Neue Studie zur Integration: Anschluss durch Abschluss
Forscher verzeichnen Fortschritte bei der Integration von Migranten. Das gilt nicht für den Arbeitsmarkt. Maria Böhmer wirbt um mehr Migranten im öffentlichen Dienst.
BERLIN taz | Der sogenannte Integrationsindikatorenbericht, den die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer (CDU) am Donnerstag in Berlin vorstellte, ist das seriöse Gegenstück zum tendenziösem Zahlenquark eines Sarrazin. Unter anderem untersuchten die Wissenschaftler im Auftrag der Bundesregierung, wie Migranten sich gesellschaftlich engagieren, welche Bildungsabschlüsse sie erwerben und wie sie auf dem Arbeitsmarkt bestehen.
Die Forscher sehen einen positiven Trend. Zwischen den Jahren 2005 uns 2010 habe sich die Teilhabe von Migranten an der deutschen Gesellschaft deutlich "verbessert", heißt es in dem Bericht, der auf Daten des Mikrozensus basiert. Zwar seien die Unterschiede zwischen Migranten und Deutschen noch immer "zu groß", räumte die für Integration zuständige Staatssekretärin Maria Böhmer ein. Die Entwicklung gehe "aber klar in die richtige Richtung."
Stolz ist Böhmer vor allem auf Fortschritte bei Bildung, Ausbildung und frühkindlicher Sprachförderung von Einwandererkindern. So hat der Anteil von Einwandererkindern unter sechs Jahren, die eine Tagesbetreuung in Anspruch nehmen, zugenommen. Zwischen 2008 bis 2010 stieg die Betreuungsquote sogar um 34 Prozent an. Doch sie liegt immer noch hinter der Quote von Kindern ohne Migrationshintergrund.
Außerdem verlassen Jugendliche mit Migrationshintergrund die Schule heute seltener ohne Abschluss als noch vor fünf Jahren, dieser Rückgang ist sogar stärker als bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Doch mit 4,4 Prozent war die Quote bei den 18- bis 24-jährigen Einwandererkindern im Jahr 2010 noch immer deutlich höher als bei Schülern deutscher Herkunft (1,6 Prozent) – unter den Jugendlichen mit ausländischem Pass lag der Anteil sogar bei 7 Prozent.
Das liegt deutlich hinter den selbst gesteckten Zielen der Regierung, die einst die Zahl der Schulabbrecher bis 2012 halbieren wollte. Inzwischen räumt Maria Böhmer ein, dass sie damit gescheitert ist.
Großes Armutsrisiko
"An diesem Ziel müssen wir festhalten", fordert Aydan Özoguz, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung. Und die SPD-Bildungspolitikerin Ulla Burchardt kritisiert gegenüber der taz, dass die schwarz-gelbe Regierung gerade das Programm, das Schulverweigerern eine zweite Chance gebe, gekürzt habe. "Kleine Kinder im Schnellkurs in Sprachförderprogramme zu stecken, ist nicht die richtige Herangehensweise", findet außerdem die GEW-Frau Marianne Demmer. Die Vizevorsitzende der Bildungsgewerkschaft verlangt, dass auch die Lehrer für die besondere sprachliche Förderung sensibilisiert werden.
Gescheitert sind Bund und Länder auch mit ihrem Ziel, mehr Migranten für den öffentlichen Dienst zu gewinnen. Ihr Anteil ist seit 2005 sogar leicht zurückgegangen, dafür wurden in Kitas, an Schulen und Hochschulen verstärkt Menschen nichtdeutscher Herkunft eingestellt. Maria Böhmer will nun mit einer Werbekampagne dagegenhalten, um auch in anderen Bereichen für mehr Menschen mit Migrationshintergrund zu sorgen.
Schlecht stehen Einwanderer noch immer auf dem Arbeitsmarkt da. Von der aktuellen Konjunktur profitieren sie nicht im gleichen Maße, ihr Abstand zu Alteingesessenen ist von 11,9 im Jahr 2005 sogar auf 12,3 Prozent im Jahr 2010 gestiegen, ihr Anteil unter den Arbeitslosen ist also größer geworden. Zuwanderer haben doppelt so häufig kein Arbeitseinkommen wie Deutsche und sind fast doppelt so häufig von Armut bedroht. Dabei zeigen sich große Unterschiede zwischen Einwandern aus der EU und aus anderen Ländern.
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