Negativpreis des Naturschutzbundes: Bauernpräsident ist gern ein Fossil
Für seine Blockade einer umweltfreundlicheren Agrarpolitik erhält Joachim Rukwied den Negativpreis „Dino des Jahres“. Und das freut ihn.
Als Auszeichnung ist dieser Preis eigentlich nicht gedacht: Den „Dinosaurier des Jahres“, eine 2,6 Kilo schwere Zinn-Riesenechse, verleiht der Naturschutzbund (Nabu) jedes Jahr an eine Persönlichkeit, die sich „in Sachen Umweltschutz als besonders antiquiert erwiesen hat“. Doch der diesjährige Preisträger, Bauernverbands-Präsident Joachim Rukwied, erklärte trotzig, er freue sich über den Preis.
Nabu-Präsident Olaf Tschimpke griff Rukwied am Donnerstag scharf an. Dieser stehe für eine „rücksichtslose Blockade einer umweltfreundlicheren Agrarpolitik“ und leugne Umweltprobleme wie das Artensterben, eine steigende Nitratbelastung und das Aussterben von Höfen. Damit verhindere er den Aufbau einer umwelt- und naturverträglicheren Landwirtschaft.
Schon einmal hat der Nabu einen Bauernpräsidenten mit dem „peinlichsten Umweltpreis“ bedacht: Rukwieds Vorgänger Gerhard Sonnleitner erhielt den Preis 2001. Und seitdem habe sich wenig verändert, erklärte Tschimpke. Im Gegenteil: „Der Zustand von Wiesen und Weiden hat sich dramatisch verschlechtert, die Bestände von Feldvögeln wie Kiebitz und Feldlerche befinden sich ungebremst im Fall.“
Dass die Landwirtschaft damit etwas zu tun hat, davon will Rukwied nichts wissen. „Dass wir die Hauptursache des Artensterbens sind, diesen wissenschaftlichen Beweis habe ich noch nicht erhalten“, sagte er im Juli in einem taz-Interview. Darin äußerte sich Rukwied auch zum Strukturwandel der Landwirtschaft. Dass seit 1960 rund 80 Prozent der Höfe aufgeben wurden, sei ein „akzeptabler Prozess“.
Mit Auszeichnung in guter Gesellschaft
Nabu-Präsident Tschimpke sieht das anders. Dass jährlich 9.000 Höfe verschwinden, sei ein großes Problem. Hauptverantwortlich dafür sei das aktuelle EU-Agrarsubventionssystem, das vor allem Großbetriebe fördere.
Bei der Verleihung des Preises am Donnerstag in Berlin kritisierte Tschimpke den Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes auch für dessen Gesprächsblockade. Dieser habe sich jeglichem Dialog mit dem Umweltverband verweigert. Eine gemeinsame Linie sei aber notwendig, um die Probleme anzugehen, so Tschimpke. Und appelliert auch an CDU/CSU und SPD, „Agrarpolitik ernst zu nehmen“ bei den Sondierungsgesprächen.
Olaf Tschimpke, Nabu
Rukwied, der auch Chef des Landesbauernverbandes Baden-Württemberg und Präsident des europäischen Agrarverbandes COPA ist, nahm den Negativpreis mit Humor. Er freue sich über den Preis weil dieser „von vielen Berufskollegen und Mitgliedern als Auszeichnung verstanden wird“, erklärte er.
Denn: „Der Nabu hat mit seinem alljährlichen Ritual bereits eine Reihe verdienter Persönlichkeiten ausgezeichnet.“ Tatsächlich befindet sich Rukwied jetzt in guter Gesellschaft: Im letzten Jahr ging der „Dino des Jahres“ an Bayer-Monsanto-Chef Werner Baumann, dessen umstrittenes Pflanzengift Glyphosat auch Rukwied für unverzichtbar hält.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren