Neue Zahlen zum Haushalt: „Ein mächtiger Pensionsberg“
Auf Hamburg kommen für künftige Pensionen ausgeschiedener Staatsdiener Zahlungen von 26 bis 40 Milliarden Euro zu. Bisher wurde nur mit der Hälfte gerechnet.
Eine gute Milliarde Euro pro Jahr für die Altersversorgung pensionierter Beamter wird bald nicht mehr reichen. In Zukunft werden deutlich höhere Zahlungsverpflichtungen auf die Stadt zukommen. Das ist die Konsequenz aus einem Gutachten für die Finanzbehörde, in dem die drohenden Beträge erstmals konkret ermittelt wurden. Das Ergebnis: Aus bisher geschätzten 20 Milliarden Euro werden mit Glück 26 Milliarden – mit Pech können es 40 Milliarden werden. „Da droht“, sagt Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD), „ein mächtiger Pensionsberg.“
Nach einem am Donnerstag veröffentlichten versicherungsmathematischen Gutachten des Finanz-Consulters Aon Hewitt muss die Hansestadt ihre Rückstellungen um mindestens 6,8 Milliarden Euro auf rund 26 Milliarden Euro erhöhen. Das bedeute aber nicht, dass das mit rund 25 Milliarden Euro verschuldete Hamburg sofort seine Schulden verdoppeln müsse, beruhigt Tschentscher. Die Stadt wisse aber nun, worauf sie sich auf lange Sicht einstellen müsse.
Konkret wurde für die ab nächstem Jahr geltende kaufmännische Haushaltsführung errechnet, was Hamburg bezahlen müsste, wenn die Hansestadt wie ein Unternehmen aufgelöst würde und alle Verbindlichkeiten beglichen werden müssten. Bei den Pensionen beträfe dies die noch bis zum Lebensende der rund 64.000 Ruheständler zu zahlenden Monatsbeiträge sowie die teils erst in Jahrzehnten fälligen Pensionen für die rund 73.000 aktiven Beamten.
Somit geht es sowohl um laufende Zahlungen als auch um Ansprüche in der Zukunft. „Bisher hatten wir ein vereinfachtes Verfahren“, sagte Tschentscher – das eher eine grobe Schätzung war. Um jetzt die Prognosen möglichst präzise darzustellen, haben die Gutachter erstmals auch die Gehalts- und Karrieretrends des städtischen Personalbestandes berücksichtigt, die Anwartschaften beurlaubter Beschäftigter einbezogen und den Rückstellungsbedarf für Versorgungsbeihilfen ermittelt.
Die Altersversorgung ehemaliger Staatsbediensteter nimmt einen beträchtlichen Anteil der jährlichen Haushalte ein.
Jahresbeträge: Nach der Finanzplanung des Senats bis 2016 sind für Pensionen und Versorgungsansprüche ausgeschiedener Beamter für das laufende Jahr 1,270 Milliarden Euro vorgesehen, für nächstes Jahr 1,302 Mrd. und für 2016 bereits 1,330 Mrd.
Jahresanteile: Der Hamburger Haushalt 2014 beträgt 11,901 Milliarden Euro. Die größten Einzeletats sind Soziales (21 Prozent), Schule (20%) sowie Versorgungsansprüche und Schuldendienst (15%).
Gesamtsummen: Den Finanzbedarf für Versorgungsansprüche gibt das Gutachten von Aon Hewitt an wie folgt: Zinssatz 6 Prozent: 25,959 Milliarden Euro. Zinssatz 5%: 29,618 Mrd. Zinssatz 4%: 34,170 Mrd. Zinssatz 3%: 39,900 Mrd.
Dabei wurde ein Zinssatz von sechs Prozent angenommen. Das entspreche dem Vorgehen der Steuerverwaltungen, die bei der Beurteilung von Unternehmensbilanzen ebenfalls sechs Prozent zugrunde legten, sagte Tschentscher. Er räumte jedoch ein: „Es gibt keine objektive Wahrheit für sechs Prozent.“
Wenn die Stadt auf langfristig angelegte Rücklagen nur drei Prozent Zinsen erhielte, würde sich der Bedarf an Rückstellungen von 26 auf knapp 40 Milliarden Euro erhöhen. „Das verschlechtert das Eigenkapital noch weiter“, so Tschentscher.
Sicher ist indes: Irgendwann müssen die Pensionen ausgezahlt werden – in Jahresraten, deren exakte Höhe unklar ist (siehe Kasten). Höher als zur Zeit aber werden sie auf jeden Fall sein.
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