Negative Strompreise: Kunden müssen trotzdem zahlen
Von den negativen Strompreisen an der Leipziger Börse hat der Verbraucher nichts. Er bekommt keinen Preisnachlass.
BERLIN taz | Der Strompreis an der Börse ist zeitweilig unter null gesunken - und der Verbraucher hat davon nichts. Denn er bezieht seinen Strom nicht von der Börse, sondern von den Vertriebsgesellschaften. Diese decken sich zwei bis drei Jahre im Voraus an der Börse mit Strom ein und verkaufen ihn dann weiter. "In den Tarifen sind die Schwankungen einbegriffen", sagte Klaus Schultebraucks, Sprecher der RWE Vertrieb AG, der taz. Und: "Schwankungen" bedeute nicht nur Preisverfall an Feiertagen, sondern auch Ausschläge nach oben.
Am 26. Dezember waren die Strompreise an der Leipziger Strombörse EEX auf ein historisches Tief gefallen. Wer seinen Bedarf für diesen Tag über die EEX deckte, bekam sogar noch Geld obendrauf. Denn im Tagesmittel lag der Preis am Spotmarkt bei minus 3,6 Cent je Kilowattstunde.
Ursachen waren einerseits die Windkraft, die in der Nacht zum 26. Dezember zeitweise bis zu 20.100 Megawatt ins Netz drückte, andererseits die Großkraftwerke, deren Leistung aufgrund ihrer mangelnden Flexibilität nicht entsprechend gedrosselt werden konnte.
Von dieser besonderen Situation haben ausschließlich diejenigen profitiert, die sich an und für diesen Tag ihren Strom an der Börse kauften. "Es wurde gehandelt", sagt Stefan Padberg, Sprecher der RWE-Tochter Supply and Trading. Wer die Käufer waren, konnte er nicht sagen. Möglich sei aber, dass zum Beispiel Aluminiumhütten, die ihren Strom direkt an der Börse einkaufen, auf den Preisverfall an diesem Tag gesetzt haben. Grundsätzlich erwartet Padberg für die nahe Zukunft auch durch den Ausbau der Windenergie stärker schwankende Strompreise an der Börse.
Noch einen Schritt weiter geht Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe. "Was heute noch die Ausnahme ist, wird zukünftig Alltag sein", sagt er mit Blick auf die noch seltenen Tage und Stunden mit negativen Strompreisen. Die Lösung für dieses Problem sieht er in einer veränderten Struktur der Stromerzeugung mit flexibleren Gaskraftwerken, neuen Speichertechnologien für Windstrom und einem verbesserten europäischen Stromnetz. Der geplante Neubau von Kohlekraftwerken und verlängerte Laufzeiten von Atomkraftwerken würden das Problem hingegen verschärfen.
RWE-Mann Schultebraucks verteidigt jedoch trotz des wachsenden Angebotes von Ökostrom aus Windparks den Neubau von Kohlekraftwerken. Sie seien nötig, um eine zu erwartende Lücke bei der Stromerzeugung zu schließen: Die Projekte würden sich rechnen, denn mittel- bis langfristig gehe RWE von einem steigendem Stromabsatz aus, sagt er.
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