Neue Spitze beim Nobelpreiskomitee: Ex-Politstar als Komiteechefin
Am Freitag wird Karin Cecilie Kullmann Five den Vorsitz bei Nobelpreiskomitee übernehmen. Sie hat sich als Wirtschaftslobbyistin einen Namen gemacht.
Wenn sich am Freitag um elf Uhr die schweren Holztüren im Osloer Nobelinstitut in der Henrik Ibsens gate 51 öffnen, wird mit Karin Cecilie („Kaci“) Kullmann Five eine neue Vorsitzende des Friedensnobelpreiskomitees vor die Kameras und Mikrofone der internationalen Medien treten.
„FriedensnobelKaci“, wie die 64-Jährige in Norwegen nur genannt wird, galt einmal als das große Politiktalent ihres Landes. Als „Fernsehereignis der 70er Jahre“ bejubelten Medien gleich ihren ersten TV-Auftritt. Da hatte die 26-jährige frisch gewählte Vorsitzende des „Høyre“-Jugendverbands den eigenen Parteivorsitzenden wort- und kenntnisreich regelrecht an die Wand gespielt.
Schnell wurde sie mit ihrer direkten, offenen Art und ihrer auffallenden Erscheinung – besonderes Kennzeichen: eine Spange im blonden Haar – zur populären Hoffnungsträgerin. Eine Blume wurde nach ihr benannt, und eine Rockgruppe kam mit dem Lied „Ich träume von einer Nacht mit Kaci Kullmann Five“ in die Charts.
Steil ging es bergauf: Parlamentsabgeordnete, Mitglied im Parteivorstand, Handelsministerin und 1991 als erste Frau Vorsitzende ihrer konservativen Partei. Doch noch schneller ging es wieder bergab. Der „Kaci-Effekt“, auf den die „Høyre“ so gebaut hatte, erwies sich als trügerisch. Nach einer empfindlichen Niederlage bei den Parlamentswahlen 1993 gegen Norwegens „Landesmutter“ Gro Harlem Brundtland schmiss sie erst den Parteivorsitz wieder hin und verzichtete später auch auf eine Wiederwahl ins Parlament.
Wirtschaft hat Vorrang
Die Politologin wandte sich dem Geschäftsleben zu. Ähnlich wie ihr Ehemann, der einen Wirtschaftsnachrichtendienst herausgibt und mit dem sie zwei Kinder hat. Bei Konflikten zwischen Profitinteressen der Wirtschaft und Menschenrechten zeigte sie sich wenig zimperlich.
Sie war dagegen, als Norwegen dem südafrikanischen Apartheidregime den Ölhahn zudrehen wollte: Das schade der Konkurrenzkraft der einheimischen Reeder, lautete ihre Erklärung. Und in ihren Jahren im Vorstand des Ölkonzerns Statoil warfen ihr Gewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen vor, damalige Korruptions- und Rassismusskandale in diesem Staatskonzern nicht wirklich aufklären, sondern lieber unter den Teppich kehren zu wollen.
2003 wählte „Høyre“ die Wirtschaftslobbyistin ins Friedensnobelpreiskomitee. Seit diesem Jahr führt sie darüber den Vorsitz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen