Neue Elektroschrott-Richtlinie der EU: Althandys direkt zum Händler
Die EU benennt ehrgeizige Ziele für die Sammlung alter Elektrogeräte. Händler werden stärker zur Rücknahme verpflichtet. Illegale Exporte werden erschwert.
BRÜSSEL taz | Für die Entsorgung von Elektroschrott gelten überall in der Europäischen Union ab 2014 strengere Regeln. So will es die überarbeitete Elektroschrott-Richtlinie, die das Europäische Parlament gestern verabschiedet hat.
Händler sind künftig verpflichtet, Geräte, die kleiner sind als 25 Zentimeter – etwa Handys, Computer, Energiesparlampen und Rasierapparate – zurückzunehmen. Geschäfte ab einer Verkaufsfläche von 400 Quadratmetern müssen diese Kleingeräte auch nehmen, wenn kein neues Produkt gekauft wird.
Die Rücknahme soll die Wiederverwertung der enthaltenen Rohstoffe erleichtern. Das Parlament hat ehrgeizige Quoten festgelegt, wie viel Altgeräte gesammelt werden sollen: 2016 sollen es bereits 45 Prozent der durchschnittlich in den zurückliegenden drei Jahren verkauften Neugeräte sein. Ab 2019 steigt diese Quote dann auf 65 Prozent.
Für die europäischen Verbraucher bleibt die Rückgabe ihrer alten Elektrogeräte auch mit der neuen Richtlinie kompliziert.
Zwar sind die Fachhändler in Zukunft grundsätzlich dazu verpflichtet, Handys oder Laptops zurückzunehmen, auch wenn die nicht bei ihnen gekauft wurden und der Kunde auch kein neues Gerät kaufen will. Allerdings gilt diese Regelung nur für Kleingeräte unter 25 Zentimetern.
Auch Kleinhändler sind von der Pflicht zur kostenlosen Rücknahme ausgenommen. Sie gilt nur für Elektronikgeschäfte, die eine Verkaufsfläche von über 400 Quadratmetern haben.
In Deutschland wird sich für die meisten Verbraucher auch mit dem neuen Recht kaum etwas ändern: Hier sind die meisten Geschäfte im Zuge einer Selbstverpflichtung dazu übergegangen, alle Elektrogeräte aus Kulanzgründen zurücknehmen. Das gilt auch für Kühlschränke und Waschmaschinen.
Die EU geht davon aus, dass EU-weit jedes Jahr ungefähr 20 Kilogramm Schrott pro Einwohner anfallen. Bislang galt ein Sammelziel von nur 4 Kilogramm pro Einwohner und Jahr. In Deutschland entspricht das rund 15 Prozent der verkauften Menge an Neugeräten. Diese Quote muss sich also bis Ende des Jahrzehnts vervierfachen.
"Jedes Jahr werden gigantische Mengen an Elektrogeräten verkauft und es werden immer mehr. Wir mussten dringend dafür sorgen, dass diese nicht mehr wild entsorgt werden", sagt Rebecca Harms von den Grünen im Europäischen Parlament. Die Grünen vermissen bessere Recycling- und Wiederverwertungs-Ziele in der Richtlinie. Bisher sollen je nach Art der Geräte bis zu 75 Prozent des Elektroschrotts recycelt werden. Die neue Richtlinie hebt dieses Ziel nur um knapp 5 Prozent an.
Immerhin erschwert die Richtlinie illegale Exporte von Altgeräten, die nicht mehr funktionieren, zum Beispiel in afrikanische Länder. Schätzungen des Parlaments gehen davon aus, dass derzeit bis zu 40 Prozent aller kaputten Geräte illegal exportiert werden. Das ist vor allem deshalb möglich, weil der Zoll dem Exporteur nachweisen muss, dass die Geräte nicht mehr funktionstüchtig sind.
Diese Beweislast wird umgekehrt: Der Exporteur muss nun zeigen, dass es sich bei seiner Ware nicht um Elektroschrott, sondern um gebrauchsfähige Geräte handelt. Langfristig soll so erreicht werden, dass der vermeintliche Schrott als Rohstoff genutzt wird.
1,6 Tonnen Silber pro Jahr
Laut einer Studie des Bundesumweltamtes exportiert Deutschland jährlich 1,6 Tonnen Silber, 300 Kilogramm Gold und 120 Kilogramm Palladium durch die meist illegale Ausfuhr von Elektro- und Elektronikaltgeräten. Dies entspricht einem Wert von 15 Millionen Euro, sagt der zuständige Berichterstatter im Europäischen Parlament Karl-Heinz Florenz von der CDU.
Ob die neue Richtlinie tatsächlich für einen Rückgang bei der wilden Entsorgung von Elektroschrott sorgt, wird vor allem davon abhängen, ob die 27 EU-Mitgliedstaaten verlässliche Kontrollmechanismen einrichten. Bisher haben nämlich einige Länder, zum Beispiel Italien, Polen und Portugal, noch nicht einmal das Sammelziel von 4 Kilogramm pro Einwohner erreicht. Die Grünen fordern von der Europäischen Kommission, dass sie in Zukunft die Mitgliedstaaten stärker überwacht und gegebenenfalls Vertragsverletzungsverfahren einleitet, falls die Länder nicht für eine strenge Kontrolle sorgen.
Bevor die Richtlinie in Kraft treten kann, müssen die zuständigen Minister der Mitgliedstaaten noch zustimmen. Dies gilt allerdings als sicher, da sich die Abgeordneten bereits im Dezember vergangenen Jahres mit den Mitgliedstaaten auf den Richtlinienentwurf geeinigt hatten. Bis 2014 muss die Richtlinie dann ins deutsche Recht übertragen werden.
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