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Neue Zahlen zur Wohnungsnot18 Quadratmeter Deutschland

Eine neue Studie besagt: Immer mehr Menschen haben Probleme, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Engpässe gibt es auch auf dem Land.

Man sagt, ein Drittel des Einkommens soll maximal für die Miete draufgehen – immer öfter reicht das nicht Foto: dpa

Berlin taz | Wer in Berlin über die Stadtautobahn fährt, rauscht dicht dran vorbei, am Neubau der „ParkSuites“ im Bezirk Wilmersdorf. Sogenannte Mikroappartements entstehen hier, 23 Quadratmeter inklusive Küche und Duschbad sollen 480 Euro Miete kosten. Die Kleinwohnungen sollen eher Kurzzeitmieter beherbergen, passen aber zum Trend: Bei den steigenden Preisen können sich Durchschnittsverdiener künftig nur noch kleine Neubauwohnungen leisten. Das ergibt sich aus einer am Donnerstag vorgestellten Prognos-Studie zu den Wohnkosten in Deutschland.

In Berlin seien angesichts der hohen Mieten bei Erst- und Wiedervermietungen rein rechnerisch nur noch 56 Quadratmeter Wohnfläche für den Durchschnittshaushalt drin, heißt es in der Studie, die im Auftrag des Verbändebündnisses Wohnungsbau erstellt wurde. Darin sitzen Vertreter der Bauwirtschaft, der IG BAU und des Deutschen Mieterbundes.

Für ihre Untersuchungen ermittelten die Wissenschaftler die Preise bei Neuvermietungen in den sieben nachgefragtesten Städten: München, Hamburg, Berlin, Stuttgart, Köln, Frankfurt, Düsseldorf.

Dem stellten sie die Haushaltseinkommen gegenüber. Sie gingen dabei davon aus, dass höchstens 35 Prozent des Nettoeinkommens fürs Wohnen aufgewendet werden sollten. Das mittlere Haushaltseinkommen beträgt in Berlin 1.824 Euro netto, im Bundesdurchschnitt 2.168 Euro. Die durchschnittliche Haushaltsgröße liegt bei ungefähr zwei Personen, sagte der Mitautor der Studie, Tobias Koch.

Wohnungsknappheit auch in ländlichen Gegenden

Aus ihren Werten ermittelten die Forscher die fiktive bezahlbare Quadratmeterzahl. Laut der Studie könnte sich das ärmste Fünftel der Single-Haushalte in Berlin nur noch 18 Quadratmeter leisten. In München könnte eine vierköpfige Familie mit mittlerem Einkommen immerhin 93 Quadratmeter Wohnfläche bezahlen. Gehört die Familie zum ärmsten Fünftel, sind aber in München rechnerisch nur 40 Quadratmeter Wohnfläche drin. „Die Bezahlbarkeit von Wohnraum ist für mehr als die Hälfte der Bevölkerung eine finanzielle Herausforderung“, sagte der Chef der Gewerkschaft IG BAU, Robert Feiger.

Die Bezahlbarkeit von Wohnraum ist für mehr als die Hälfte der Bevölkerung eine finanzielle Herausforderung

Neben den sieben Städten mit großer Wohnungsnot machten die Forscher Regionen mit angespannten Wohnungsmärkten aus. Dazu zählen Universitätsstädte wie Leipzig oder Münster. Hinzu kommen Umlandgebiete der Ballungszentren wie das bayerische Fürstenfeldbruck oder Potsdam.

Auch in ländlicheren Gegenden mit Wirtschaftswachstum registrierten die Forscher Wohnungsknappheit, auch im Emsland etwa sei der Wohnungsmarkt „angespannt“. Die angebliche Knappheit in ländlichen Regionen sehen Forscher des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) allerdings anders. In einer in dieser Woche vorgestellten Studie wiesen sie auf Leerstand in ländlichen Gebieten hin, darunter auch das Emsland. „Im Landkreis Emsland sind etwa zwischen 2011 und 2015 mehr als 1.060 Wohnungen mehr entstanden, als auf Basis der demografischen Entwicklung und der Leerstände zu erwarten gewesen wäre“, hieß es in der IW-Studie.

Die Forscher bemängelten, dass manche ländlichen Kommunen großzügig Bauland auswiesen, um neue Einwohner anzuziehen. Dabei besteht nach Ansicht der IW-Experten die Gefahr, dass die Altbauten in den Dorfkernen verwaisen, weil der Neubau von Einfamilienhäusern aufgrund der günstigen Kreditvergaben bevorzugt werde.

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6 Kommentare

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  • Bauen und Wohnen ist mit dem freien Markt nicht beherrschbar. Also schon, einige werden reich, andere hausen in Verschlägen. Planwirtschaft wollte aber keiner mehr, oder? Jede Kommune, jeder Landkreis kämpft für sich.

    Bauen und Wohnen ist einer der Hauptverursacher der Flächenversiegelung in Deutschland. Es ist Aufgabe der Regierung den Flächenverbrauch zu verringern, das ist EU-Recht. Irgendwann ist halt Ende Gelände.

    • @Energiefuchs:

      Richtig, deshalb 'Innenentwicklung' !

      • @Nikolai Nikitin:

        Egal, wie sie es machen, die Menschen stimmen mit den Füßen ab. Hochhaus? Keine Idylle! Neue Siedlung? Aber auf der Wiese haben wir immer......

        Dann sind die Wohnungen zu klein, zu schlecht ausgestattet, zu teuer, zu was weiß ich. Es gibt in Deutschland sehr, sehr viele Zweitwohnungen. Die werden sogar extra besteuert. Solange sich die Bevölkerung das leisten kann, sehe ich keinen wirklichen Mangel.

        • @Energiefuchs:

          Na klar. Genauso ist es. Doch was ist die Alternative ? Zwangsbewirtschaftung des Wohnungswesens wie in der DDR ?

  • Die stark gestiegenen Mieten sind in Deutschland überwiegend nicht durch plötzlich gierig gewordene Vermieter verschuldet. Die Ursache liegt vor allem darin, dass das Bauen durch politische Entscheidungen wesentlich verteuert wurde. Genannt seien hier erheblich verschärfte energetische, brandschutztechnische, artenschutzrechtliche und viele andere verschärfte Gesetze, Verordnungen und technische Vorschriften. Nicht zu vergessen der uferlose Bürokratismus in den Bauverwaltungen, sowie vermehrte Bürgereinwände. Seit mind. 25 Jahren erzählen uns politisch Verantwortliche die Mär vom kosten- und flächensparenden Bauen, während sie aber in dieser Zeit keine Gelegenheit ausließen, das Bauen de facto deutlich zu erschweren bzw.gar zu behindern.

  • Es braucht keine Studie um die unverschämte Mietpreissituation zu sehen ... und es braucht auch keine Millionenmetropolen um das aufzeigen. Die Extreme herrschen selbst in kleinen Großstädten und das nicht erst seit gestern.