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Neue VäterrollenLiebe statt Heldentum

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Laut einer Studie wollen Väter mehr da sein für ihre Kinder. Damit das Realität wird, müssen sich Väter ebenso bewegen wie Arbeitgeber und Mütter.

Die Zeit der unerreichbaren Väter ist vorbei Foto: Daniel Perez-Lozao/imago

V äter wollen heute ihren Kindern vor allem Liebe geben und viel Zeit mit ihnen verbringen. Die Jahre der Ernährer-Väter, die rund um die Uhr für die Familie das Geld verdienten und deshalb für die Kinder so unerreichbar wie unbekannt waren, scheinen vorbei zu sein. So jedenfalls besagt es eine Studie der Technischen Universität Braunschweig und der Fachhochschule Kiel mit dem richtungsweisenden Titel „You don’t need to be Superheroes“.

Jawohl, möchte man rufen, nach der x-ten Eltern-Studie haben die Männer es kapiert. Heldentum ist out, mehr Zuwendung und Zeit für die Nächsten gefragt. Damit ist allen geholfen: den Kindern, der Familie, den Vätern selbst. Männer müssen nicht mehr vorrangig für das Familieneinkommen sorgen und stehen daher nicht mehr so unter Druck wie früher. Frauen haben dieselben Karrierechancen wie Männer und bleiben nicht länger auf die Mutti­rolle festgelegt. Kinder erleben beide Eltern gleichberechtigt – sowohl in der Alltagspräsenz als auch als Lebensanspruch.

Es gibt nur einen Haken: Zwischen der gewünschten und der gelebten Vaterrolle klafft eine Lücke. Nach wie vor sind laut der aktuellen Studie immer noch fast 85 Prozent der Väter wöchentlich 40 Stunden und mehr erwerbstätig. Während der andere Elternteil – vor allem Mütter, aber auch männliche Co-Eltern – gar nicht oder maximal 30 Stunden in der Woche arbeiten.

Auch hierfür sind die Gründe hinlänglich bekannt: väterfeindliche Arbeitsstrukturen in nicht wenigen Unternehmen, die Furcht von Männern, infolge von Elternzeit einen Karriereknick zu erleiden, aber auch das Beharren mancher Mütter auf einer zumindest temporären elterlichen Vorherrschaft.

Ändern muss sich an allen drei Seiten etwas. Das ist eigentlich nicht schwer – man muss es einfach machen. Hier gleich mal ein Vorschlag für die Ampelkoalition, womit sie beginnen könnte: Setzt in Deutschland doch endlich die EU-Richtlinie um, nach der Väter direkt nach der Geburt ihres Kindes zehn Tage bezahlten Vaterschaftsurlaub bekommen.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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2 Kommentare

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  • In sehr vielen Familien arbeiten beide Eltern Vollzeit oder nahezu Vollzeit. Und zwar nicht, weil es ihnen um die Karriere geht oder weil sie keine Lust auf ihre Kinder haben, sondern damit sie sich eine familiengerechte Wohnung und ab und zu einen Urlaub oder Freizeitaktivitäten mit ihren Kindern leisten können, ohne dem Staat auf der Tasche zu liegen. Die Teilzeit-Muttis sind ein Mittel- und Oberschichtphänomen, dafür muss erstmal genug Geld da sein. Wichtiger als die Frage, wer dann Teilzeit macht, wäre, sich für höhere Löhne und Gehälter einzusetzen, damit überhaupt erstmal alle die Möglichkeit zu Teilzeit haben.

    Es sind nicht diejenigen, die zu Hause bleiben, die das größere Opfer bringen, sondern diejenigen, die arbeiten müssen. Die meisten Menschen arbeiten nicht, weil das so toll und erfüllend ist, sondern um den Lebensunterhalt für ihre Familie zu verdienen. Das hat nichts mit Heldentum zu tun, sondern ist schlicht notwendig. Die Zeit mit Kindern ist dagegen ein Gewinn, kein Opfer, deswegen hat man sich ja meist bewusst für Kinder entschieden. Die meisten Frauen, die Teilzeit arbeiten wollen wahrscheinlich gar nicht in Vollzeit wechseln, um dem Vater die Option Teilzeit zu geben, weil sie gar nicht so scharf auf ihre Arbeit sind.

  • Wird leider totgeschwiegen:



    Vater-Mangel erzeugt bei Söhnen Psycholabilität & Kriminalität.

    Eine Minderung dieses Problems muss politisch intendiert sein.