Negativzins auf hohe Guthaben: Commerzbank erhebt Parkgebühr
Strafzinsen sind für deutsche Banken kein Tabu mehr. Firmen, die zuviel Geld bei der Commerzbank parken, werden wohl bald zur Kasse gebeten.
FRANKFURT/MAIN dpa | Als erste deutsche Großbank führt die Commerzbank Strafzinsen für einige Kunden ein. „Bei einzelnen großen Firmenkunden mit hohen Guthaben sowie bei Großkonzernen und institutionellen Anlegern behalten wir uns vor, für hohe, aus überschüssiger Liquidität bei uns geparkte Einlagen, eine Guthabengebühr zu berechnen“, erklärte ein Sprecher des teilverstaatlichten Frankfurter Instituts.
Damit würde sich Geld auf dem Konto nicht mehr vermehren, sondern weniger werden. Der Sprecher versicherte: „Für Privat-, Geschäfts- und mittelständische Firmenkunden sind grundsätzlich keine negativen Zinsen geplant.“
Die Commerzbank begründete den Schritt, über den zuerst das Wall Street Journal Deutschland berichtet hatte, mit den negativen Einlagenzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Notenbank verlangt von Finanzinstituten, die Geld bei ihr bunkern, derzeit 0,2 Prozent Zinsen – anstatt selbst einen Zins zu zahlen. Das soll Banken anhalten, überschüssiges Geld als Kredit an Unternehmen und Verbraucher zu geben und so die Konjunktur zu fördern.
Die genossenschaftliche Deutsche Skatbank aus Thüringen hatte kürzlich für Aufregung gesorgt, weil sie den Negativzins seit November an Kunden weitergibt – allerdings nur bei Gesamteinlagen von mehr als drei Millionen Euro.
Nun zieht die Commerzbank nach. Die genaue Höhe werde individuell mit betroffenen Kunden vereinbart, erklärte der Bank-Sprecher: „Bei der Erhebung der Guthabengebühren werden wir sorgsam vorgehen und besondere Rücksicht auf Liquiditätsbestände unserer Kunden nehmen, die für den laufenden operativen Geschäftsbetrieb notwendig sind.“ Voraussichtlich wird die Commerzbank ab Dezember die negativen EZB-Einlagezinsen an große Unternehmenskunden weiterreichen.
Negative Signalwirkung für Sparer
Bei der Vorlage der Quartalszahlen vor zwei Wochen hatten Commerzbank-Finanzvorstand Stephan Engels noch betont, Strafzinsen für ihre Kunden seien für die Commerzbank kein Thema: „Wir können uns nach wie vor negative Einlagezinsen für unsere Privat- und Firmenkunden nicht vorstellen.“
Strafzinsen sind äußerst umstritten – auch wegen ihrer negativen Signalwirkung für Sparer, die ohnehin schon kaum noch Zinsen für angelegtes Geld bekommen. Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon hatten Negativzinsen auf Spareinlagen bei den Sparkassen ausgeschlossen.
Aus dem Lager der Genossenschaftsbanken hatte BVR-Präsident Uwe Fröhlich als Sprecher der Deutschen Kreditwirtschaft klargestellt, Strafzinsen für private Sparer wolle die Branche trotz des hohen Drucks auf ihre Erträge vermeiden.
Deutschlands Privatbanken hatten angesichts historisch niedriger Zinsen Strafzinsen auf Kundeneinlagen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. „Jedes einzelne Institut muss sich mit dem Thema auseinandersetzen“, hatte der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, in seiner Funktion als Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) erklärt. Er sei aber sicher, dass alle Banken „sehr verantwortungsvoll“ mit dem Thema umgehen werden.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
BSW scheitert, Schwarz-Rot hat eine Mehrheit
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Bundestagswahl 2025
Mehr gewollt und links verloren
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat