Neonazis pachten Hotel: Brauner Spuk

Neonazis sind in ein Hotel bei Celle in Niedersachsen gezogen, um es für "national denkende Menschen" zu öffnen. Angeblich rechtlich korrekt. Bei Auseinandersetzungen mit Gegnern fielen Schüsse.

Die Bewohner der 7000-Seelen-Gemeinde Faßberg befürchten Ausschreitungen zwischen Rechts- und Linksextremen. Bild: dpa

FASSBERG taz | Von der Straße führt ein kurzer Weg durch ein parkähnliches Grundstück zu dem Hotel. Leicht heruntergekommen wirkt das weiße Fachwerkhaus mit Anbau. Unter den roten Dächern konnten hier im "Landhaus Gerhus" früher an die 80 Personen nächtigen. Bis vor einer Wochen stand das Hotel im niedersächsischen Faßberg leer. Nun haben Neonazis das Anwesen bezogen, das der NPD-Bundevize Jürgen Rieger gepachtet haben will. Auf dem Grundstück fielen bereits erste Schüsse.

Am vergangenen Wochenende soll es auf dem etwa 8.000 Quadratmeter großen Gelände im Landkreis Celle schon zu Aussendersetzungen mit den anwesenden Rechtsextremen und Linken gekommen sein. Ein Polizeisprecher erklärte am Freitag, das am frühen Sonntagmorgen mehrere vermummte Personen auf das Grundstück eingedrungen seien.

Sie fotografierten einen Neonazi aus Faßberg, der vor der Tür des Hotels stand. Der 18-Jährige alarmierte seine Kameraden im Haus, die versuchten die Vermummten zu stellen. "Zwei Schüsse aus einer Waffen sind gefallen" sagt der Polizeisprecher. Der Faßberger Neonazi soll von hinten geschlagen und verletzt worden sein.

"Wir gehen davon aus, das die Eindringlinge aus der linken Szene stammen", betont der Sprecher. Wer aber die Waffe einsetzte, und was für eine es war, konnte oder wollte die Polizei auf Pressenachfragen nicht sagen. Patronenhülsen sollen bisher noch nicht gefunden worden sein.

Seit diesem Freitag fährt die Polizei jetzt regelmäßig Streife an dem Hotel gut drei Kilometer von der Garnisonsstadt entfernt. "Die Bewohner, die in unmittelbarer Nähe des Landgasthofs wohnen, haben ein mulmiges Gefühl", sagte Bürgermeister Hans-Werner Schlitte (parteilos) gegenüber der Deutschen Presseagentur dpa. Und er hofft, dass "der braune Spuk schnell vorbei ist".

Einer schnellen Zwangsräumung des Hotels widersprach aber die Staatsanwaltschaft Lüneburg in dieser Woche. Der Grund: Rechtlich ist unklar inwieweit überhaupt von einer illegalen Besetzungen ausgegangen werden kann. Denn Rieger will mit der Eigentümerin einen Pachtvertrag vereinbart haben. Auffallend allerdings: Der Vertag trägt als Datum genau den Tag bevor Gläubiger der Hotelbesitzerin vor Gericht die Einsetzung eines Zwangsverwalters für die Immobilie erwirkten.

Sich ganz im Recht fühlend, teilte Rieger letztes Wochenende dem Zwangsverwalter mit: Die Schlösser des Hotels geöffnet zu haben. Der Einzug der Gesinnungsfreunde folgte. Schon vor einem Jahr versuchte Rieger die Immobilie zu erwerben, um das Grundstück für "national denkende Menschen" zu nutzen.

Die Gemeinde hatte aber Gerüchte um sein Interesse ernst genommen und sich ein Vorverkaufsrecht gesichert. "Wir fanden einen Investor, der für 750.000 Euro das Hotel erworben hätte, um eine Pflegeheim zu eröffnen", sagt Schlitte der taz. Die Eigentümerfamilie hätte aber abgelehnt, weil Rieger angeblich 1,3 Millionen zahlen würde.

Der Celler Landrat Klaus Wiswe erklärte schon gegenüber der Presse: "Wir zahlen wegen Rieger nicht drauf". Der Zwangsverwalter strebt derweil eine einstweilige Verfügung zur Räumung an. Ergebnis offen.

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