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Neue Labour-Chef in GroßbritannienEd Miliband macht das Rennen

Der jüngere der beiden Miliband-Brüder ist in einer spannenden und knappen Entscheidung zum neuen Labour-Chef gewählt worden. Wichtig war die Distanz zu Blair und New Labour.

"In meinen wildesten Träumen nicht vorgestellt, einmal diese Partei zu führen": Ed Miliband. Bild: dpa

Es war spannend bis zum Schluss. Erst nach der vierten Auszählungsrunde stand der 40-jährige Ed Miliband am Samstagabend als neuer Labour-Chef fest. Nach den ersten drei Runden hatte noch sein fünf Jahre älterer Bruder David Miliband geführt. Doch die Stimmen der anderen drei Kandidaten Ed Balls, Andy Burnham und Diane Abbott, die nacheinander ausschieden, gingen mehrheitlich an Ed Miliband. Am Ende hatte er 1,3 Prozent Vorsprung.

Eine große Überraschung war das nicht. Zwar galt David Miliband lange Zeit als Favorit, doch im Laufe der langen Wahl begann sich seine Niederlage abzuzeichnen. Vorige Woche schwenkten auch die Buchmacher um und setzten auf Ed Miliband. Seit Anfang September hatten sich rund drei Millionen Labour-Abgeordnete, Parteimitglieder und Gewerkschafter an der Wahl beteiligt. Es waren die Gewerkschaftsmitglieder, die den Ausschlag gaben. Sowohl die Abgeordneten als auch die Parteimitglieder hatten David Miliband gewählt.

Neil Kinnock, der frühere Labour-Chef, macht Tony Blair und Peter Mandelson für David Milibands Niederlage verantwortlich. Der Expremierminister und sein engster Vertrauter hatten sich zwar nicht explizit für ihn ausgesprochen, aber jeder wusste, dass sie ihn favorisierten. Da beide in der Partei unbeliebt sind, war das der Todeskuss für David Miliband.

"Als ich mit 17 Jahren der Labour Party beigetreten bin, hätte ich mir in meinen wildesten Träumen nicht vorgestellt, einmal diese Partei zu führen", sagte Ed Miliband in einer kurzen Rede nach seinem Sieg. "Ich weiß, dass wir uns ändern müssen", fügte er hinzu. "Wir setzen uns für die Menschen ein, die hart arbeiten, sich an die Regeln halten und ein weniger gespaltenes, wohlhabenderes Großbritannien wollen. Wir haben viel Arbeit vor uns. Wir fangen heute damit an." Gordon Brown, der im Mai seinen Rücktritt als Parteichef ankündigte, sicherte Miliband Unterstützung zu.

Labour habe die Wahlen verloren, sagte Ed Miliband, weil die Wähler glaubten, dass die Labour-Partei ihre Besorgnis wegen Immigration und Irak ignorierte. "Ich verstehe das", sagte er. "Ich repräsentiere eine neue Generation in der Politik." Zu seinem Bruder, den er nach Bekanntgabe des Ergebnisses demonstrativ umarmte, sagte er: "David, ich liebe dich sehr als Bruder. Wir alle wissen, wie viel du diesem Land in Zukunft noch zu bieten hast."

In den Medien war die Wahl zwischen den beiden Brüdern als Kampf zwischen "Old Labour" und "New Labour" hochstilisiert worden. In Wirklichkeit liegen Ed und David Miliband politisch auf der gleichen Linie. Ob David einen Posten im Schattenkabinett seines kleinen Bruders übernehmen wird, ließ er bisher offen. Wichtigste Aufgabe für Ed Miliband ist es, die zerstrittene Partei zu vereinen. Darüber hinaus muss er eine kohärente Opposition gegen die rigorosen Sparpläne der Regierung aus Tories und Liberalen Demokraten entwickeln. Dafür bleibt nicht viel Zeit: Am 20. Oktober will die Regierung ihre Pläne konkretisieren. Die Labour Party erwartet gespannt Ed Milibands erste Rede als Chef auf dem Parteitag in Manchester, der gestern begann.

Premierminister David Cameron gratulierte Ed Miliband mit den Worten. "Ich war vier Jahre lang Oppositionsführer und weiß, was für ein anstrengender, aber wichtiger Job das ist."

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1 Kommentar

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  • V
    vic

    Spiegel online nannte den jüngeren Bruder gestern "radikal".

    Er ist also radikal, nur weil er möglicherweise die Belange der weniger Begüterten mehr als bisher vertreten möchte.

    Die Briten brechen den Rechtstrend - well done!