Netzwelt: Die digitale Dreifaltigkeit

Eine Studie untersucht die Internetpräsenz der Berliner Abgeordneten - und fördert Überraschendes zutage: Die Grünen, heißt es, hätten die beste digitale Infrastruktur.

Melden sich vielleicht bald auch noch bei Google+ an: Fraktionsvorsitzende der Berliner Grünen, Ramona Pop, und Kollege Daniel Wesener mit ihren Smartphones. Bild: dapd

Im Abgeordnetenhaus gelten die Piraten als die Onlineexperten vom Dienst. Doch eine aktuelle Studie, die sich mit der Internetpräsenz sämtlicher Berliner Abgeordneten befasst hat, fördert nun Überraschendes zutage: Von allen Parteien im Abgeordnetenhaus haben die Grünen die beste digitale Infrastruktur. 86 Prozent ihrer Abgeordneten betreiben persönliche Websites, 90 Prozent verfügen über einen Account bei Facebook, 45 Prozent twittern. Die Piraten teilen sich den zweiten Platz mit der SPD. Zwar pflegen ausnahmslos alle Piraten ein Konto bei dem Kurznachrichtendienst Twitter, verzichten aber aus Gründen des Datenschutzes eher auf einen Facebook-Account. Die unscheinbarste Onlineexistenz haben die Berliner Linken: Gerade mal 11 Prozent ihrer Abgeordneten nutzen Twitter, knapp die Hälfte besitzt eine persönliche Website oder nutzt Facebook.

Es ist diese digitale Dreifaltigkeit bestehend aus Twitter, Facebook und eigener Website, mit der die digitale Infrastruktur der Abgeordneten steht oder fällt: Das ist die Grundannahme der Studie „Abgeordnete Digital“. Angefertigt wurde sie vom Verein Politika Berlin, der sich mit der politischen Teilhabe durch den Einsatz von Onlinemedien beschäftigt. Problematisch dabei ist, dass das bloße Vorhandensein eines Kontos bei Facebook oder Twitter kaum etwas über die Netzkompetenz des Account-Inhabers aussagt. Nur weil jemand dort angemeldet ist, bedeutet es nicht zwingend, dass er oder sie die Social-Media-Dienste auch regelmäßig nutzt. Es heißt zunächst einmal, dass der- oder diejenige es geschafft hat, sich einen Account einzurichten. Wie dieser dann bespielt wird, ist eine ganz andere Frage.

„Es ging uns in der Studie auch um die Qualität der Nutzung“, sagt jedoch Malte Mau von Politika Berlin, der die Studie zusammen mit einer Kollegin durchgeführt hat. Qualität bedeutet für die Forscher: Aktualität. Sie untersuchten also auch, wie häufig die Abgeordneten ihre Einträge auf den diversen Plattformen aktualisieren. Und aktuell ist laut Studie, wer im Schnitt einmal die Woche neue Einträge veröffentlicht. „Da liegen die Piraten ganz weit vorne“, sagt Mau. Zudem erreicht ein Pirat im Schnitt eine fast zehnmal größere Community als seine Kollegen aus den traditionellen Parteien.

Im Hinblick auf Aktualität und Reichweite belegen die Grünen den zweiten Platz, gefolgt von SPD, CDU und den Linken. Vielfach sind die Websites der Abgeordneten von SPD, CDU, Grünen und den Linken nicht aktuell. Nur auf der Hälfte der untersuchten Seiten wurde im Monat vor der Analyse ein neuer Beitrag verfasst.

Politika Berlin schlussfolgert, dass die Piraten als einzige Partei im Abgeordnetenhaus über eine Onlinestrategie verfügen. Damit liegen die Forscher vermutlich genau richtig. Allein, ihre Studie gibt einen solchen Schluss nicht her, weil Aktualität als alleiniger Qualitätsmaßstab für die Onlinekommunikation der Abgeordneten nicht ausreicht. Die Analyse der Inhalte, die die Politiker über soziale Medien abhandeln, fehlt. „Das hätte den Umfang der Studie gesprengt“, sagt Mau.

Die meisten Follower

Dennoch wollte Politika Berlin nicht auf die Vergabe superlativer Titel wie „Erfolgreichster Social-Media-Nutzer“ verzichten. Bei den Grünen geht dieser Titel an Anja Schillhanek, weil sie die meisten Follower auf Twitter hat (889), und an Anja Kofbinger mit den meisten Facebook-Freunden (2.109). Kofbingers Reaktion auf dieses Zahlenspiel: „Ich? Machen die anderen noch weniger?“ Sie nutze Facebook, um aus der Welt des Parlaments rauszukommen, und als Gradmesser für die Stimmung der Menschen in ihrem Umfeld. „Mein politisches Verhalten werde ich darauf aber nicht abstimmen“, sagt Kofbinger.

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