Neue Leitlinie zu Geburten: Selbstbestimmt gebären
Wenn die neue Leitlinie zu Geburten umgesetzt wird, bedeutet das eine echte Stärkung von gebärenden Frauen. Und das ist überfällig.
D ie neue S3-Leitlinie ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einer Geburtshilfe, die ihrem Namen gerecht wird und der Gesundheit von Kindern und Müttern dient. Denn „gesund“ meint mehr, als eine Geburt zu überleben. Medizinische Interventionen in den Geburtsablauf wie Einleitungen, PDA, Kaiserschnitt und Saugglocke sind großartig im Einzelfall – aber routinemäßig angewendet überwiegt der Schaden den Nutzen. Zu vermeidbaren Langzeitschäden zählen auch psychische Beeinträchtigungen aufgrund von Geburten, bei denen sich die Gebärende als fremdbestimmt empfindet, im schlimmsten Fall sogar als Opfer verbaler oder körperlicher Gewalt.
Die neue Leitlinie greift – wenn sie umgesetzt wird, – an vielen Stellen in eingespielte Kreißsaal-Abläufe ein, die solche Geburtsverläufe begünstigen. Ein Beispiel ist der Verzicht auf permanente Überwachung durch den Herzton-Wehenschreiber CTG, der, anders als erfahrene Hebammen, nicht die Komplexität eines Geburtsgeschehens erfassen kann.
Zudem vermittelt der Einsatz des CTG, dass Geburten eine gefährliche Sache sind, die nur gelingen, wenn sie technisch überwacht werden. Dass Gebärende so wenig Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten entwickeln und als Folge etwa Schmerzen nicht als physiologisch sinnvoll, sondern unerträglich erleben, ist kein Wunder.
Die Basis hierfür wird in der Vorsorge gelegt. Erst ein von einer Expert*in bedientes Gerät – der Ultraschall – bestätigt die Schwangerschaft. So geht es weiter. Viele Tests und Eingriffe von außen suggerieren eine Sicherheit, die es nicht gibt. Denn das Kinderkriegen lässt sich trotz aller medizinischen Fortschritte nicht beherrschen. Das ist eine empörende Wahrheit, die nicht nur für Ärzt*innen und Hebammen schwer zu schlucken ist, sondern auch für werdende Eltern, die von den Profis erwarten, ihnen ein gesundes Kind zu organisieren.
Die neue Leitlinie sagt nun unter Berufung auf den aktuellen Forschungsstand, dass bei Geburten in der Regel weniger mehr ist. Und definiert die Ausnahmen.
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