Tennis-Star Novak Đoković: Neue Liebe zu Hellas
Novak Đoković lebt jetzt in Griechenland. Laxe Steuern und enge Beziehungen zum Premier dürften eine Rolle spielen, aber auch die Proteste in Serbien.
Er kann schon etwas Griechisch. „Καλησπέρα Ελλάδα, σ' αγαπώ.“ „Guten Abend, Griechenland. Ich liebe dich“, sagte Novak Đoković mit einem breiten Lächeln in der Athener Olympiahalle. Nachdem er flugs auf Englisch einräumte, dass er noch an seinem Griechisch arbeite, fügte er hinzu: „Athen ist in meinem Herzen. Daran gibt es keinen Zweifel“.
Unstrittig ist ebenso, dass der inzwischen 38-jährige Serbe, mit 428 Wochen unangefochten Rekord-Weltranglistenerster und aktuell auf Rang 4 der weltbesten Tennisspieler, zu Füßen der Akropolis aufblüht, als stünde er zu Beginn seiner eindrucksvollen Karriere.
Am Samstag holte er sich seinen 101. Karrieretitel bei den Hellenic Championships in Athen. Im Finale gab er alles, um den Italiener Lorenzo Musetti in einem packenden dreistündigen Match niederzuringen. Mit seinem 72. Tour-Titel auf Hartplatz zog Đoković mit dem Schweizer Roger Federer gleich. Für Đoković war das Turnier in Athen buchstäblich ein Heimspiel. Erst im September ist er mit Kind und Kegel nach Athen umgezogen. Đoković nahm sogar das Turnier mit, das seine Familie zuvor jahrelang in Belgrad ausgerichtet hatte. Erst im August meldete die ATP den Ortswechsel des 250er-Events.
Novak Đoković
Auf die Frage, weshalb er seinen Lebensmittelpunkt fortan in Athen habe, sagte der Ausnahmeathlet CNN Greece: „Es gibt viele historische, religiöse, kulturelle und soziale Bindungen zwischen Griechenland und Serbien. Griechen und Serben sind wie Brüder.“ „Natürlich“ sei auch das Wetter und das Essen unglaublich, so Đoković. Er liebe zudem den hiesigen Lebensstil. „Wir als Familie werden sehen, wie das Leben hier ist. Bis jetzt ist die Erfahrung sehr positiv.“
Situation in Heimat gedreht
Das dürfte allerdings nicht alles sein. Für Sportikone Đoković hat sich die Situation in seiner Heimat Serbien gedreht. Durch Serbien rollt eine Welle von Protesten, seitdem am 1. November 2024 bei einem Dacheinsturz im Bahnhof in Novi Sad 16 Menschen ihr Leben verloren.
Đoković solidarisierte sich bei den Australian Open im Januar offen mit den Protestierenden. Seine unverhohlene Positionierung habe Serbiens allmächtigen Staatspräsidenten Aleksandar Vučić vergrätzt, heißt es dazu in Belgrad. Der frühere Vučić-Befürworter Đoković sei für den Machthaber zum roten Tuch geworden.
Griechenland als Steuerparadies
Dass Đokovićs neue Heimat unter Hellas’ konservativem Premier Kyriakos Mitsotakis zu einem Steuerparadies für reiche Ausländer avanciert ist, dürfte dem Serben zudem die Entscheidung erleichtert haben, seine Zelte in Athen aufzuschlagen. Wer als Ausländer nach Griechenland zieht und binnen drei Jahren mindestens 500.000 Euro in Immobilien, Unternehmensbeteiligungen oder Staatsanleihen investiert, zahlt auf sein weltweites Einkommen pauschal 100.000 Euro jährlich – unabhängig von der wirklichen Einkommenshöhe. Das ist ein nicht nur in der EU für Einkommensmultimillionäre wie Đoković äußerst attraktives Steuermodell. Die Steuerprivilegien gelten für 15 Jahre.
Premier Mitsotakis suchte früh den Kontakt mit Novak Đoković. Sie aßen schon in Nobelrestaurants in Athen miteinander, tauschten sich aus. Für beide ist es eine Win-win-Situation: Einen guten Draht zu Mitsotakis zu haben, ist im real existierenden Hellas, wo Vitamin B fast alles ist, sehr hilfreich. Ein Anruf genügt. Mitsotakis ist obendrein der am besten mit den globalen Polit- und Wirtschaftseliten vernetzte griechische Politiker.
Win-win-Situation
Umgekehrt ist Đoković ein Aushängeschild für Mitsotakis. Egal, dass die Kaufkraft der Griechen inzwischen auf den vorletzten Platz in der EU eingebrochen ist, nur noch vor Bulgarien. Gibt es mit Đoković einen besseren Beweis dafür, dass das einstige Pleiteland Griechenland eine „Erfolgsstory“ unter Mitsotakis ist, wie dieser gerne propagiert?
Da passt es ins Bild, dass Mitsotakis’ Sohn Konstantinos mit Tennisprofi Maria Sakkari liiert ist. Ihre beste Platzierung war die Nr. 3 im März 2022, was sie zur höchstplatzierten griechischen Spielerin aller Zeiten machte.
Der bekennende Basketballfan Mitsotakis, der als Premier schon mit dem Regierungsflieger in die USA geflogen ist, um eine NBA-Partie der Boston Celtics hautnah zu verfolgen, hat nun Gefallen am Tennis gefunden. Den Đoković-Sieg am Samstag in Athen sah Mitsotakis live in der Athener Olympiahalle.
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