Neue Fälle von Steuerhinterziehung: SPD fordert härteres Vorgehen
Sind Selbstanzeigen bei Steuerbetrügern sinnvoll? Sollten die Sünder nicht bestraft werden? Darüber diskutiert derzeit die große Koalition und ist sich ziemlich uneinig.
BERLIN afp/dpa/rtr | Nach dem Bekanntwerden zweier prominenter Fälle fordert die SPD on Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein härteres Vorgehen gegen Steuerbetrüger. Die Strafverfolgung müsse dringend intensiviert werden, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann dem Nachrichtenportal Spiegel Online. „Wir wollen zudem die strafbefreiende Selbstanzeige überprüfen und gegebenenfalls ändern.“
Er erwarte, dass die Bundesregierung das Thema Steuerhinterziehung auf allen internationalen Ebenen aktiv voranbringe, wie dies im schwarz-roten Koalitionsvertrag vereinbart sei. Der SPD-Politiker verlangte auch mehr Druck auf die Schweiz und einen automatischen Informationsaustausch mit dem Land.
Noch deutlicher positionierte sich der SPD-Finanzexperte Joachim Poß. „Die strafbefreiende Selbstanzeige für Steuersünder gehört vom Tisch, weil sie Steuerhinterziehung gegenüber anderen Straftaten privilegiert“, sagte Poß der Bild-Zeitung. Zuvor hatte sich bereits SPD-Chef Sigmar Gabriel für härtere Strafen ausgesprochen.
Der CDU-Finanzexperte Norbert Barthle hält die derzeitige Regelung hingegen für sinnvoll. „Wir brauchen die Selbstanzeige so lange es Steueroasen gibt. Nur so kommt der Staat an das ihm zustehende Steuergeld“, sagte er der Bild-Zeitung. Auch der Bund der Steuerzahler teilt diese Auffassung. „Es ist die einfachste und effektivste Form für den Staat, an hinterzogene Steuern heranzukommen“, sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hält die Straffreiheit nur bei „Bagatellsündern“ für sinnvoll. „Bei Steuerbetrug in großem Stil oder Wiederholungstaten kann man jedoch nicht einfach beide Augen zu drücken“, sagte sie der Bild-Zeitung.
Nach dem Fall um „Emma“-Herausgeberin Alice Schwarzer hatte am Montag auch der Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD) zugegeben, Steuern hinterzogen zu haben. Schmitz tritt von seinem Amt zurück. Berlins regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) muss jetzt die Nachfolge regeln. Union und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag eine Verschärfung der Selbstanzeige-Kriterien in Aussicht gestellt. Details stehen bisher nicht fest.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja