Neue Studie zum Nacktmull: Hässlich, aber schmerzfrei
Egal ob Säure oder Chili-Essenz: Der Nacktmull bleibt davon ziemlich unbeeindruckt. Berliner Forscher haben jetzt herausgefunden, woran das liegt.
Eine eventuelle Wiedergeburt als Nacktmull dürfte für Menschen eine eher unangenehme Überraschung sein: So groß wie ein vertrocknetes Würstchen sähe man dann aus, mit schrumpeliger Haut und einem Paar übergroßer Nagezähne. Abgesehen von den Zähnen ähnelt das einem gealterten weißen Penis. Sein Leben verbringt man damit, sich durch ein dunkles Tunnelsystem zu schieben, dicht gedrängt mit bis zu 300 anderen Nacktmullen, die einen unterirdischen Staat bilden.
Es wird einem wahrscheinlich sogar ziemlich gleichgültig sein, wie man selbst aussieht oder wi, die anderen Nacktmulle und die Tunnel aussehen. Denn ein Nacktmull ist fast blind. Forscher halten den kleinen Nager aus Ostafrika für eines der außergewöhnlichsten Säugetiere der Welt. Der „Supermull“ gilt als krebsresistent, lebt bis ins Alter äußerst vital und empfindet kaum Schmerzen. Auf Säure oder Chili-Essenz reagiert er unbeeindruckt.
Nun haben Forscher am Berliner Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin herausgefunden, was den Nacktmull so schmerzunempfindlich macht. Die Forscher interessierten sich für eine bestimmte Form des Schmerzempfindens: die Thermale Hyperalgesie. Nach einer Entzündung wie bei einem Sonnenbrand reagiert die Haut empfindlich. Sie schmerzt, um den Körper vor weiteren Schäden zu warnen.
Es mag makaber klingen, den lichtscheuen, hellhäutigen Nacktmull ausgerechnet mit Sonnenlicht zu traktieren. Aber es ist ihm ziemlich egal. Sein Genom weist eine kleine Abweichung gegenüber Mäusen und Ratten auf. Seine Schmerzrezeptoren sind deshalb weniger schnell reizbar. Ein großer Vorteil bei den widrigen Lebensbedingungen in warmen, stickigen Tunneln, schreiben die Berliner Forscher in dem Fachmagazin Cell Reports. Der Nacktmull lebe in ständigem Mangel und es sei evolutionär sinnvoll, an weniger elementaren Körperfunktionen zu sparen.
Der einzelne Nacktmull geht im Kollektiv auf. Nachwuchs hüten, Eingänge bewachen, graben. An der Spitze des Staates steht eine Königin. Ganz ähnlich wie bei Ameisen oder Bienen, aber einmalig für Säugetiere.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei