piwik no script img

Neue Berlinale-Intendantin Tricia Tuttle1970, Baby!

Tricia Tuttle wird die neue Intendantin der Berlinale. Das klingt nach einer guten Lösung. Zuvor leitete sie das BFI London Film Festival.

Tricia Tuttle steht vor ihrer Vorstellung als neue Leiterin der Berlinale im Gropius Bau Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Hatte man bei der Berlinale zuletzt die Scherze ihres langjährigen Direktors Dieter Kosslicks vermisst? Das kann man eigentlich nicht sagen. Andererseits war die aktuelle Leitung des Filmfestivals, die Geschäftsführerin Mariëtte Rissenbeek und der künstlerische Leiter Carlo Chatrian, bei öffentlichen Auftritten stets etwas blass erschienen.

Dieser Missstand dürfte bald behoben sein, denn im April 2024 übernimmt die aus den USA stammende Tricia Tuttle die Geschicke der Internationalen Filmfestspiele Berlin. Als Kulturstaatsministerin Claudia Roth am Dienstagmittag im Berliner Martin-Gropius-Bau die Personalie verkündete, zeigte sich Tuttle, die zuletzt Direktorin des BFI London Film Festival war, rhetorisch sicher und selbstbewusst – und ließ Witz durchblicken. Dazu später mehr.

Überschattet von der Pandemie

Mit Tricia Tuttle gibt es jetzt eine „Intendanz“, die an das Ein-Personen-Modell anknüpft, das für die Berlinale bis 2019 typisch war. Die Doppelspitze mit Rissenbeek und Chatrian war dabei seinerzeit als Aufbruch in bessere Zeiten verstanden worden. Durch das Trennen von geschäftlichen und kuratorischen Aufgaben versprach man sich ein klareres künstlerisches Profil.

Die vier Ausgaben des Festivals unter ihrer Leitung waren teils überschattet von der Pandemie, mit merklich weniger Filmen als zuvor. Chatrian nahm kuratorisch leichte Veränderungen bei den Sektionen vor. Insbesondere die neu hinzugekommenen „Encounters“ schufen mehr Raum für abenteuerliche Filme.

Für Roth die „absolut richtige Wahl“

Als Roth Ende August ankündigte, dass die Berlinale künftig von einer Person geleitet werde, gab Chatrian kurz darauf bekannt, dass er die Leitung unter den neuen Strukturen nicht fortsetzen werde. Es kam international zu Protesten. Besonders viel Aufmerksamkeit erhielt ein offener Brief, den unter anderem der Regisseur Martin Scorsese unterzeichnete und in dem Roth ein „unmoralischer Umgang“ mit Chatrian vorgeworfen wurde. Für die Suche nach einer neuen Leitung erschien das wenig hilfreich.

Doch Tricia Tuttle ist laut Roth die „absolut richtige Wahl“. Sie könnte damit recht haben. Tuttle hat 25 Jahre Erfahrung im Film- und Festivalgeschäft, kennt sich mit Publikumsfestivals aus, betreute das Programm eines LGBTQI+-Festivals in London und will dem Kino neue Zuschauer zuführen. Was den Humor betrifft: Auf die Frage einer Journalistin, wie alt sie sei, antwortete sie schlagfertig mit „1970, Baby.“

Berlin will sich stärker beteiligen

Bei aller Euphorie kommen schwierige Aufgaben auf Tuttle zu. Im Juli hatte das Festival gemeldet, wie es auf die ihm auferlegten Sparmaßnahmen reagieren werde. Alle Sektionen müssen die Zahl ihrer Filme reduzieren, die Sektionen „Per­spektive Deutsches Kino“ und „Berlinale Series“ werden aufgelöst.

Immerhin bekundete Roth die Absicht, die Berlinale 2024 vom Bund mit 12,6 Millionen Euro zu fördern. Auch das Land Berlin, das die Berlinale bisher fast komplett dem Bund überlassen hatte, will sich stärker beteiligen. Wo der Bundeshaushalt gerade mit einem Milliardenloch versehen wurde, ist das nur recht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Die Amtszeit von Frau Roth ist bisher geprägt von Fehlentscheidungen. Bleibt zu hoffen, dass die Entscheidung richtig für die Berlinale ist. Andernfalls kann man die Berlinale auch gerne einstellen.

  • Was ist das BFI London Film Festival ? Wofür steht das BFI liebe taz? Es wird im Artikel nicht erklärt. Wohl eine Nachricht für Insider ;)