piwik no script img

Neue Verwaltungsministerin in SerbienLesbe am Kabinettstisch

Ana Brnabić soll neue Verwaltungsministerin in Serbien werden. Damit wird sie das erste Regierungsmitglied, das offen homosexuell lebt.

Hofft, dass der Rummel um ihre Person sich bald legt: Ana Brnabić Foto: ap

Seit Tagen ist sie Topthema in den serbischen Medien: Ana Brnabić. Die 40-Jährige wird das erste Mitglied einer Belgrader Regierung sein, das sich offen zu seiner Homosexualität bekennt. Am Mittwoch sollte das Parlament über das neue Kabinett abstimmen.

Bei der Vorstellung seiner Ministerriege hielt sich der designierte Regierungschef Aleksandar Vučić nicht mit langen Vorreden auf. Er sei nur an den Resultaten von Brnabić’ Arbeit interessiert, sagte er. Und: „Sie hat außerordentlich viel Energie, und ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihr.“

Brnabić, die das Ressort für öffentliche Verwaltung übernehmen wird, hat einiges vorzuweisen. An der Northwood Universiät im US-Bundesstaat Michigan und der Hull-Universität in England studierte sie Marketing. Danach arbeitete sie in hohen Managementpositionen und war für die Durchführung von Regierungs- und Nichtregierungsprojekten verantwortlich. 2013 wurde Brnabić in Serbien als Businessfrau des Jahres ausgezeichnet.

Nach Bekanntwerden ihrer Nominierung für den Regierungsposten hatte Brnabić, die außer Englisch auch noch fließend Russisch spricht und keiner Partei angehört, offensichtlich nur wenig Lust auf ausschweifende Erklärungen. Sie wolle sich auf ihre Arbeit konzentrieren und hoffe daher, dass sich der Rummel um ihre Person in einigen Tagen legen werde. „Dann werde ich nicht mehr als lesbische Ministerin, sondern als Ministerin für öffentliche Verwaltung und Kommunales bekannt sein“, sagte sie vor Medienvertretern.

Vielleicht, vielleicht auch nicht. Sekundiert von der orthodoxen Kirche, ist ein Großteil der serbischen Gesellschaft homophob. Gay-Paraden müssen stets von großen Polizeiaufgeboten geschützt werden.

Er hoffe, dass die Entscheidung von Vučić mehr LGBT-Menschen dazu ermutigen werde, in die Politik zu gehen, sagte der LGBT-Aktivist und sozialistische Politiker Boris Milićević. Und dass sich diejenigen, die dort bereits aktiv seien, outen würden. Ein Leser des Portals TV N1 sah das etwas anders: „Billiger Populismus. Ich würde gern wissen, was Vučić wirklich über LGBT-Menschen und ihre Rechte denkt.“

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Ist das heute noch eine Meldung wert? Vielleicht in Serbien...hoffen wir mal, dass diese Aufhänger so langsam langweilig und überflüssig werden.

    Oder drehen wir's mal um: dass der Mut, die Gesinnung offen zu leben, als Mut und Durchsetzungsstärke gesehen wird. Denn leider steckt die Gesellschaft geistig zu oft noch im letzten oder vorletzten Jh. fest, da braucht es Mut und Stärke. Insofern sind offen Homosexuelle (oder andere "Abweichende von der aktuellen Norm") vielleicht sogar die besseren Politiker ;-)