Neue Welle der Gewalt in Libyen: Auch Europa braucht Stabilität
Europäische Länder haben im Libyenkrieg unterschiedliche Seiten unterstützt. Jetzt, wo die Gewalt wieder aufflammt, wird es Zeit, einig aufzutreten.
![Spuren der Gewalt: Ausgebranntes Auto in Tripolis Spuren der Gewalt: Ausgebranntes Auto in Tripolis](https://taz.de/picture/5756584/14/30674842-1.jpg)
Z wei Jahre lang war es in Libyen relativ ruhig geblieben, seit ein international vermittelter Waffenstillstand in Kraft trat. Damit ist es seit diesem Wochenende vorbei. Rivalisierende Milizen verwandelten die Hauptstadt Tripolis in ein Schlachtfeld: Mindestes 23 Tote, unzählige zerstörte Gebäude, beschädigte Krankenhäuser.
Das erneute Aufflammen der Kämpfe bedeutet auch, dass die internationale Gemeinschaft damit gescheitert ist, die Waffenruhe für einen politischen Prozess zu nutzen, der das nordafrikanische Land endgültig befrieden sollte. Eigentlich hätten letzten Dezember Wahlen stattfinden sollen. Aber dieser Versuch wurde erneut von der alten Rivalität zwischen dem Osten und Westen des Landes überschattet. Die Rivalität hat nun zwei neue Gesichter bekommen: der von der UN als Interimsministerpräsident installierte Abdul Hamid Dbeibah in Tripolis und sein vom Osten des Landes und vom dortigen Parlament unterstützter Rivale Fathi Bashagha, der ihm seit drei Monaten das Amt streitig macht.
Die Kämpfe brachen aus, als Milizen Bashagas versuchten, in die Hauptstadt zu gelangen. Wie es scheint, wurde dieser Versuch zunächst zurückgeschlagen. Wie überdrüssig die Zivilbevölkerung der Kämpfe ist, zeigt auch eine Erklärung des Ältestenrats der Stadt Tripolis, die beide Seiten für Tod und Zerstörung verantwortlich macht.
Die internationale Gemeinschaft hat selbst zu dieser verheerenden Situation beigetragen, indem sie jahrelang unterschiedliche Seiten unterstützte: die Emirate, Ägypten, Russland und Frankreich den Osten, die UNO, die Türkei und Italien die Regierung in Tripolis. Dabei wäre eine Befriedung Libyens im unmittelbaren europäischen Interesse. Denn dort liegen beträchtliche Öl- und Gasreserven. Dort mehr geeintes politisches Kapital einzusetzen, käme nicht nur dem geschundenen Land zugute, sondern könnte auch die vom Ukrainekrieg gefährdeten Energieflüsse besser absichern. Europa kann es sich nicht mehr leisten, Libyen einigen Milizen und Warlords zu überlassen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche