur eine Großbäckerei, die das Rheinland im Griff hat. Eine solche 'Sozialisierung' von Privat- und Unternehmensvermögen würde nicht nur für mehr marktkonforme Konkurrenz sorgen, Vermögen müssten sich auch mehr für ihre lokalen (Re-)Produktionsbedingungen interessieren. Aber da ist den Liberalen von links bis rechts der unbegrenzte Privatbesitz und die Nähe zu großer Wirtschaftsmacht wichtiger, als die reine Lehre. Im Gegensatz dazu bestehen sie beim Arbeitsmarkt auf die Unabdingbarkeit der Elastizität der Ware 'menschliche Arbeitskraft': Mensch muss auch mal für lau arbeiten oder ohne Lohnarbeit überleben.