"Neue Mitte Altona" wackelt: Beteiligte wollen bremsen
Anwohner und Initiativen fordern ein Moratorium für die Planung zur Neuen Mitte Altona. Sie fühlen sich nicht ernst genommen. Die Stadt winkt ab.
Zwei Anwohner-Initiativen, ein Bürgerverein und ein Beteiligungsgremium fordern einen Planungsstopp für das Projekt "Neue Mitte Altona". Das Gelände an der Harkortstraße ist das zweitgrößte Entwicklungsgebiet in der Stadt nach der Hafencity.
"Auf dem Bahngelände wird die Zukunft der Stadt geplant, die Beteiligung wird dabei aber als Formalismus abgetan", sagt Christoph Twickel von der Initiative Lux und Konsorten, die die Idee zum Planungsstopp angeschoben hat. Neben der Initiative Altopia haben sich auch das Koordinationsgremium zur Mitte Altona und der Verein Lebendiges Altona dem Vorschlag für ein Planungs-Moratorium angeschlossen.
Die Aufgabe des im Dezember auf dem Bürgerforum gewählten Koordinierungsgremiums ist es, den Planungsprozess zur Mitte Altona kritisch zu begleiten und Verfahrensempfehlungen auszusprechen. Es soll als Schnittstelle zwischen den BürgerInnen, Initiativen, Politik und Verwaltung dienen.
Das 75 Hektar große Areal zwischen dem Altonaer Bahnhof und Diebsteich soll in zwei Bauabschnitten entwickelt werden.
In der ersten Phase will die Stadt bereits ab 2012 1.500 Wohnungen und nach Verlegung der Bahn dann im zweiten Schritt 1.900 Wohnungen bauen lassen.
Wegen der fehlenden Zusage der Bahn befürchtet der Bezirk, dass sich das Bauvorhaben verspäten und verteuern könnte.
Die Stadtentwicklungsbehörde will, dass die Lärmbelastung durch den Wohnungsbau abgefangen wissen.
Die Initiatoren sehen Handlungsdruck: "Wir steuern auf einen Punkt zu, wo man keine Änderungen mehr vornehmen kann", sagt Hans-Jörg Hofmann vom Beteiligungsgremium. Kritisiert wird unter anderem der geplante Mix, aus jeweils einem Drittel Eigentums-, frei finanzierten und geförderten Wohnungen. "Vorsichtig gesagt halten wir den für sozial unausgewogen", sagt Twickel.
Zurzeit ist noch unklar, ob die Bahn den Fernbahnhof nach Diebsteich verlegt - mit diesem Szenario wird bisher geplant. "Auf dieser Grundlage kann man den Masterplan gar nicht beschließen, da der ja von dem gesamten Areal ausgeht", sagt Hofmann. Sollte die Bahn von der Verlegung abrücken, müsse ein teurer Lärmschutzwall errichtet werden.
Zu ihren Plänen will sich die Bahn bis heute nicht konkret äußern. "Das Vorhaben ist komplex, eine belastbare Planung erfordert eine hinreichende Wirtschaftlichkeit", sagt Bahn-Sprecher Egbert Meyer-Lovis. Deshalb könne das Unternehmen sich nicht zum Zeitpunkt der Verlagerung äußern.
Oberbaudirektor Jörn Walter hält einen Planungsstopp für nicht vertretbar und verweist auf den dringenden Wohnraumbedarf. "Dass wir die Bürgerbeteiligung sehr ernst nehmen, zeigt der Katalog der gesammelten Bürgerforderungen aus dem Beteiligungsprozess, aus dem viele Punkte bereits in den Masterplan übernommen wurden."
Das sehen viele Beteiligte anders. Immer wieder wurde kritisiert, dass das Verfahren lediglich der Information, nicht aber der Mitbestimmung diene. Bei der Dokumentation der Bürgerforderungen habe die Stadtentwicklungsbehörde viele Forderungen vernachlässigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“