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Dreisteste Werbelügen 2024Milka gewinnt „Goldenen Windbeutel“ für Shrinkflation

Erst teurer, dann weniger Inhalt gleich 48 Prozent Preiserhöhung bei Milka – für Foodwatch die dreisteste Werbelüge 2024. Wer schummelt noch?

Teurer und weniger drin: bessere Marge für Milka Foto: imago stock&people

Berlin afp | Die „Alpenmilch“-Schokolade von Milka ist in einer Online-Abstimmung der Verbraucherorganisation Foodwatch zur „dreistesten Werbelüge des Jahres“ gewählt worden. 34 Prozent der Teilnehmer stimmten dafür, den Schmähpreis „Goldener Windbeutel“ an den Hersteller Mondelez zu verleihen. Er hatte den Preis für die Tafel „Milka Alpenmilch“ von 1,49 Euro auf 1,99 Euro erhöht und kurz darauf den Inhalt von 100 auf 90 Gramm verringert.

Im Ergebnis war dies eine Preiserhöhung um 48 Prozent, wie Foodwatch betonte. „Die Milka-Tafel ist ein Paradebeispiel für Shrinkflation, und genau deshalb haben die Ver­brau­che­r:in­nen sie zur dreistesten Werbelüge des Jahres gewählt“, erklärte Rebekka Siegmann von Foodwatch. „Versteckte Preiserhöhungen sind eine immer beliebtere Masche der Lebensmittelindustrie.“

Mondelez hatte bei der Nominierung für den Schmähpreis erklärt, die Kakaopreise und die Kosten in der gesamten Lieferkette seien massiv gestiegen. Insgesamt sei das Geschäftsumfeld „komplexer und instabiler als je zuvor“. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, habe das Unternehmen „wohlüberlegte Maßnahmen“ ergreifen müssen. Das neue Gewicht der Tafeln werde auf der Verpackung angegeben, auch seien die Verbraucher in den Onlinenetzwerken informiert worden.

Foodwatch hingegen kritisierte, dass auf die Mengenveränderung nicht deutlich hingewiesen werde: „Auf der Vorderseite steht klein ‚90 g‘ – das sieht man im Supermarktregal dank der Kartonlaschen aber oft nicht.“ Nach Angaben des Statistischen Bundesamts seien die Schokoladenpreise zwischen Anfang 2024 und 2025 um rund 8 Prozent gestiegen – Mondelez aber habe die Preise in diesem Zeitraum um bis zu 64 Prozent erhöht, betonte Foodwatch.

Mehr Dreistigkeiten

Auf Platz zwei der Online-Abstimmung mit 21,1 Prozent der Stimmen landete ein norwegischer Räucherlachs des Unternehmens Fish Tales, der laut Foodwatch von einem Lachsproduzenten stammt, bei dem es zu Tierschutzverstößen gekommen sei. Zudem könne die Herkunft des Lachses nicht wie beworben bis zur einzelnen Aquafarm zurückverfolgt werden.

Auf Platz drei im Rennen um den Goldenen Windbeutel wurde der Schokoriegel „Menstru Chocbar“ des Unternehmens Innonature gewählt. „Mit Eisen, rotem Maca und Vitamin B6 soll er zum Wohlbefinden während der Menstruation beitragen, obwohl das für keinen der drei Inhaltsstoffe nachgewiesen ist“, kritisierte Foodwatch. 17,8 Prozent der Abstimmungsteilnehmer hielten dies für die dreisteste Werbelüge.

Auf den Plätzen vier und fünf folgten die Rama Margarine der Flora Food Group und der Eistee Dirtea Glow der Rapperin Shirin David. Bei der Margarine bemängelte Foodwatch, dass sie mit der Angabe „100 Prozent natürliche Zutaten“ beworben wurde, obwohl sie voller „Zusatzstoffe und industriell hergestellter Zutaten“ sei. Shirin David bewarb ihren Eistee mit einem sichtbaren Glow-Effekt für „schöne Haut und Nägel“.

Foodwatch vergab den Goldenen Windbeutel zum 14. Mal. Die Verbraucherorganisation engagiert sich seit langem gegen Etikettenschwindel und fordert verbesserte Kennzeichnungsregeln. Bei der Online-Abstimmung wurden in diesem Jahr mehr als 58.000 Stimmen abgegeben.

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4 Kommentare

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  • Danke Foodwatch, danke für die Nachricht!



    Eine gute Gelegenheit, mal wieder das eigene Kaufverhalten zu überprüfen.



    Nachdem die gleiche Firma bereits im vergangenen Jahr mit ihrem Produkt TUC Verbrauchertäuschung betrieben hat, werde ich mal den Gesamteinkauf bei dieser Firma überdenken.



    Danke an Wikipedia, das auch an dieser Stelle über Unterfirmen wie Jakobs, Toblerone etc. informiert.



    Schön fand ich den Verweis auf die Unterfirma Cadbury, die angesichts der Skandale vom englischen Königshaus das Siegel "Hoflieferant" entzogen bekam!

  • Rama-Drama und Shrinkflation.



    --



    Fast alle Anbieter von Margarine verwenden die vorherigen Verpackungen für jetzt 10 bis 20 Prozent weniger Inhalt. Wenn die insgesamt die selbe Tonnage verkaufen, haben sie dadurch den Verpackungsmüll (Kunststoffe) um 10 bis 20 Prozent erhöht. Grotesk ist das.

  • Hmm, der Konsument entscheidet doch selbst. Lesen bildet, zur Not geht auch Google. Persönlich habe ich für mich schon eine Blacklist erstellt und versuche diese Produkte zu meiden.

  • Was habt ihr gegen Windbeutel? Die sind genau das was sie versprechen - supergeil und ungesund.



    Der Verleihung ist ein Witz.



    Weil jetzt Zuckerknete (mehr ist sogenannte Vollmilchschokolade nicht) mehr kostet?



    Das kostet alles noch verdammt zu wenig immerhin geht es um eine der akzeptierten Volksdrogen die man sogar Kindern aushändigt.



    Man kann nicht im Karton lesen wieviel g es sind? Dann nimmt man es halt raus, schaut - wie gesunder Menschenverstand- auf den pro kg Preis oder liest dort auf den Preisschild die Grammzahl.



    Das ist keine Lüge nur weil einen das Denken nicht noch mehr abgenommen wird.



    Das mittlerweile gefälschte Bio-Siegel ok sind und ob die Haltungsformen so stimmen und das halten was sie den Kunden versprechen ist natürlich nicht so interessant.



    Wer den Dreck kauft (genau wie Eistee...) der wollte von Vornherein nicht gesund einkaufen. Da ist weniger mehr.



    Warum prüft man also das Junkfood statt dort wo Gesund und Nachhaltig tatsächlich Kaufbedingungen sein sollten?!