Netzplanung ohne Naturschutz: Alle gegen Rösler
Der Wirtschaftsminister will weniger Naturschutz – um ungestört Stromtrassen zu bauen. Die Kritik daran folgt prompt: aus der Opposition, der CSU und vom Umweltministerium.
BERLIN taz/afp | Für seinen Vorstoß, Naturschutzrichtlinien zu Gunsten eines beschleunigten Netzausbaus aufzuweichen, erntet Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) laute Kritik. Rösler hatte gefordert, die Fauna-Flora-Habitat- und die Vogelschutz-Richtlinie zu umgehen, wenn sie den Bau neuer Stromtrassen verzögerten. Dafür kann der Wirtschaftsminister sich sogar vorstellen, „einen Teil der EU-Regeln auf Zeit außer Kraft“ zu setzen.
Die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Beate Jessel, erwiderte: „Bislang wurde noch kein Bau einer Stromtrasse durch eine geschützte Pflanze oder ein geschütztes Tier verhindert.“ Auch das Bundesumweltministerium (BMU) widersprach auf Anfrage der taz Röslers Forderung: „Eine gute Planung vorausgesetzt, weisen die europäischen Richtlinien eine ausreichende Flexibilität auf, um die Interessen von Netzausbau und Naturschutz ausgleichen zu können“, erklärte ein Sprecher.
Beim BMU verweist man zudem auf das 2011 verabschiedete Netzausbaubeschleunigungsgesetz. Das sieht vor, Anwohner stärker in die Planung neuer Stromtrassen einzubeziehen, um so langwierige Gerichtsverfahren zu vermeiden.
Bei der CSU stieß Rösler mit seinen Forderungen ebenfalls auf Unmut. „Wir brauchen beides: einerseits den Schutz von Heimat, Natur und Landschaft und andererseits die Energiewende“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Die Opposition wies Röslers Vorstoß einhellig zurück.
Özdemir: „Naturschutz als Bauernopfer“
„Immer wenn der FDP die Argumente ausgehen, muss der Naturschutz als Bauernopfer herhalten, da dieser angeblich dem Standort Deutschland schade“, empörte sich Grünen-Chef Cem Özdemir gegenüber Welt. SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber sprach von einer „hilflosen Reaktion“ Röslers.
Um den künftig regenerativ erzeugten Strom is Netz einspeisen zu können, ist laut Schätzungen der Deutschen Energieagentur bis 2020 ein Trassenausbau auf 3.600 Kilometer erforderlich. Bislang wurden rund 200 Kilometer fertiggestellt.
Leser*innenkommentare
werner thoma
Gast
@sailor
Es geht doch gar nicht darum, ob wir Stromtrassen brauchen oder nicht,
sondern wieviel und wo und wenn möglich, doch bitte umweltverträglich.
Sonst wäre das ganze wieder einmal so eine typische,
perfide mit Sachzwang bemäntelte, Umweltzerstörung im Namen des Fortschritts.
Die Bedenken bzgl. Umweltschutz den Grünen, oder anderen mitfühlenden Wesen
um die Ohren zu hauen, ist unredlich!
Mir sind solche Müslis hundertmal lieber, als (angeblich realistisch, kühl denkende) peinlich, populistische Minister Novizen, die alles dem Goldenen Kalb Wirtschaftswachstum bzw. hier @ FDP, der Wiederwahl zu opfern.
Werner Thoma
Gast
Post in der Süddeutschen:
Werner Thoma schreibt: Rösler, der peinlichste Minister aller Zeiten?
Herr Rösler ist an Peinlichkeit nicht zu toppen!
Die Vorstellung, der wäre 2008, am Höhepunkt der Finanzkrise, Wirtschaftminister gewesen, lässt einem erschaudern.
Wie kann sich die stärkste Wirtschaftmacht in Europa so einen „Hanswurst der Nation“ leisten?
Es reicht ja schon, dass er die Energiewende ständig torpediert,
aber jetzt provoziert er auch noch, mit solch unausgegorenen, Umwelt-rambo-ösen Grobschlächtigkeiten, dass einem Umweltschützer der Kamm schwellen muss.
Vielleicht steckt ja eine ganz ausgebuffte Taktik von Mutti Merkel dahinter:
Je schlechter ihre Mitarbeiter sind, desto weniger fällt es auf, dass
sie u.a. in der Energiewende zaudernd, unentschlossen und kraftlos agiert!
In jedem Fall eine katastrophale Politik einer dilettantischen Chaoten und Streithansel Regierung!
Was wir dringend brauchen, ist eine kraftvolle, zupackende und entschlossen handelnde Reform Regierung, die die Energiewende als große, historische Chance erkennt, Tausende Jobs zu schaffen und Deutschland als dauerhaften Marktführer, in Sachen Erneuerbarer
Energien, bzw. Technologien zu installieren!
Mit sonnigen Grüßen
Ihr Werner Thoma
rauhfuß
Gast
Der Netzausbau in der momentanen Form dient doch nur dazu, den vier großen Steinzeitkonzernen den investitionsintensiven Offshorewindstrom nach Süden zu leiten.
Dadurch soll ihr Monopol zementiert und die Konkurrenz durch lokale Kleinversorger abgewürgt werden.
Oder glaubt hier irgendwer, dass es Rösler wirklich um die Energiewende geht?
vic
Gast
Wenn für die Energiewende Stromtrassen benötigt werden, dann müssen die durchgesetzt werden. Logisch, dass immer jemnd protestiert, das hat der Deutsche in sich. Auch NIMB-Syndrom genannt/Not In My Backyard ( Nicht in meinem Hinterhof)
Trotzdem mag ich IHN nicht.
sailor
Gast
Wie, alle wollen die Energiewende, aber keiner will Stromtrassen? Ja, wie soll denn der Strom dann von A nach B bzw. von Kiel oder Lübeck nach München, Augsburg, Stuttgart usw. kommen? Per Luftbestäubung?
Dass wir diese Trassen nicht bräuchten, ist eine Lüge der Öko-Lobby. Privater Stromverbrauch mag lokal zu bewerkstelligen sein. Die Industrie lässt sich so nicht ausreichend sicher versorgen.
Sollen SPD, Grüne und Co. ruhig so weitermachen. Dann fahren wir in spätestens vier Jahren wieder die AKWs an. Weil es dann schlicht nicht mehr anders geht, es sei denn, es geht mit dem Netzausbau endlich vorwärts.
Wer es nicht glaubt, sollte sich einfach mal ein Physikhandbuch zu Gemüte führen oder sich ein wenig mit Elektrotechnik und Co. beschäftigen. Merke: Die Naturgesetze gelten auch für die Energiewende. Daran kommen auch die Grünen nicht vorbei.
hans klaas
Gast
Rösler, Brüderle und Co. beerdigen seit Februar (sehr erfolgreich)die Photovoltaik in Deutschland- zu Gunsten der Großen Vier. Das Ganze mit gezielter und allen Regeln der Kunst entsprechender Falsch- und Desinformation im deutschen Blätterwald und Medinzirkus. Im übrigen auch kaum ein Wort darüber in diesem Blatt.
D.J.
Gast
P.S.: Ich fordere völligere Liberalisierung des Strommarktes. Ich fordere, billigen Strom aus Frankreich für meinen Haushalt kaufen zu können und damit einen Beitrag zum Schutz der Natur leisten zu können.
D.J.
Gast
Japan hat angekündigt, AKWs wieder ans Netz zu nehmen. Vernünftige Konsequenz aus 0,0 Toten des Reaktorunfalls von Fukushima. Aber am deutschen hysterischen Wesen soll mal wieder die Welt genesen - und wenn es auf Kosten der Umwelt ist. Was für ein infantiles Volk mit infantilen Politikern quer durch alle Parteien.
Halunke
Gast
Wer ist Rösler???
Konrad
Gast
Bin auch selbst davon betroffen. Bei uns waren es aber die Grünen die meinten das ich mich nicht so anstellen soll. Hier soll ein Windkraftanlage gebaut werden, 100m von meinem Grundstück entfernt, es dafür brauchen die aber meine Einstimmung, welche ich denen natürlich nicht gegeben habe. Und was der Vietnamese da jetzt sagt grenzt schon an Enteignung! Ich wurde schonmal enteigent, damals warens die Sozialisten in der DDR. Nochmal wird das nicht passieren!!!
Stimme der Demokratie
Gast
Ich liebe Deutschland. Die Idee der erzeugerlosen Energie, die nicht transportiert werden muss, konnte nur hier entstehen.
KlausK
Gast
Der Herr Rösler muss in panischer Eile Fakten schaffen.
Es muss jedenfalls schneller gehen als das Einschalten der Leuchte in Frau Merkels Kopf.
Dieser Ministerdarsteller schafft es womöglich noch, dass den vier Stromriesen die dämlichen, weil überwiegend unnötigen Trassen genehmigt werden.
Und die Suppe wird dann in der Nach-Rösler-Zeit ausgelöffelt, wenn der seinen Kindern am Kamin von seinen Taten aus der schwarz-gelben Ära erzählt
Herr, schmeiß Hirn vom Himmel!