Neonaziprozess in Österreich: Haft für Holocaustleugner
Ein Wiener Schwurgericht verurteilt den 67-jährigen Gerd Honsik wegen Wiederbetätigung. Er hatte im spanischen Exil rechtsradikale Schriften veröffentlicht.
WIEN taz | Der österreichische Neonazi Gerd Honsik ist Montagabend von einem Schwurgericht in Wien wegen Wiederbetätigung zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Honsik hatte sich vor fast 20 Jahren nach Spanien abgesetzt, um einer Haftstrafe wegen des gleichen Delikts zu entgehen. Erst im August 2007 hatte ihn die spanische Justiz auf einen internationalen Haftbefehl hin ausgeliefert. Im neuen Verfahren ging es um Schriften, die der 67-Jährige in Spanien veröffentlicht hat.
Honsik wusste seinem Fanklub im Gerichtssaal etwas zu bieten. Er nahm mit zwei schweren Plastiktüten auf der Anklagebank Platz. Darin seien Beweise, dass die Gaskammern in den NS-Vernichtungslagern nie existiert hätten. Er versuchte auch die Einstufung der Waffen-SS als verbrecherische Organisation zu widerlegen und begann am letzten Prozesstag zu brüllen und mit den Fäusten auf den Tisch zu trommeln: "Ich will mich verteidigen dürfen. Ich habe nix zu verlieren. Ich habe statistisch noch neun Jahre Lebenserwartung."
Anträge der Verteidigung, Historiker als Zeugen zu laden, die die Thesen des Angeklagten stützen sollten, wurden vom vorsitzenden Richter abgelehnt. Brigitte Bailer-Galanda, die Direktorin des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands erklärte in den Ö1-Nachrichten, sie selbst sei schon von Neonazis als Kronzeugin zitiert worden. Sie habe nämlich geschrieben, dass die Gaskammern in Auschwitz zumindest teilweise rückgebaut worden seien. Denn nach der Befreiung waren sie abgerissen worden.
Das Urteil gegen Honsik ist noch nicht rechtskräftig, weil sowohl der Verteidiger als auch der Staatsanwalt Berufung eingelegt haben. Der 87-jährige Anwalt Herbert Schaller könnte sich selbst demnächst vor dem Richter sehen. Der greise Jurist versuchte seinen Mandanten mit der Behauptung zu unterstützen, die Existenz von Gaskammern sei "keine Tatsache, sondern nur herrschende Meinung". Die Staatsanwaltschaft will nach Vorlage der schriftlichen Protokolle über eine Anklage entscheiden.
Dass der Lieblingsanwalt der rechtsextremen Szene trotz eigener Wiederbetätigungsprozesse und Überschreitens der Altersgrenze überhaupt noch vor Gericht auftreten darf, ist ein Kuriosum. Laut Justizministerin Claudia Bandion-Ortner darf er nur noch aktiv werden, wenn er ein Mandat vor Ende 2007 angenommen hat.
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