Neue Grünen-Chefin: Training der Orthografie
Niedersachsens Grüne wählen am Sonntag einen neue Parteichefin. Die Partei hätte dabei die Gelegenheit, sich von der Landtagsfraktion zu emanzipieren, falls nötig.
BREMEN taz | Vielleicht sollten die Niedersachsen-Grünen ein neues Auswahlverfahren einführen, ums spannend zu machen: Landesvorsitzende neben Jan Haude wird die Bewerberin, deren Name von den meisten Delegierten richtig zu Papier gebracht wird.
Dann nämlich stünden die Chancen bei der Landesdelegiertenkonferenz am Samstag in Hameln wirklich fast fifty-fifty zwischen der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz (Doppel-s und -cz) aus Leer und der politisch spätberufenen Sybille Mattfeldt-Kloth (-tt-, -dt, -th) aus Helmstedt. Die vermag zwar mitunter zu überraschen – so gibt die 60-Jährige, altersgruppenuntypisch, an, Fan der Rostocker Postpunk-Combo „Feine Sahne Fischfilet“ zu sein –, aber sonst präferiert sie eher leise Töne, also wenigstens war von ihr bisher selten was zu vernehmen.
Dabei ist die Juristin klerikal und sozial sehr engagiert – etwa als Vorsitzende der Kammer für Gleichstellungsfragen der Braunschweigischen Landeskirche, in der sie auch als Ansprechpartnerin für Opfer sexuellen Missbrauchs fungiert. Ihre Wahl wäre ein Signal der Unzufriedenheit mit der Landesregierung und eines der Angst, dass der mandatlose Haude allein die Unabhängigkeit der Partei von der Fraktion nicht garantiert.
Der gehört Janssen-Kucz an, genau wie schon die aus gesundheitlichen Gründen aus dem Landesvorstand ausgeschiedene Julia Willie-Hamburg. Janssen-Kucz hat ihr Profil zuletzt im beharrlichen Streit gegen den verhassten früheren Innenminister Uwe Schünemann (CDU) gepflegt. Es ist deutlich links-grün. Die Partei hat sie schon einst zusammen mit Hans-Albert Lennartz geführt, da war die sieben Jahre ältere Mattfeldt-Kloth noch nicht mal eingetreten. Und ihre erste Legislatur als Abgeordnete absolvierte sie unterm Vorsitz von Rebecca Harms.
Die Europakandidatin eröffnet die Landesdelegiertenkonferenz in Hameln mit einer Rede. Danach Harms' Weggefährtin und die eigene, nur dank einer Stimme mitregierende Fraktion zu brüskieren, das kann selbst den Niedersachsen-Grünen nicht das richtige Signal zum Auftakt der heißen Wahlkampfphase scheinen. In diesem Sinne: Glückwunsch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen