Neonazi-Terrorzelle: Mutmaßlicher NSU-Helfer freigelassen
Der Haftbefehl gegen den mutmaßlichen Terrorhelfer Holger G. wurde aufgehoben. Die von ihm überbrachte Waffe soll bei den NSU-Taten keine Rolle gespielt haben.
FREIBURG taz | Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einen der engsten Helfer des NSU-Trios aus der Untersuchungshaft entlassen. Holger G. sei nicht nachzuweisen, dass er damals von der Mordserie wusste, so die Richter. Es bestehe deshalb „kein dringender Tatverdacht“ wegen Beihilfe zum Mord und wegen Unterstützung einer Terrorgruppe.
Das Terrortrio NSU tötete von 2000 bis 2007 neun türkisch- und griechischstämmige Männer und eine Polizistin. Die Gruppe lebte ab 1998 unter falschen Namen in Sachsen und bestand aus Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, die sich im November 2011 selbst töteten, sowie Beate Zschäpe, die in Haft auf die Anklage wartet.
Holger G. hat gestanden, dass er der Gruppe 2001 oder 2002 eine Pistole überbrachte. Außerdem habe er dem ähnlich aussehenden Böhnhardt 2004 einen Führerschein und zweimal (2001 und 2011) einen Reisepass verschafft. Für Zschäpe besorgte er eine Krankenkassenkarte. G. lebte zuletzt bei Hannover und saß seit November in U-Haft.
Der dritte Strafsenat des BGH sieht dringenden Tatverdacht nur für die Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. G. habe damit gerechnet, dass sich das 1998 untergetauchte Trio mit Überfällen Geld für den Lebensunterhalt verschafft. Ein Grund für die Aufrechterhaltung der U-Haft bis zum Prozess liege aber nicht vor. So bestehe keine Fluchtgefahr, weil G. in einer festen Beziehung lebt, Arbeit hatte und seine Taten gestand. Ihm drohe auch keine schwere Strafe, weil fast alle Unterstützungshandlungen verjährt sind.
Eine Beihilfe zur Mordserie kann der BGH nicht erkennen. Die überbrachte Schusswaffe wurde wohl nie eingesetzt. Sie habe zwar das Arsenal des Trios vergrößert, doch nach Erhalt der Waffe verzichtete die Gruppe aus ungeklärten Gründen bis 2004 auf weitere Anschläge. Auch psychische Beihilfe habe G. mit Übergabe der Waffe nicht geleistet, da er sich nach eigenen unwiderlegbaren Angaben bei der Übergabe der Pistole von bewaffneten Aktionen distanzierte.
Beim zweiten Vorwurf, „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“, sah der BGH nur einfachen Tatverdacht. So wusste G. zwar, dass das Trio beim Untertauchen 1998 über „bewaffneten Kampf“ nachdachte. Nachdem er aber nie von entsprechenden Aktionen hörte, habe er davon ausgehen dürfen, dass die Gruppe keine Anschläge auf Menschen verübt. Das NSU-Trio hatte sich nie öffentlich zu seinen Taten bekannt.
Der für den Staatsschutz zuständige 3. BGH-Strafsenat legt auch bei Verfahren gegen islamistische Terroristen oder ehemalige RAF-Mitglieder strenge rechtsstaatliche Standards an.
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